108 - Der schwarze Würger
„Halte mich so fest du kannst! Egal, was ich tue und dir befehle - lasse mich erst wieder los, wenn ich wehrlos geworden bin!"
Während ich spürte, wie sich Kitos Arme mit eisernem Griff um mich legten und meine Arme gegen den Körper preßten, hörte ich, wie unter meinen Leuten ein Tumult losbrach. Sehen konnte ich nichts, dennoch erfuhr ich aus ihren erschreckten Ruf en, was vorfiel.
„Seht die Teufelsfeuer, die sich durch den Schnee auf uns zufressen."
„Das sind Oni-bi- jawohl, Teufelsfeuer!"
„Achtung! Da stürzt etwas aus dem Himmel herab! Und dort brechen Schatten durch den Schnee!" „Kijin-Kobolde - greifen an!"
Kito hielt mich fest. Ich wollte rasen. Alles in mir drängte danach, das Tomokirimaru zu ziehen und damit auf meine Leute einzuschlagen.
„Gehorche den Befehlen deines Kokuo!"
Ich wäre der Aufforderung nachgekommen, doch Kito hielt mich eisern fest. Noch nie in meinem Leben war ich so hilflos gewesen.
„Kito, laß mich sofort los!" schrie ich. „Gehorche, oder du wirst es bitter bereuen!"
Der Eiserne reagierte nicht. Ringsum ertönten die Schreckensschreie meiner Männer. Ich wußte nicht, was sie gegen die Oni-bi unternahmen und wie sie sich der Kijin erwehrten, die mein Kokuo auf sie hetzte, aber an ihren verzweifelten Schreien erkannte ich, daß sie ihnen nicht viel entgegenzusetzen hatten.
„Spiel lauter!" rief jemand Genji zu. „Die Biwaklänge scheinen den flammenden Teufeln nicht zu behagen."
Für einen Augenblick gelang es mir, den Willen meines Kokuo abzuschütteln. Ich empfand unsägliche Erleichterung. Der Schmerz in meinem Körper ließ augenblicklich nach.
„Kaoru, schlage mich!" befahl ich dem Schänder in diesem lichten Moment. „Schlage auf mich ein! Nur deine Schläge können den unheimlichen Schmerz aus meinem Körper vertreiben."
Kaoru gehorchte. So fest er auch auf mich einschlug, seine Schläge taten mir nicht weh. Er erreichte damit aber, daß sich der Kokuo aus mir zurückzog, denn ihn trafen die Fausthiebe und Fußtritte in Wirklichkeit.
„Spiel, Genji, spiel! Die Kobolde und Teufelsfeuer ziehen sich zurück!"
Ich fühlte mich augenblicklich erleichtert. Der Kokuo hatte sich endgültig zurückgezogen. Ich wollte mich entspannen, aber Kito hielt mich immer noch mit eisernem Griff fest.
„Loslassen!" bat ich krächzend.
„Erst, wenn du wehrlos geworden bist", sagte Kito dicht an meinen geflügelten Helmohren. „So hast du es bestimmt."
Ich spürte einen unheimlichen Druck gegen meinen Brustkorb und meinte, ersticken zu müssen. Dann verlor ich das Bewußtsein.
Als ich wieder zu mir kam, stellte ich fest, daß der Angriff der Kobolde und der Teufelsfeuer drei Opfer gefordert hatte. Zwei der Leichen waren bis zur Unkenntlichkeit verkohlt, die dritte war förmlich in Stücke gerissen worden. Die beiden Kannibalen, die sich unter meinen Männern befanden, rührten ihren toten Kameraden nicht an. Was den Pesthauch der Kijin an sich trug, das bereitete ihnen Ekel.
Kito blickte zu mir herüber. Sein Blick glitt über mein Tomokirimaru.
„Du hast nichts zu befürchten, Kito", beruhigte ich ihn. „Du hast richtig gehandelt. Es kann sein, daß mich die fremde Macht wieder in ihre Gewalt zu bekommen versucht, dann mußt du dich ebenso verhalten."
„Akanuma und Makomo sind von einem Erkundungsgang zurück", berichtete Kito. „Sie haben eine seltsame Entdeckung gemacht und sind ganz verstört. Sie behaupten, daß es zu gefährlich sei, noch weiterzugehen. Sie wollen umkehren."
„Schicke sie zu mir! Nein, warte! Sie sollen mich zu dem Ort führen, wo sie die Entdeckung gemacht haben."
Akanuma und Makomo hatten sich einigermaßen beruhigt, aber noch war kein vernünftiges Wort aus ihnen herauszubringen. Ich hatte den Eindruck, daß sie sich immer noch ängstigten, mir gegenüber 'aber ihre Furcht nicht zeigen wollten. „Was habt ihr gesehen, Akanuma?" fragte ich, während sie mich über einen verschneiten Pfad, der Fußspuren aufwies, durch eine Schlucht führten; mit den Pferden würden wir hier nicht weit kommen.
„Wasser, Herr, Wasser, das im Fallen zu Eis geworden ist", antwortete Akanuma. „Hast du so etwas schon einmal gesehen?"
„Es steckt kein Zauber dahinter, wenn Wasser bei dieser Kälte zu Eis wird", erwiderte ich und hatte gute Lust, diesen Narren mit dem Tomokirimaru zu vierteilen.
„Eis ist nicht gleich Eis", meinte Makomo. „Wir sind gleich da, Tomotada."
Es dauerte nicht lange, bis wir die Stelle erreicht hatten. Vor
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