1084 - Stätte der Verdammnis
zerstören. Deshalb hatte er ihnen auch von dem Paradies berichtet und versucht, es ihnen schmackhaft zu machen.
Ein raffinierter Plan, wie ich zugeben mußte. Er paßte zu ihm. Er war perfekt, denn mit diesem, in seinem Sinne arbeitenden Stoßtrupp war für ihn viel gewonnen.
Natürlich hatte er ihnen nur von dem Paradies berichtet. Als normale Menschen wären sie sicherlich mißtrauisch geworden. Nicht als Veränderte. Da nahmen sie Guywanos Diener Kalik alles ab. Sie glaubten ihm jedes Wort. Sie wußten auch über seine Stärke Bescheid, denn diese hatten sie am eigenen Leib gespürt.
Ein sehr raffinierter Plan. Vermutlich war ich der einzige, der ihn durchschaut hatte.
Tricia gefiel mein langes Schweigen nicht. »He«, sagte sie, »was hast du? Warum redest du nicht? Ist dir klargeworden, daß du gegen ihn nicht ankommst? Daß er stärker ist als du?«
»Nein, das bestimmt nicht. Ich weiß nur, daß er euch nicht das Paradies zeigen wird, sondern seine Hölle. Ihr alle seid Figuren in diesem Spiel. Seine Versprechen wird er so nicht einlösen. Er benutzt euch für seine Eroberungspläne. Das will ich dir sagen, und das sollten auch deine Freundinnen wissen. Für euch wäre es jetzt noch Zeit, umzukehren, Tricia. Du kannst zu ihnen gehen und mit ihnen sprechen. Versucht mit aller Macht, euch dagegen anzustemmen, und ich werde euch helfen so gut ich kann.«
»Nein, John, wir gehören zu Kalik. Wir haben das Licht in uns. Wir sind die Botinnen. Wir sind die ersten, die das Paradies erleben können, und das werden wir uns nicht nehmen lassen. Wenn du mich davon abhalten willst, mußt du mich schon erschießen!«
Die Worte hatten sich wie abschließend angehört. Tricia bewies auch, daß es ihr ernst war. Sie wußte, daß sie noch durch die Beretta bedroht wurde. Das ignorierte sie einfach, denn sie stand auf, als wäre nichts vorhanden.
Noch drehte sie mir den Rücken zu. Die Arme hatte sie ausgebreitet. Sie gab sich einfach nur locker, auch siegessicher, da sie voll und ganz auf Kalik setzte.
Langsam drehte sich die Nackte um.
»Laß es!« sagte ich.
»Warum denn?«
»Laß es sein!«
Ich hörte ihr leises Lachen. »Du hast Angst, nicht wahr? Du fürchtest dich davor, in meine Augen sehen zu müssen. Ich weiß das alles, John, aber ich gebe dir recht. Du brauchst mich nicht anzuschauen. Es ist nicht mehr nötig, denn du bist des Todes.«
Ich blieb gelassen. »Ach, das weißt du?«
»Ja, das weiß ich.«
»Und woher so plötzlich? Wer hat es dir gesagt? Willst du mich vielleicht umbringen?«
»Nein!« flüsterte sie mir zu, »das ist nicht nötig. Ich brauche dich nicht zu töten oder etwas anderes mit dir anzustellen. Das übernimmt Kalik. Du wirst ihm nicht entkommen können. Keiner kann ihm entwischen, denn er hält sich in unserer Nähe auf. Ich weiß es. Er geht nicht fort von uns. Er hat seine Aufgabe zu erfüllen, und er wird sie auch durchziehen. Er ist der Führer ins Paradies, und niemand wird ihn dabei stoppen.«
»Gut, Tricia, ich glaube dir. Wenn du so von ihm überzeugt bist, dann würde ich ihn gern sehen. Bisher habe ich ihn noch nicht zu Gesicht bekommen. Wo hält er sich auf? Sollen wir wieder nach unten gehen? Hat er das Haus betreten?«
»Er ist nah.«
»Das mag sein. Nur sehe ich ihn nicht.«
»Ich spüre ihn…«
»Wieso?«
»Er kommt.« Sie nickte sich selbst zu. »Kalik befindet sich bereits auf dem Weg. Er ist im Haus. Er kann es nicht haben, wenn nicht alle zusammen sind. Ich spüre, daß er mich sucht, und er weiß auch, wo er mich finden kann.«
»Dann wird er bald hier sein?«
»Ja…« Sie hatte es freudig hervorgestoßen. »Nichts kann ihn stoppen. Er findet immer einen Weg, egal, wo ich mich versteckt halte. Er kann alle Hindernisse überwinden, die es gibt. Er ist Himmel und Hölle zusammen, und er braucht mich, um uns alle in das Paradies zu führen.«
Es gab für mich keinen Grund, an ihren Worten zu zweifeln. Nicht ich, sondern sie stand mit dem Mondschein-Monster in Verbindung. Es gab nur zwei Wege, die er nehmen konnte. Entweder den normalen durch die Tür oder den Weg durch das Fenster. Zudem war er als groß oder riesig beschrieben worden, aber so etwas konnte durchaus relativ sein.
Noch war es still. Keine fremden Geräusche erreichten unsere Ohren. Tricia stand vor mir. Ihre Haltung hatte sich dabei verändert und wirkte angespannt. Sie schaute auf die Tür, und deshalb brauchte sie nichts zu sagen. Ihre Gestik sprach Bände. Ich wußte, aus welcher
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