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108 - Der schwarze Würger

108 - Der schwarze Würger

Titel: 108 - Der schwarze Würger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Blättergeraschel. Der Urheber der Geräusche konnte nicht weit von uns entfernt sein, doch das dichte Blätterwerk verbarg ihn meinen Blicken.
    Ich war ziemlich sicher, daß es sich nicht um ein Tier handelte, denn das hätte längst schon unsere Witterung aufgenommen und die Flucht ergriffen.
    Tomoe verhielt sich völlig reglos.
    Ich zückte meinen Dolch und drang in das Dickicht ein. Plötzlich verstummten die Geräusche, als hätte der andere meine Anwesenheit bemerkt.
    Ich verzichtete auf alle weitere Vorsicht. Es war wichtig, schnell zu handeln, damit der andere nicht fliehen konnte.
    Ich stieß einen markerschütternden Schrei aus, um den anderen vor Schreck erstarren zu lassen, und stürmte ungestüm vor.
    Links von mir bewegten sich die Blätter. Ich hörte ein gehetztes Keuchen und leichte, trappelnde Schritte, Noch zwei Schritte, dann war der Fremde in Reichweite.
    Ich sprang mit einem mächtigen Satz nach vorn. Vor mir tauchte ein kleiner, pummelig wirkender Körper auf. Ich faßte nach ihm, riß ihn mit mir zu Boden und hielt. ihn fest.
    Ein schriller Schrei ertönte, als der kleine Körper gleichzeitig mit mir auf dem Unterholz aufprallte. Fassungslos betrachtete ich meine Beute. Es war ein Kind. Ein Junge von etwa sieben Jahren. Er hatte ein glattes, pausbäckiges Gesicht. Sein Kopf war kahlgeschoren. Er hatte kurze Arme und Beine, die mit Kinderspeck gepolstert waren. Aus großen Augen sah er mich trotzig, aber ohne jede Furcht an.
    Erst jetzt fiel mir auf, daß er vornehme und kostbare Kleider trug. Außerdem wirkte er gepflegt. Er schien aus gutem, wohlhabendem Hause zu stammen.
    Ich nahm ihn einfach unter den Arm und trug ihn zu Tomoe. Er schlug heftig um sich und versuchte mich zu kratzen und zu beißen. Erst als er den Rokuro-Kubi-Kopf zu fassen bekam, erstarrte er vor Schreck, und ich hatte endlich Ruhe.
    Ich stellte ihn vor Tomoe hin.
    „Sieh nur, was für einen seltsamen Fang ich gemacht habe!" sagte ich. „Was hältst du davon?" Tomoe wandte sich dem Jungen zu. Sie kniete vor ihm nieder und wollte nach seinen Händen fassen, doch er schlug mit seinen langen, zugefeilten Nägeln nach ihren Handrücken. Ich wollte ihm schon eine Ohrfeige geben, doch Tomoe hielt mich durch ein Handzeichen davon ab.
    „Wie heißt du denn, mein Junge?" fragte sie freundlich. „Wohnst du hier in der Nähe? Hast du dich verlaufen? Du kannst uns vertrauen. Wir tun dir nichts zuleide. Wenn du uns sagst, wer du bist, werden wir dich nach Hause zurückbringen."
    Der Junge kniff die Lippen zusammen und schwieg trotzig.
    „Willst du uns nicht deinen Namen nennen?" fragte Tomoe wieder.
    Der Junge zeigte überhaupt keine Reaktion.
    Ich verlor die Geduld und legte eine Hand auf die Maske.
    „Wir verschwenden mit dieser Rotznase nur unsere Zeit", sagte ich. „Ich werde ihm einfach das Gesicht nehmen und ihm meine Maske aufdrücken. Dann wird er schon sprechen."
    „Nein!"
    Tomoe wandte sich blitzschnell von dem Jungen ab und warf sich auf mich. Sie umklammerte meine Handgelenke und versuchte, meine Arme herunterzudrehen.
    „Das darfst du nicht machen, Tomotada!" schrie sie verzweifelt. „Stell dir vor, jemand würde deinem Sohn so etwas antun!"
    Ich ließ verblüfft die Arme sinken. Wir konnte sie nur annehmen, ich würde es zulassen, daß jemand meinem Kind das Gesicht nahm?
    Ich stieß sie wütend von mir. Da stellte ich fest, daß der Platz, an dem der Junge gestanden hatte, leer war.
    „Jetzt ist er uns entkommen", sagte ich vorwurfsvoll.
    „Das ist nicht weiter schlimm", erwiderte Tomoe und erhob sich. „Hast du ihn dir genau angesehen? Er war wohlgenährt und gut gekleidet. Ich bin sicher, daß es sich um eines der Kinder handelte, die die Yama-Uba bei sich aufgenommen hat."
    „Wenn du recht hast, wird er die Bergamme warnen", sagte ich. „Ich sehe darin keinen Vorteil." „Immerhin können wir von ihrem Versteck nicht mehr weit entfernt sein", meinte Tomoe.
    Auch das konnte mich nicht darüber hinwegtrösten, daß uns der Junge entkommen war.

    „Da ist er wieder!" rief Tomoe.
    Ich sah zuerst das goldbestickte Gewand, dann den Jungen selbst. Er hatte das feiste Gesicht für einen Moment in meine Richtung gedreht, dann schlüpfte er durch eine Hecke. Er blieb an einem Dorn hängen, kümmerte sich aber nicht darum.
    Als ich die Stelle erreichte, wo der Junge durch die Hecke verschwunden war, konnte ich keine Öffnung sehen. Die Hecke bildete eine undurchdringliche, übermannshohe Mauer. Ich sah fingerlange

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