1078 - Im Bett mit einem Monster
Antwort nicht ab, sondern nahm den Weg unter Deck. Mr. Jobb und ich standen noch beisammen, und der Glatzkopf hob seine Schultern an.
»Ich kann nichts dafür«, sagte er.
»Wofür?«
»Daß sie nicht hier ist.«
»Da macht dir auch keiner einen Vorwurf. Wir beide werden trotzdem nachschauen.«
»Ja.«
Wieder trottete er voran. Mr. Jobb hatte sich radikal verändert. Aus dem Killer war ein frommes Lamm geworden, und das wollte mir nicht in den Kopf. Meiner Ansicht nach spielte er nur Theater.
Suko wartete unter Deck. Der Schein, der durch eine offen stehende Tür drang, stammte nicht von seiner kleinen Leuchte. Er bewegte sich auch noch, so daß immer wieder tanzende Schatten über den Boden hinweghuschten.
Ich hatte den Killer vorgehen lassen und mußte wenig später ebenso den Kopf einziehen wie er, um den Laderaum betreten zu können. Er hatte sich verändert. Hier wurde keine Kohle oder was auch immer transportiert, man hatte ihn recht wohnlich umgebaut und mit einem besonderen Mittelpunkt versehen.
Es war das Bett!
Ich sah es, schwieg und bekam große Augen. Damit hätte ich nicht gerechnet. Hier unten befand sich eine regelrechte Lasterhöhle. Ein Bett mit Decken und Kissen belegt. Darauf konnte sich schon ein Paar austoben.
Das nahm ich alles hin, wenn nicht der verdammte Ghoulgeruch gewesen wäre. Viel stärker als draußen hing er zwischen den Innenwänden fest, und er widerte mich an.
Auch Suko hatte darüber nachgedacht und sagte mit leiser Stimme: »Lange kann sie noch nicht verschwunden sein. Der Gestank hat sich verdammt gut gehalten.«
»Stimmt.« Ich ging mit kleinen Schritten auf und ab und sprach dabei meine Gedanken aus. »Könnte es sein, daß sie sich schon ein Opfer hergebracht hat?«
»Ich habe noch nichts gesehen« sagte Suko.
Der Zufall kam uns zu Hilfe, denn ich stieß mit dem rechten Fuß gegen ein auf dem Boden liegendes weiches Hindernis. Sofort blieb ich stehen, schaute nach unten und sah die helle Jacke, die dort wirklich nichts zu suchen hatte.
Ich hob sie auf und drehte mich, damit das Kleidungsstück in das Kerzenlicht geriet. »Und was ist das hier? Glaubt ihr, daß die Jacke Coco gehört?«
Beide schüttelten den Kopf.
»Dann wissen wir Bescheid.«
Es war eine Situation, die uns kein bißchen gefiel. Zwar hatten wir nicht hundertprozentig damit rechnen können, auf Coco zu treffen, doch wir waren irgendwie schon davon ausgegangen, sie zu sehen. Dann hätte sich der Fall schnell erledigt. So aber kochte er noch einmal hoch. Suko und ich wußten, wie gierig ein Zombie und ein Ghoul waren. Wenn sich beide in einer Gestalt vereinigten, dann waren sie noch schlimmer. Da konnte sich die Gefährlichkeit potenzieren.
Ich warf das helle Jackett aufs Bett. Eine Hose lag noch vor mir. Schuhe sah ich ebenfalls, auch ein Hemd. Meine nächste Frage galt Mr. Jobb. »Wo ist sie?«
Er knetete seine Hände und zuckte die Achseln. »Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen.«
»Auf der Party?«
»Sie wollte hin.«
Die Fete war unser Ziel. Es gab einfach keine andere Möglichkeit. Wenn Coco ihrem Drang nachkommen mußte, dann hatte sie keinen weiten Weg bis zu ihren Opfern. Die Auswahl dort war einfach groß genug, und sie würde sich wohl fühlen.
»Also gehen wir«, sagte ich.
Auch Mr. Jobb drehte sich um. Ich erwischte noch einen Blick auf sein Gesicht und entdeckte das wissende Lächeln um seinen Mund herum. Dieser Mann wußte bestimmt mehr als er zugab, und er würde sich sofort wieder auf Cocos Seite schlagen, das stand fest.
Ich aber wollte das Voodoo-Weib endlich in natura sehen und nicht als Geschöpf der Erinnerung oder aus der Vergangenheit…
***
Sie war wieder da, und die lächelte wissend.
Coco fühlte sich so stark. Sie war gesättigt, sie spürte die Kraft der furchtbaren Nahrung in sich, und sie merkte auch, wie der Hunger zunahm.
All die Menschen, all das Fleisch, all die Haut, all die Ausdünstungen, es traf sie wie ein Schock, und es hatte dafür gesorgt, daß ihre zweite Gestalt oder das Wesen dieses Ghoul-Monsters stärker als sonst hervortrat.
Sie stand noch am Rand der Fete. Die Kontrollen hatte sie hinter sich gebracht. Zudem hatte sie den Platz an einer anderen Stelle betreten, so daß es nicht auffiel, daß sie allein und nicht in Begleitung gekommen war.
Es hatte sich einiges verändert. Das große Büfett war bereits geplündert worden. Nur noch Reste lagen herum. Jetzt sprachen die Gäste mehr den Getränken zu, und einige von ihnen hatten
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