1093 - Blutkult um Angela
tun?«
»Mehr als du denkst.«
»Das ist keine Antwort.«
»Würdest du mir glauben, wenn ich behaupte, daß sie kein Vampir ist? Zumindest kein normaler?«
»Nicht direkt, es sei denn, du erklärst es mir.«
»Dazu habe ich jetzt keine Zeit.«
»Ein Stichwort.«
»Gut, John. Sie ist ein Vampir, ein Mensch - und eine Psychonautin.«
Die beiden ersten Begriffe hatte ich noch hinnehmen können, aber den letzten Namen aber war ich gestolpert. Beinahe ungewollt drehte ich den Kopf, um in Dagmars grüne Augen schauen zu können. Ich wollte herausfinden, ob sie log.
»Angela gehört tatsächlich zu uns«, sagte sie leise.
»Du meinst dich damit?«
»Ja, als Psychonautin. Sie ist auf Mallmann getroffen, aber er hat sich bei ihr geirrt. Es ist eine lange Geschichte, die auch in Deutschland lief…«
»Sonst wärt ihr nicht hier…«
»Dreh dich jetzt um, John!«
Wir beide waren die letzten, die es noch nicht getan hatten. Alle anderen schauten nur in eine Richtung. Die Gäste hatten fast eine Reihe gebildet, die allerdings durch die versetzt stehenden Leute etwas aufgelockert war, und sie kannten nur ein Ziel.
Angela. Sie war die Königin. Ohne daß sie ein Wort bisher gesagt hatte, beherrschte sie die Szene.
Man hatte auf sie gewartet, denn man wollte das erleben, das in ähnlicher Form in diesem harten Vampirstreifen in den Kinos gezeigt worden war.
Als mir dieser Gedanke kam, warf ich unwillkürlich einen Blick zur Decke.
Dort sah alles normal aus. Da gab es keine Leitungen und auch keine breiten Duschtassen, aus denen irgendwann das Blut in großen Mengen fließen würde.
Angelas Ziel war die Theke. Das hatte einen Grund, denn dort wurde sie erwartet.
Ich hatte die fünf übriggebliebenen Mitglieder der People of Sin gesucht. Jetzt sah ich sie. Sie standen an der Theke nebeneinander. Zwei Frauen gehörten zu ihnen, sie waren von den drei männlichen Mitgliedern in die Mitte genommen worden. Sie hielten ihre Instrumente fest, spielten aber nicht, sondern schauten einzig und allein Angela entgegen, die den Weg zu ihnen fand.
Geschickt bewegte sie sich an den Grabsteinen vorbei. Sie stieg über die künstlichen Gräber hinweg und ließ ihre Hand ab und zu über ein ebenfalls künstliches Gebüsch streifen.
In dieser Nacht sollte ein Blutkult ins Leben gerufen werden. Ich ging davon aus, daß wir nur einen Schritt entfernt waren. Und Angela machte mit. Als Vampirin, als Mensch und auch als Psychonautin. Das wollte mir nicht aus dem Kopf.
Ich bewegte mich hinter Dagmar und Harry entlang und blieb dort stehen, wo sich Suko aufhielt. Er hatte mich schon gesehen und nickte leicht.
»Mal eine Frage«, flüsterte ich ihm zu. »Ist das alles richtig, was hier abläuft?«
»Noch.«
»Und wie soll es enden?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Harry denn?«
Er zuckte die Achseln. »Wir hatten kaum Zeit miteinander zu sprechen.«
»Das ist nicht harmlos, Suko«, sagte ich. »Ich habe bereits einen echten Blutsauger erschossen. Er war der Anführer der People of Sin. Jetzt gehe ich davon aus, daß die anderen fünf auch zu Mallmanns Brut gehören.«
»Sonst noch jemand?« fragte Suko.
»Reicht dir das nicht?«
»Ich denke an die Gäste.«
»Keine Ahnung. Ich hatte nur mit wenigen Kontakt. Die waren zwar leicht von der Rolle, wie ich finde, aber harmlos und keine echten Vampire. Allerdings sehnten sie sich danach, welche zu sein, was ich auch nicht nachvollziehen kann.«
Suko hielt sich mit einem weiteren Kommentar zurück, denn Angela hatte die Theke beinahe erreicht. Sie zögerte kurz, es sah auch so aus, als wollte sie sich umdrehen, dann ging sie den letzten Schritt weiter, und erste Hände wurden ihr entgegengestreckt, um ihr auf die Theke zu helfen.
Sie griff auch zu.
Vier Hände zogen sie in die Höhe, damit sie endlich zwischen »ihren« Vertrauten stehen konnte.
Suko und ich hatten jede weitere Unterhaltung eingestellt. Es war für uns wichtig, zu sehen, was sich auf der Theke abspielte. Noch immer wußte keiner von uns, was Angela eigentlich vorhatte und weshalb sie die People of Sin brauchte.
Die Theke war lang und auch breit genug, um allen Platz bieten zu können. Die Gruppe hielt sich mehr im Hintergrund auf. Sie hatten Platz für Angela geschaffen, die vor ihnen stand wie eine Sängerin. Es fehlte nur noch die Musik der Instrumente, dann konnte sie loslegen.
Jeder schaute sie an.
Hungrige Blicke. Lächeln, das wie eingekerbt auf den Lippen der Gäste lag. Manch lauter Atemzug oder
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