1092 - Der Vampirengel
Reich der Schatten. Eine gewisse Angela.
Als ich den Namen geflüstert hatte, fragte Suko »Na, klickt es bei dir?«
»Müßte es das?«
»Denk an die letzten Wochen.«
»Da ist mir keine Angela begegnet. Weder als normaler Mensch noch als Vampir.«
»Stimmt, mir auch nicht. Aber wir haben von ihr gehört, das solltest du nicht vergessen.«
Ich murmelte den Namen vor mich hin und nickte schließlich. »Ja, ich erinnere mich. Es gab Gerüchte.«
»Die jetzt wahr werden könnten.«
Ich war noch immer skeptisch. »Meinst du wirklich?«
Suko nickte so heftig, als wäre er hundertprozentig überzeugt. »Ja, das meine ich. Es wird jemand kommen und versuchen, so etwas wie ein Nachfolger von Logan Costello zu werden. Ich glaube nicht, daß London vampirfrei bleiben wird.«
»Da denkst du an diese Angela.«
»Genau.«
»Ich nicht.«
Jetzt schauten mich beide erstaunt an. »Warum bist du so stark dagegen?« fragte Shao.
»Das bin ich im Prinzip nicht«, sagte ich, »aber ich denke mal einen Schritt weiter. Ich glaube kaum, daß jemand wie Dracula II, der ja hinter vielen Dingen steckt, so etwas zulassen würde. Das kann ich mir nicht vorstellen. Würde er die Macht freiwillig aus den Händen geben?«
»Freiwillig nicht«, sagte Suko.
»Eben.«
»Wieder falsch, John. Wenn diese Angela auftritt und tatsächlich das ist, was sie vorgibt, dann könnte ich mir vorstellen, daß sie es mit Mallmanns Einverständnis tut. Er kann sie doch auf seine Seite gezogen und als Statthalterin nach London geschickt haben. Zeit genug hatte er schließlich.«
Überzeugt war ich noch immer nicht. Das sahen die beiden mir auch an. »Hast du keine Lust?« fragte Shao.
Ich richtete mich wieder auf und ging einen Schritt zur Seite. »Was heißt Lust? Ich denke nur nach und kann es einfach nicht nachvollziehen, daß dieser Film Blade praktisch so etwas wie eine Basis sein soll. Da komme ich nicht mit, ehrlich gesagt.«
»Warum nicht?«
»Himmel, Suko, das ist ein Film gewesen, den auch ich mir angeschaut habe.«
»Na und?«
»Wie und?«
»Filme können Trends auslösen. Das muß ich dir doch nicht erzählen. Denk nur an den Streifen Titanic. Was hat das alles in Bewegung gesetzt. Auch Jurassic Park oder Star Wars. Nein, nein, das sehe ich anders.«
»Aber Blade war oder ist nichts für die Masse gewesen, Suko. Ein Vampir-Streifen. Für Fans.«
»Das weiß ich. Aber das eine schließt das andere nicht aus. Was nach der Titanic zu einem Massenphänomen geworden ist, das kann hier ebenso passieren. Nur eben im kleinen Kreis. Unter den Fans, wenn du verstehst. Sie können oder sind sicherlich noch ausgeflippter und exzessiver.«
Suko malte das schwarz, so dachte ich. Andererseits war uns der Name Angela schon des öfteren in der letzten Zeit begegnet, und seit Costellos Vernichtung war London praktisch vampirfrei, was selbst mir etwas seltsam vorkam.
»Wie denkst du, John?«
Ich lächelte. »Ihr wollte, daß wir hingehen und uns den Laden einmal anschauen.«
»Sogar unverbindlich«, sagte Shao. »Falls du allerdings etwas anderes zu tun hast, dann…«
»Nein, nein, das nicht. Ich hatte mich höchstens auf ein ruhiges Wochenende gefreut. Aber das kann ich jetzt vergessen.«
»Nein, wenn wir nichts finden, kannst du dich noch immer zwei Tage flachlegen.«
»Suko hat recht«, meinte Shao.
Ich verdrehte die Augen. »Okay, ihr habt mich einigermaßen überzeugt. Ich bin dabei. Mal schauen, wer sich da uns als Angela präsentieren wird. Schaden kann es jedenfalls nicht.«
Suko nickte. »Das meine ich auch.«
***
Harry Stahl hatte es geschafft, seinen Wagen zu erreichen. Nachdem er eingestiegen war, blieb er zunächst hinter dem Lenkrad sitzen und ruhte sich aus. In seinem Zustand war der eben nicht weite Weg trotzdem für ihn verdammt anstrengend gewesen, und er war jetzt froh, sich setzen zu können.
An seinem Fahrzeug hatte sich niemand zu schaffen gemacht. Von Dagmar und dem Vampirengel war natürlich nichts mehr zu sehen gewesen. Und auch diese seltsamen Helfer, die People of Sin, waren verschwunden, als hätte die Nacht sie verschluckt, um sie erst einmal in ihrem riesigen dunklen Magen verarbeiten zu können.
Seine Atmung beruhigte sich wieder. Die Scheiben waren beschlagen. Wenn er nach draußen schaute, hatte er das Gefühl, in dichten Nebel zu blicken, hinter dem die normale Welt mit all ihren Bewegungen und mit all ihren Geräuschen verschwunden war.
Die Schmerzen in seinem Kopf waren geblieben. Tabletten trug
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