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1091 - Das Geschöpf

1091 - Das Geschöpf

Titel: 1091 - Das Geschöpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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endlich reden und heraus aus seiner innerlichen Gefangenschaft kommen.
    Ein leeres Haus. Keine Stimmen.
    Nur aus einem Zimmer hörte ich das Dudeln eines Radios. Kahle Gänge, die mich an gefühlskalte Tunnel erinnerten. Manchmal schien es der Weg ins Nichts zu sein und zugleich in eine leere Zukunft, in der es keine guten Gefühle gab. Wie der Seelenkorridor eines Killers.
    Das Licht strahlte die kahlen und nackten Wände an. Nichts tat sich dort. Ich sah keine Bewegungen. Sie blieben blank. Die oder der Schatten hatte sich zurückgezogen, tanzte auch nicht über die manchmal etwas wolkig gestrichene Gangdecke hinweg.
    Ein Gefängnis sah ähnlich aus wie dieses Haus. Nur gab es hier keine Gitter.
    Einen Erfolg konnte ich mir anrechnen. Das Geschöpf war bei meinem Eintreten verschwunden. Ob aus Angst oder aus einem reinen Reflex, das würde ich gern herausfinden, und dabei mußte mir der Junge helfen. Ich betrat das Zimmer der Kleinfamilie und hörte die Stimmen aus dem Nebenraum.
    Als ich in der Türöffnung erschien, verstummte Gloria. Sie hatte sich zu ihrem Sohn auf das Bett gesetzt, sah mich jetzt und sprach mich an. »Er ist noch so kalt.«
    »Kälter als vorher?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Haben Sie mit ihm sprechen können?«
    »Nein.«
    »Aber ich habe es getan.«
    »Was?« Sie blickte mich an, als hätte ich ihr wer weiß was erzählt. »Er hat mit Ihnen geredet?«
    »Sie müssen es mir glauben.«
    »Und warum redet er nicht mit mir?«
    »Das weiß ich nicht, aber wir werden es schon noch herausfinden, darauf können Sie sich verlassen.«
    Der Junge lag wieder auf dem Rücken. Seine Augen standen noch offen. Ich berührte seine Gesicht und mußte feststellen, daß die Kälte noch immer vorhanden war. Allerdings nicht mehr so stark, und auch die Haut kam mir jetzt weicher vor.
    »Hat er nichts zu Ihnen gesagt?« fragte ich.
    »Nein, das hat er nicht. Ich habe es immer wieder versucht, aber er konnte oder wollte nicht. Ich bin mir auch nicht sicher, ob er überhaupt noch mit mir sprechen kann…«
    »Lassen Sie mich mal, Mrs. Esteban.«
    Sie hob die Schultern und machte mir Platz. Ich setzte mich auf die Bettkante und holte wieder mein Kreuz hervor. Gloria Esteban beobachtete mich staunend, stellte jedoch keine Fragen.
    Als das Kreuz Manuel berührte, zuckte er so stark zusammen wie nie zuvor. Zugleich verzerrte sich sein Gesicht wie bei einem Menschen, der Schmerzen verspürt. Er hatte die Augen weit aufgerissen, die Lippen zitterten, und seine Mutter wollte wieder zu ihm ans Bett eilen.
    Ich stoppte sie mit einer Armbewegung. »Nicht jetzt, Mrs. Esteban.«
    »Aber mein Sohn…«
    »Wird kaum in der Lage sein, Sie wahrzunehmen.«
    Sie rang die Hände und war verzweifelt. »Warum denn nicht? Was ist mit ihm?«
    »Er hat den Kontakt zum Schatten und damit auch zu der Bestie. Nur er, verstehen Sie?«
    »Nein.«
    Ich mußte der Frau eine Erklärung geben. Als Mutter hatte sie das einfach verdient. »Sehen sie, Mrs. Esteban, ich weiß es auch nicht genau, aber Ihrem Sohn ist es aus irgendwelchen Gründen gelungen, in eine Welt einzudringen, die uns verborgen bleibt.«
    »Was ist das für eine Welt, in der es so kalt ist? Das Jenseits?«
    »Möglich.«
    »Aber er ist nicht tot!« schrie sie.
    »Bitte, Mrs. Esteban.«
    Sie entschuldigte sich, trat zurück und blieb an der offenen Tür stehen. Ich hoffte, daß sie mich jetzt nicht mehr störte und ich mich um den Jungen kümmern konnte.
    Es war jetzt zu sehen, daß er atmete. Mein Kreuz schien den Panzer aufgebrochen zu haben. Er war auch nicht mehr so kalt. Erste Zuckungen waren zu sehen. Die Augen standen längst offen. Jetzt hob er seine Arme an, und ich hörte das leise Stöhnen, das über die Lippen floß.
    Manuel hatte den Angriff aus einer anderen Dimension überstanden. Das Geschöpf war verschwunden und hatte sich aus dem Dunstkreis des Jungen zurückgezogen. Manuel war wieder normal geworden.
    Er setzte sich hin und wußte nicht, wen er zuerst anschauen sollte. Seine Mutter oder mich.
    »Bist du wieder in Ordnung, Junge? Bist du es wieder…?«
    »Was ist denn passiert?«
    Er sah mir nicht so aus, als würde er lügen. Manuel kam mir vor wie nach einem langen Schlaf.
    Noch etwas verunsichert. Einer, der sich erst zurechtfinden mußte.
    Ich sprach Mrs. Esteban an. »Bitte«, sagte ich zu ihr. »Tun Sie mir einen Gefallen und lassen Sie mich mit Ihrem Sohn sprechen. Alles andere ist nicht gut.«
    »Was haben Sie denn mit ihm vor?«
    »Ich möchte ihn

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