1085 - Rattenliebe
wollte es genau wissen. Deshalb tat ich das gleiche wie er.«
»Bist du denn jetzt schlauer?«
»Etwas schon. Ich weiß, daß du Ratten magst. Ich habe es an den Bildern gesehen, und ich glaube auch, daß du in deinen Erzählungen die Wahrheit gesagt hast. Warum solltest du lügen? So etwas saugt man sich nicht aus den Fingern.«
»Stimmt.« Sie ließ das Thema Ratten bleiben und kümmerte sich um mich. Bevor ich es verhindern konnte, hatte sie ihren Handflächen gegen meine Wangen gelegt und zog meinen Kopf zu sich heran, damit ihr Gesicht dicht vor meinem war. Wir konnten uns in die Augen schauen, und ich spürte eine innere Gegenwehr. Als ich sie anschaute, mußte ich immer an Ratten denken. In meiner Einbildung verwandelte sich ihr Kopf in ein Rattengesicht mit spitzer Schnauze und bösen Augen.
Sie sprach und atmete mich gleichzeitig dabei an. »Du hast die Chance, John. Ja, du hast die große Chance, mich zu bekommen. Wir beide werden eine wunderbare Nacht miteinander haben. Ich verspreche dir alles. Ich mache alles möglich, mein Lieber. Vergiß die Frauen, die du zuvor schon gehabt hast und…«
»Auch die Ratten?«
Sie stieß mich zurück. Die Unterbrechung hatte ihr nicht gefallen. Ein Fluch drang über ihre Lippen. Dann schüttelte sie den Kopf. »Was bist du so stur, John? So verdammt stur. Begreifst du nicht, welche Chance ich dir biete?«
»Das hat Robert auch gedacht.«
»Shit! Vergiß ihn! Er ist er und du bist du!« Sie sprang plötzlich auf. »Ich habe ihn nicht an mich rangelassen. Er hat erst die Prüfung bestehen sollen. Bei dir, John, ist es anders. Du kannst an mich herankommen. Nahe, sehr nahe sogar. Ist das nicht wunderbar? Ich gebe dir die Chance, es zu tun. Du müßtest doch jubeln. Du brauchst die Stunden nicht bei den Ratten zu verbringen. Bei dir mache ich eine große Ausnahme.«
Sie stand vor mir und schaute zu mir herab. Auf ihrem Gesicht entdeckte ich die Erwartung. Sie war eine Frau, die es erwartete, keine Absage zu bekommen, aber ich blieb gelassen.
»Wo sind deine Ratten?«
»Vergiß sie!«
Ich blieb hart. »Sind sie hier oben?«
Teresa schüttelte sich vor Lachen. »Was hast du nur mit den Ratten? Magst du sie so sehr? Soll ich sie kommen lassen? Möchtest du mit ihnen spielen? Willst du auch die Stunden mit meinen echten Freunden in der Dunkelheit verbringen?«
»Nein, das nicht unbedingt, aber ich möchte mehr über die Geheimnisse der Bande erfahren, die dich und die Tiere zusammenhalten. Das ist alles.«
»Es gibt keine Geheimnisse zwischen uns. Es ist bereits alles geklärt worden.«
»Dann werde ich gehen!«
Mit dieser Antwort hatte sie nicht gerechnet. Sie starrte mach an wie einen völlig Fremden. Ich sah es in ihren Augen aufblitzen, dann schüttelte sie den Kopf. »Du… du… willst mich im Stich lassen und gibst mir einen Korb?«
»Tut mir leid, aber alles lief darauf hinaus. Ich kann nicht damit leben, daß du und die Ratten die besten Freunde sind. Wenn ich dich in den Armen halte, müßte ich immer an sie denken und…«
»Hör auf!« schrie sie mich an. »Du hast mich beleidigt, verflucht! Du hast einen Teil meines Selbstbewußtseins zerstört. So etwas macht man mit mir nicht, verflucht noch mal. Das lasse ich nicht mehr zu. Ich habe einmal in meinem Leben nachgegeben, ein zweites Mal nicht mehr. Ich werde keinem Mann mehr nachgeben, verstehst du?«
»Ja, aus deiner Sicht schon…«
»Bin ich denn eine Ratte?« fuhr sie mich an. »Sehe ich aus wie eine Ratte?« Sie zerrte ihren Pullover hoch.
Darunter trug sie nur die nackte Haut. Ihre Brüste waren klein und spitz. Sie standen zu den Seiten hin weg und blieben lange genug frei liegen, um von mir genau beobachtet zu werden. Als der Stoff wieder nach unten sackte, fragte sie mich noch einmal. »Sieht so eine Ratte aus, verdammt?«
»Nein.«
»Also gut, danke.« Sie wischte mit dem Handrücken über ihr Gesicht. »Aber ich weiß Bescheid, und du weißt es auch. Ich habe meinen Part gelernt, John.« Ihre Augen wurden schmal. »Noch einmal werde ich dich nicht bitten. Deine Worte haben mich wie Stiche getroffen, oder schmerzhaft wie Rattenbisse. Ich dachte, daß du auf meiner Seite stehen würdest. Das ist wohl nicht der Fall. Wir stehen auf verschiedenen Seiten. Du da, ich hier, und ich lasse mir nicht von dir gefallen, daß du mich fertigmachen willst. Jetzt bin ich an der Reihe.«
»Was hast du denn vor?« fragte ich.
Sie tänzelte einen Schritt von der Couch weg. »Solltest du damit
Weitere Kostenlose Bücher