108 - Die Fratze des Grauens
war das anders geworden.
Ab sofort waren sie von größtem Nutzen, denn ohne sie hätte es keine Vorbereitungen gegeben.
Sie waren Halbbrüder. Jeder hatte eine andere Mutter, doch ihr »Vater« war stets derselbe.
Sie hatten sich im Keller einer stillgelegten Töpferei eingefunden; gelbe Augen, Raubtiergebiß, Krallen an den Fingern. Alle waren gekommen. Alle, bis auf einen: Ellis!
Sie wußten, warum er nicht hier war. Eine dämonische Obrigkeit hatte sie informiert und ihnen gesagt, was sie tun mußten, und Wes Sturgess und seine schwarzen Brüder waren entschlossen, diesen Befehl auszuführen.
***
Was hatte Robert Ellis gesagt?
»Gegen diese Kraft kommt ihr nicht an!«
Das wurde für mich plötzlich zum Schlüsselsatz, an den ich eine ganze Menge Ideen hängen konnte, und das, was ich auswählte, paßte verdammt gut dazu.
Alle zusammen würden wir nicht stark genug sein, um diese Kraft besiegen zu können. Dazu fiel mir Yuums Auge ein, das erstmals mit einer Kraft zu tun hatte, der es kaum gewachsen war. Yuums »Pupille« war getrübt; der Blick wurde von dieser enormen Kraft festgehalten. Das Bild, das wir übermittelt bekamen, war verzerrt und verschwommen. Für mich stand fest, daß die gelben Kleckse und Ellis’ Raubkatzenaugen nicht zufällig dieselbe Farbe hatten. Da gab es eine Verbindung…
Ich kehrte zu meinen Freunden zurück und sah Ellis durchdringend an. Er schien zu spüren, daß ich begriffen hatte, wurde unruhig.
»Das Dämonentor… Es ist ein Spiegel, umrahmt von Raubkatzenaugen, und er hängt in der ›Art Gallery‹. Deshalb wolltest du da hinein. Du hattest vor, Schutz zu suchen bei diesem Dämonenspiegel.«
Zuerst stockte ihm der Atem. Ich hatte ihn sichtlich verblüfft. Aber dann brüllte er: »Na schön, du weißt es, Ballard, aber es wird dir nichts nützen!«
»Wir werden verhindern, daß sich das Tor öffnet.«
»Wie denn?«
»Sei unbesorgt. Uns wird etwas einfallen«, sagte ich frostig, und mir lachte das Herz im Leibe, denn Robert Ellis hatte das, was ich mir mühsam zusammengereimt hatte, bestätigt. Es hätte auch falsch sein können.
***
Ramona Ramirez war eine überaus attraktive Frau. Sie war mit dem mexikanischen Wirtschaftsattaché verheiratet, und während er britische Wirtschaftsexperten zu einem Gespräch in sein Hotel geladen hatte, bummelte seine Frau mit Preston Drew, ihrem Leibwächter, durch die Stadt Ramona Ramirez befand sich nicht zum erstenmal in London, deshalb waren ihr die Sehenswürdigkeiten ersten Ranges sattsam bekannt Sie wollte Neuland für sich entdecken. Deshalb lenkte sie ihre Schritte nach Soho.
Das sah Preston Drew zwar nicht so gern, aber er behielt es für sich. Er hatte etwas gegen Soho, ohne die Antipathie erklären zu können. Seiner Ansicht nach gab es da zu viele Bars, zuviel alkoholkranken Abschaum, zu viele Nutten, Zuhälter, Junkies… Einfach von allem, was negativ war, zuviel.
Er war der schönen Mexikanerin vom Sicherheitsdienst zugeteilt worden - ein Auftrag, um den ihn seine Kollegen beneideten, denn diese Frau hatte wirklich Rasse und Klasse. Ihre Beine waren lang, die Figur makellos. Sie hatte dunkles, halblanges Haar, und in ihren fast schwarzen Augen befand sich ein eigenartiger Glanz. Kein Wunder, daß ihr Mann sie überallhin mitnahm. Erstens war sie für ihn ein attraktives Aushängeschild, und zweitens wäre es sträflich leichtsinnig gewesen, eine so schöne Frau allein zu Hause zu lassen.
Ramona Ramirez hatte den Wunsch geäußert, die »Art Gallery« zu besichtigen, und Preston Drew folgte ihr dorthin wie ein Schatten. Er war einer der Besten in diesem gefährlichen Job und hatte eine harte Ausbildung hinter sich. Er beschützte Staatsoberhäupter, Delegationsmitglieder, Forscher, Personen des öffentlichen Lebens, hatte eine Zeitlang seine überdurchschnittlichen Fähigkeiten einer Anti-Terror-Einheit zur Verfügung gestellt. Flugzeugentführungen verhindert und Mordanschläge vereitelt Er hatte ein selbstsicheres, weltmännisches Auftreten und fiel in den besten Kreisen nicht unangenehm auf. Er konnte sich überall bewegen, selbst auf dem glattesten Parkett, ohne auszurutschen.
Vom Typ her hätte man ihn für einen Deutschen halten können, denn er war groß, blond und blauäugig. Der taubengraue Flanellanzug paßte ihm wie angegossen. Rein optisch paßte er hervorragend zu der jungen Frau aus Mexiko.
Er schlenderte mit ihr durch das Museum, blieb geduldig vor jeder Skulptur, jedem Gemälde, jedem
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