1084 - Stätte der Verdammnis
spürte ihn ebenfalls. Er trieb sie zurück. Ihre Nase war getroffen worden, der Griff lockerte sich, so konnte ich mich bewegen und mich dabei zur Seite rollen. Damit hatte sie nicht gerechnet, und plötzlich hatten sich die Seiten verkehrt. Jetzt lag ich auf ihr und schaute auf das Gesicht, das sich verzerrt hatte.
Die Farbe der Augen blieb. Das Licht bewegte sich nicht. So tot kamen mir die Augen vor, aber Tricia dachte nicht daran, aufzugeben. Sie versuchte es mit der gleichen Methode wie ich. Nur war ich auf der Hut und ließ mich nicht überraschen.
Ich riß meinen Kopf zur Seite und zog die Veränderte dabei mit. Wir rollten über das Bett, noch immer ineinander verschlungen. Keiner wollte nachgeben, aber ich war stärker. Durch den seitlichen Druck der beiden Arme sprengte ich ihren Griff, war frei. Tricia schlug nach mir, verfehlte mich allerdings, weil ich schon bis an den Rand des Betts gerollt war.
Ich wollte weg davon. Die nächste Rolle brachte mich über die Kante. Ich hörte sie schreien. Sie kroch hinter mir her. Sie kam auch näher und faßte nach mir.
Ich wich ihr aus.
Zufällig glitt mein Blick in die Höhe. Ich sah uns beide im Spiegel unter der Decke. Tricia hockte wie eine sprungbereite Katze auf dem Bett, während ich mich schon einen Schritt vom Bettrand entfernt hatte.
Sie schnellte hoch, um sich abzustemmen. Der Sprung sollte mich erwischen und hätte es auch beinahe geschafft, wäre ich nicht einen schnellen Schritt nach hinten gegangen.
Tricia hatte die Übersicht verloren. Auch sie rutschte über die Bettkante. Nur erging es ihr schlechter als mir. Sie fiel zu Boden, sie kroch weiter, um aus dieser Bewegung heraus wieder auf die Füße zu gelangen.
Das schaffte sie nicht mehr, denn ich war schneller und zog die Beretta.
Und dann »klebte« die Mündung plötzlich an ihrer Stirn. Das kalte Metall berührte ihre Haut. Auch wenn sie durch Kalik verändert war, so viel Menschliches steckte noch in ihr, daß sie Bescheid wußte, was mit ihr passiert war.
»Ruhig!« flüsterte ich ihr zu. »Ganz ruhig, Tricia. Ich will nicht unbedingt schießen, aber ich werde es tun, wenn du dich nach wie vor so anstellst.«
Ihr Körper erschlaffte nicht, auch wenn es mir so vorkam. Es sah vielmehr aus, als wäre sie dabei, sich zu entspannen. Die Schultern sackten etwas ein, und ihre Hände fanden auf den nackten Oberschenkeln Platz.
Die hellen Augen waren nicht mehr auf mich gerichtet. Sie starrten an mir vorbei. Tricia blickte jetzt zur Tür, doch das tat sie zwangsläufig.
Ich wartete einige Sekunden ab, bevor ich versuchte, mit ihr normal zu reden.
Auch ich war wieder zu Atem gekommen und sprach mit normaler und ruhiger Stimme. »Ich kenne die Macht des Landes Aibon, Tricia. Ich weiß auch, wie gefährlich jemand wie Kalik ist. Aber es steht fest, daß auch Aibons Macht eine Grenze hat. Sie ist nicht unbesiegbar. Als Mensch kann man nur verlieren. Wir befinden uns noch in dieser Welt, auch wenn Aibon eines seiner Tore geöffnet hat und den Schein seines Mondes wie einen Schleier schickte.«
Tricia lachte. Sie konnte nicht anders. Sie zuckte dabei. Es war ihr egal, ob ich sie mit der Beretta bedrohte. »Nein, du bist ein Mensch, John, ein normaler Mensch. Die anderen sind stärker. Du kannst reden, was du willst, ich weiß es besser. Aibon ist anders, und es ist mächtiger. Viel mächtiger. Du schaffst es nicht. Du kennst die Gesetze der Druiden nicht. Sie machen dich fertig. Auch wenn du mich erschießt, hast du gegen Kalik nicht gewonnen. Er ist der Vertreter. Er hat uns alle geholt, und auch du wirst ihn nicht stoppen können.«
»Wo ist er?«
Wieder mußte sie lachen. »Er ist immer da, auch wenn du ihn nicht siehst. Kalik ist uns allen überlegen. Aber nur seine Feinde haben ihn zu fürchten, wir nicht.«
»Was hat er mit euch vor?«
»Ich weiß es nicht. Aber er will uns andere Welten näherbringen. Wir sollen seine Sklavinnen sein. Er ist der Sklavenhalter. Er weiß, was wir in der Zukunft tun werden. Er hat uns vieles versprochen, und durch sein Licht ist er immer bei uns.«
Ich sagte zunächst nichts. Was man mir da berichtet hatte, war mir einfach zu schwammig. Ich nahm an, daß es andere Pläne gab, aber die hatte man Tricia vermutlich nicht mitgeteilt.
»Kennst du dich aus? Kennst du Guywano?«
»Nein. Wer ist das?«
»Der eigentliche Herrscher des Landes Aibon. Er ist derjenige, der dort regiert. Seine Magie kann nur Monstren wie Kalik geschaffen haben. Aber er ist auch
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