1084 - Stätte der Verdammnis
in die Sitzmöbel hineingedrückt hatte. Das fahle grüne Licht hielt auch ihre Körper umfangen und ließ sie aussehen wie Wasserleichen.
Die junge Frau mit den Rasta-Zöpfen spürte zuerst den Blick auf sich gerichtet. Sie sah auch die ihr entgegengestreckte Hand und erhob sich langsam.
Dunkle Haut, dunkle Augen, in die sich nun der Blick des Mondschein-Monsters bohrte.
Carry, so hieß die Dunkelhäutige, stieß einen seufzenden Laut aus. Er klang nicht ängstlich, eher wohlig und zufrieden, denn nun wechselte die Kraft ihre Augen.
Die Dunkelheit wich zurück. Während Carry schwankte und von Kalik gehalten wurde, veränderte sich ihr Blick.
Licht - nur Licht!
Ein kalter Schein. Er brannte sich in den Augen fest. Er verschluckte alles, was zuvor noch dagewesen war. Das Menschliche trat völlig in den Hintergrund, und Kaliks Maul verzog sich zu einem zufriedenen Lächeln.
Wieder einmal hatte er die alte Kraft des Aibon-Mondes wirken lassen. Er war noch nicht fertig.
Der Reihe nach nahm er sich die Frauen vor, deren Namen er nicht einmal kannte. Darauf kam es ihm auch nicht an. Er hatte hier seine Dienerinnen, und so würde es auch bleiben. Alles andere war nebensächlich.
Sie saßen wieder auf ihren Sesseln. Noch immer oder weiterhin regungslos. In ihren Gesichtern zeigten sich weder Schrecken noch Freude. Die Frauen hatten ihren Zustand hingenommen. Wohl kaum eine von ihnen wußte, daß sie nicht mehr zur normalen, aber auch noch nicht zur Aibon-Welt gehörten. Sie schwebten dazwischen, aber sie standen auf der Seite des Mondschein-Monsters.
Sie waren anders als die Rileys, die ebenfalls die Veränderung durchlebt hatten, aber sich nicht auf die Seite des Kalik stellen wollten. Hier konnte er zufrieden sein.
Oder doch nicht?
Etwas störte Kalik. Er wußte noch nicht, was ihm da nicht paßte. Es hing auch nicht mit ihm zusammen, sondern mit den Personen, die ihn umgaben. Alle waren von ihm beeinflußt worden.
Wirklich alle?
Plötzlich veränderten sich seine Gesichtszüge. Kalik bewies, daß auch er Gefühle zeigen konnte, und er zählte nach.
Fünf waren es.
Eine fehlte!
Das Mondschein-Monster drehte sich nach links. Es war von der Bar weggegangen. Jetzt mußte es wieder hin, denn dort hielt sich Giselle auf. Sie war so etwas wie eine Chefin, und sie würde ihm auch die richtigen Antworten geben können.
Er blieb vor ihr stehen und schaute auf sie herab. »Wo ist die sechste?« raunte er.
»Nicht hier…«, lautete die zittrig gesprochene Antwort.
»Das sehe ich. Wo steckt sie?«
Giselle löste eine Hand von der Innenseite der Theke und deutete in die Höhe. »Sie ist mit einem Gast in ihr Zimmer gegangen, Kalik. Du kennst es?«
»Ja, ich kenne es!« erwiderte er knirschend und setzte sich schwerfällig in Bewegung…
***
Ich hatte die Worte sehr genau verstanden und wußte jetzt, daß ihr gesamtes Gehabe und Getue nur darauf ausgerichtet worden war, mich in die Falle zu locken.
Jetzt stand sie weit offen!
Zwei Augen, die keine mehr waren. Die mich trotzdem anschauten, wobei sie mich möglicherweise nicht einmal so scharf sahen wie sonst. Dafür sandten sie eine Botschaft aus, die mich einfach nicht verfehlen konnte.
Die fremde Macht war da. Daran gab es keinen Zweifel. Es war die Macht des Druidenlandes, die auch mich in ihren Bann ziehen und verändern sollte.
Tricia hatte sie bereits empfangen und versuchte mit all ihrer Stärke, sie weiterzureichen.
Ich hielt dagegen. Daß auf mir eine nackte Frau lag, daran dachte ich nicht mehr. Ich sah nur das Gesicht, das allein durch die Augen beherrscht wurde.
Ein helles Licht. Weiß, kalt, gnadenlos. Es versuchte, sich in meinen Kopf hineinzufräsen. Ein Licht, das aus Energie bestand, aber auch aus Gedanken. Sie waren die Eroberer der Menschen, und Tricia spielte für sie den Gastkörper.
Sie klammerte sich an mir fest. Ich spürte ihre Fingernägel durch die Kleidung. Ich hörte sie heftig atmen, und ihr Atem erwischte mein Gesicht als warmer Strom.
Zum Glück atmete sie noch. So war sie kein Zombie, der ausschließlich tumb durch die Gegend lief.
Das Menschliche hatte ihr das Mondschein-Monster nicht genommen.
Natürlich war es wichtig für sie, mich so lange festzuhalten wie möglich. Tricia mußte sicher sein, daß ihr Botschaft auch in meinen Kopf drang.
Ich versuchte es nicht erst mit Worten. Mein Kopf lag frei, und der zuckte ruckartig in die Höhe.
Meine Stirn kollidierte mit Tricias Gesicht. Ich spürte den Schmerz, aber sie
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