1093 - Blutkult um Angela
sich im Kreis. Beide wußten wir, wie schwer dieses Monstrum zu besiegen war, mit Silberkugeln nicht, und auch andere klassische Waffen reichten gegen ihn nicht aus.
Er fürchtete sich allerdings vor dem Kreuz. Eine Berührung würde ihn schwächen, wenn nicht vernichten, vorausgesetzt ich rief die Formel, um es zu aktivieren.
Ich hatte gesehen, daß Sukos Hand zum Stab gezuckt war, mit dem er die Zeit für fünf Sekunden anhalten konnte, aber er hatte den Stab nicht berührt, denn in dieser Zeit durfte niemand vernichtet oder getötet werden, selbst ein Schwarzblütler nicht. Sonst wäre die Wirkung des Stabs verloren gegangen.
Es war mir egal, ob die Zuschauer durch meine heftigen Bewegungen zur Seite gestoßen wurden oder nicht. Ich brauchte einfach freie Bahn und bekam sie auch.
Doch Mallmann war schlau. Er hatte längst gesehen, daß seine beiden Todfeinde erschienen waren.
Er hatte sich von Dagmar Hansen weggedreht, die Kugel in seinem Körper machte ihm nichts, sie schwächte ihn nicht einmal, doch er sah, daß ich nicht mehr weit entfernt von ihm war, und er mußte mitbekommen haben, wie das Kreuz aus meiner rechten Hand hervorstach.
Ich wußte selbst, wie schnell er sich wieder in die Fledermaus verwandeln und dann blitzschnell verschwinden konnte. Soweit wollte ich es nicht kommen lassen, und nur deshalb schleuderte ich das Kreuz auf ihn zu.
Ich hätte es eher werfen sollen, denn Mallmann war verdammt raffiniert. Er mußte mit einem derartigen Angriff gerechnet haben, deshalb hatte er blitzschnell Angela in die Höhe gerissen und hielt sie als Schutzschild vor seinen Körper.
Das Kreuz traf.
Doch nicht ihn, sondern Angela.
Ich hörte mich selbst fluchen, dann flog mir der Körper wie eine geschleuderte Puppe entgegen, prallte gegen meine Brust und den Kopf, und die Füße erwischten noch den neben mir laufenden Suko.
Mallmann aber bewies, wie schnell er sich verwandeln konnte. Diesmal vom menschenähnlichen Geschöpf zu der Bestie mit den mächtigen Schwingen.
Und sie war schnell.
Schneller als wir alle.
Mit einer fast raketenartigen Geschwindigkeit stieg sie in den Himmel. Ein paar Bewegungen der Schwingen reichten aus, um in die Dunkelheit abzutauchen und zu verschwinden. Nicht einmal ein Lachen hörten wir. Er war wie ein Spuk gekommen und wie ein Spuk verschwunden. Wieder einmal hatten wir das Nachsehen. Doch wir hatten auch seinen Plan durchkreuzen können, damit konnten wir uns trösten…
***
Vor uns lag Angela. Getroffen von meinem Kreuz. Nicht als Mensch, nicht als Zwitter, sondern als Vampir, und für einen Blutsauger war der Kontakt mit dem Kreuz absolut tödlich.
Da machte auch sie keine Ausnahme.
Ich sah meinen Talisman nicht. Sie war darauf gefallen, und ich mußte sie erst auf den Rücken drehen. Es hatte sie an der linken Wange erwischt und dort einen tiefen Abdruck hinterlassen, aus dem Blutperlen sickerten und an den Rändern verschmierten.
Angela - Psychonautin, Vampir und auch Mensch - hatte letztendlich für diesen Zustand bezahlen müssen. Es war schade, daß wir sie nicht hatten retten können, aber wir waren eben nicht allmächtig.
Dagmar wischte sich die Tränen aus den Augen. Sie sah ebenfalls normal aus. Das dritte Auge war verschwunden. Harry hockte noch immer auf dem Boden. Er schaute seine Waffe an, als wollte er sie wegwerfen. Suko suchte trotz allem noch den Nachthimmel ab.
Langsam, Schritt für Schritt entfernten sich die Gäste der grausamen Party. Der Blutkult um Angela hatte erst gar nicht stattgefunden. Nur eine blieb noch und kam zu mir.
Tiziana lächelte mich verloren an. Dann küßte sie mich auf die Lippen und hauchte: »Danke…«
Bevor ich etwas sagen konnte, war sie schon zu den anderen gelaufen, die gemeinsam in die Dunkelheit hineinschritten und dem Traum einer neuen Existenz bestimmt nicht mehr nachtrauerten…
ENDE des Zweiteilers
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