1077 - Die Voodoo-Frau
bereits auf der Reise in andere Dimension?
Ich wußte es nicht. Ich kam mir vor wie weggetragen. Ich hatte den Kontakt mit der Unterlage verloren, zumindest fühlte ich mich so. Aber sie war noch da. Ich hörte Assunga sprechen. Leise, direkt in meiner Nähe, und trotzdem klang ihre Stimme weit entfernt. Ein Phänomen, über das ich nicht länger nachdenken wollte.
»Dieser Mantel ist und bleibt etwas Besonderes, John Sinclair. Er besitzt andere Kräfte. Ganz andere. Du kannst es dir nicht vorstellen, aber er treibt uns weg in die Vergangenheit, die noch nicht lange zurückliegt. Du wirst sie sehen, und du wirst erleben, wozu Coco fähig ist. Du sollst mehr über die Gefährlichkeit des Voodoo-Weibs erfahren, und erst dann kannst du handeln…«
Es waren Sätze, die mich umschwammen und umschmeichelten. Die ich genau hörte, wobei ich nicht mit ihnen fertig wurde und auch den Sinn nicht ganz verstand.
Allerdings war ich auch außen vor, denn die Lage veränderte sich wieder. Die letzten Worte der Vampir-Hexe waren bereits weggeschwommen, und ich war auch nicht mehr in der Lage, sie wieder einzufangen.
Assunga hatte mir eine Reise in die Vergangenheit versprochen, und dieses Versprechen löste sie nun ein. Ich oder wir beide trieben tatsächlich weg, oder war es möglich, daß die Bilder eines vergangenen Geschehens uns entgegentrieben?
Ich hatte keine Ahnung. Alles war so fremdgeworden, und ich war auch nicht in der Lage, die Bilder klar und deutlich zu sehen. Das änderte sich in der nächsten Zeit, denn sie schwammen mir entgegen und wurden immer deutlicher.
Ich sah einen Himmel, ich sah Wasser, Wellen und ein Schiff, das mit sehr schwerfälligen Bewegungen das Meer durchstampfte. Es war ein alter Seelenverkäufer. Eines dieser Schiffe, das unter einer mittel- oder südamerikanischen Flagge fuhr, mit einer Besatzung, die zu einem derartigen Seelenverkäufer paßte und alles andere als integer war.
Das Schiff kam auf mich zu.
Ich sah es deutlicher. Sein Bug schob sich aus den Wellen. Auf mich wirkte er wie ein riesiges, verrostetes Messer, das alles aufschneiden wollte, was sich ihm in den Weg stellte.
Plötzlich veränderte sich mein Sichtbereich. Ich sah nicht mehr nur den Bug, sondern schaute von oben herab auf das Schiff. Wie durch eine riesige Lupe, die alles vergrößerte und mir die entsprechenden Einzelheiten zeigte.
Graue, dunkle und dumpfe Farben. Für mich wie ein Totenschiff, das sich durch die Wellen bewegte, und dessen Maschine durch die Angst der Besatzung angetrieben wurde.
Ich erlebte die Vergangenheit. Es war schon alles passiert. Doch durch die Macht des Hexenmantels waren diese Vorgänge wie in einem Chip gespeichert worden und wurden nun für mich persönlich abgerufen, damit ich alles noch mal erleben konnte. So wurde das Schiff für mich zu einer durchsichtigen Welt…
***
Hätte Mr. Jobb jetzt in einen Spiegel geschaut und sich dabei selbst gesehen, er wäre über sich persönlich erschreckt und verwundert gewesen, denn einen derartigen Ausdruck in seinen Augen hatte er noch nie zuvor gesehen.
Es war wie ein Wunder. Er war einfach genial. Er war nicht mehr er selbst. Für ihn gab es nur noch Coco, die sich aus ihrem Gefängnis befreite und es dabei schaffte, die normalen Gesetze der Gravitation auf den Kopf zu stellen.
Sie kam nicht aus ihrem Grab hervor, sie schwebte in die Höhe, wie von unsichtbaren Händen getragen.
Aus der Hölle in die Welt. Umschmeichelt von einem gelblichen Lichtschleier, der sich auch um ihren Körper festgesetzt hatte und wie ein Wächter oder Schutz wirkte.
Dahinter oder darin zeichnete sich die Gestalt der Frau ab, die auch als Voodoo-Weib bekannt war.
Eine exotische Schönheit mit krausen, sehr langen Haaren, die aussahen, als wären sie von einem Windstoß erfaßt worden, der sie zur rechten Seite geweht hatte. Arme und Beine bewegte sie nicht.
Die Beine waren gestreckt, die Arme lagen dicht am Körper, und sie sah aus wie nackt, obwohl sie es nicht war, denn sie trug ein langes Kleid mit weitem Ausschnitt. Das Oberteil wurde von sehr dünnen Trägern gehalten, die sich um ihre Schultern gelegt hatten. Wegen der Dünne des Stoffes konnte auch das Licht hindurchdringen und machte den Körper sichtbar.
Wie dunkle Äpfel sahen die hochangesetzten Brüste aus. Eine schmale Taille, gut geformte Hüften, an die sich die langen und schlanken Beine anschlossen.
Dunkle Haut. Ein rundes Gesicht. Ein Mund mit etwas dicken Lippen, die geschlossen
Weitere Kostenlose Bücher