1074 - Das Templerkreuz
wäre eine Flamme darüber hinweggefahren.« Sie lachte scharf auf. »Das ist kaum zu fassen, aber schaut es euch an.«
Wir gingen hin. Reste waren zu sehen. Schwarz und ineinandergerollt.
»Ja«, sagte Jane und nickte vor sich hin. »Da gibt es noch einen gewissen Carlos Fuentes, der sicherheitshalber das Weite gesucht hat. Oder glaubt ihr an einen Zufall?«
Der Meinung waren wir nicht. Wenn es jemand gab, der mehr über das Kreuz wußte, dann war das dieser Fuentes. Warum hatte er sich verzogen? Hatte er möglicherweise Bescheid gewußt, wie wir reagieren würden? Wenn ja, dann war die Einladung geschickt manipuliert worden, um uns auf eine gewisse Spur zu lenken.
»Du kanntest ihn vorher nicht - oder?« fragte ich Jane.
»Nein, ich habe ihn erst heute gesehen.«
»Und wie ist das mit dem Vortrag genau gewesen?«
»Es lag ein Brief im Kasten!« klärte Sarah mich auf. »Jetzt denke ich auch anders darüber. Möglicherweise hat man uns bewußt ausgesucht, weil man Bescheid wußte.«
Das alles konnte stimmen, aber wir benötigten Beweise. Es würde schwer sein, sie zu bekommen.
»Gehen wir einmal davon aus, daß es sich um ein Templerkreuz handelt oder zumindest gehandelt hat«, sagte ich. »Das scheint nun vorbei zu sein. Baphomet hat seine Krallen ausgestreckt, und in Anbetracht der ganzen Vorfälle kann ich einfach nicht mehr daran glauben, daß dieses Kreuz noch so reagiert, wie es einmal reagiert hat. Es ist verdorben worden. Baphomet mußt es in seine Gewalt gebracht haben. Es kann auch sein, daß er es manipuliert hat, denn wohl jeder von uns hat diese apokalyptischen Bilder gesehen, die sich plötzlich an der Wand abzeichneten. Da ist etwas passiert, verdammt.«
»Rede nicht, John, wir fragen Fuentes.«
»Falls wir ihn finden«, sagte Sarah.
Ich fuhr zu ihr herum. Sie hatte sich wieder gesetzt. Ihr Gesicht war blaß geworden, und auf der Haut verteilte sich ein leichter Schweißfilm.
»Ja, schau mich nicht so an. Falls wir ihn finden, John.«
»Du meinst, daß er nicht mehr hier ist?«
»Genau. Der hat sich verdrückt. Zurückgezogen. Der ist abgetaucht und läßt uns allein.«
»Was sollte das für einen Sinn ergeben?«
»Keine Ahnung. Vielleicht wollte er uns nur etwas Gutes tun. Oder dem Kreuz etwas Gutes tun. Er hat von uns gehört und uns auf die Spur gebracht. Zwar etwas von hinten herum, aber hätten wir ihm sonst geglaubt, wenn er uns gesagt hätte, die Dinge verhalten sich so und so?«
»Ich denke nicht.«
»Eben.«
Jane Collins war schon an der Tür. Ziemlich heftig zog sie sie auf, schaute in das Büro hinein, zuckte mit den Schultern und drehte sich wieder um. »Im Büro ist er nicht.«
Auch mich hielt es nicht mehr in dem Saal. Wir durchquerten das Büro und standen schließlich im Flur, in dem uns nur die Leere auffiel.
»Der ist tatsächlich abgetaucht«, sagte Jane und schüttelte den Kopf. »Raffiniert gemacht.«
»Sind die Flüge nach Mallorca eigentlich immer ausgebucht?« erkundigte ich mich.
»Beim Charter schon«, sagte Jane.
»Dann versuche ich es eben mit einer Linienmaschine. Auch wenn Fuentes verschwunden ist, er hat es geschafft, mich neugierig zu machen. Ich überlege mir auch, ob ich nicht in Alet-les-Bains anrufe und den Abbé warne.«
»Ruf lieber woanders an«, schlug Jane vor.
»Wo denn?«
»In Mallorca. Den genauen Ort kann ich dir nicht nennen. Ich weiß nur, daß dort jemand Urlaub macht, aber nicht in einem Hotel am Strand rumhängt und sich vollauf en läßt.«
Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. »Sheila und Bill.«
»Sehr richtig, John.«
Die Idee war super. Erreichen konnte ich die beiden sicher über Bills Handy. Und er würde sich verdammt freuen, wenn sein Urlaub einen spannenden Touch bekam…
***
Ich hatte nicht Bill erreicht, sondern Sheila. Und sie zeigte sich ziemlich unwirsch, wie von Vorahnungen geprägt, denn wenn ich anrief, dazu noch im Urlaub, konnte sich leicht die Sonne verdunkeln. »Wir sind überhaupt nicht da. Auch für einen John Sinclair nicht. Wir schreiben dir gern eine Ansichtskarte, das ist auch alles.«
»Ich wollte euch doch nur fragen, wie es so geht.«
»Ha, ha, ausgerechnet du! Seit wann rufst du uns an, wenn wir Urlaub haben? Seit wann bist du so besorgt um uns? Wir haben hier tolle Ferien, wirklich astreine Tage. Einfach super. Da stimmt alles. Das Hotel in den Bergen, das Wetter, der Pool. Du hörst, John, daß es uns also sehr gut geht.«
Das hörte ich in der Tat. Nicht nur Sheilas Stimme
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