1093 - Blutkult um Angela
Seufzer wehte an unsere Ohren, bis sich plötzlich eine Gestalt aus dem Pulk der Wartenden löste.
Ich kannte sie. Es war die ganz in Schwarz gekleidete Königin der Nacht, die tatsächlich wie eine Braut auf den Bereich der Theke zuschritt, um Angela zu huldigen. Tiziana war nicht an ihrer Seite.
Sie hielt sich zurück. Ich sah sie in der nebligen Luft als schwachen Umriß, der über den Gräbern zu schweben schien.
Auch die Königin der Nacht wurde von den Nebelschleiern umflort. Erst in der Nähe des Tresens verloren sie sich, als wären sie vom Boden aufgesaugt worden.
Die Königin der Nacht war stehengeblieben und hatte ihren Kopf in den Nacken gelegt. Sie wollte zu Angela hochschauen, und sie sah das Vampirgebiß der Blonden.
»Bitte!« rief die Schwarze laut. »Ich bitte dich, Angela. Es ist der Augenblick, den wir alle hier herbeigesehnt haben. Du bist es, von der wir träumen. Dich haben wir gesucht. Du wirst uns das wahre Leben geben. Wir wollen sein wie du oder wie es der Vampirjäger Blade gewesen ist. Dafür brauchen wir dich. Wir bieten dir unser Blut an. Nimm es hin, mach uns zu den Geschöpfen, die zwischen Tag und Nacht existieren können.«
Ich war gespannt, wie Angela reagierte. Wenn sie kein Blut wollte, würde sie den Vorschlag ablehnen, aber sie nickte nach unten, was mich wiederum verwunderte.
Mir kam das alles suspekt vor, und ich wandte mich wieder an Suko. »Findest du das richtig?«
»Nein.«
»Dann sollten wir was tun.«
»Wende dich an Dagmar und Harry.«
»Das werde ich auch.« Mit wenigen Schritten hatte ich die beiden erreicht. Ich baute mich dicht hinter ihnen auf, so konnte ich mit ihnen reden. »Was soll das alles? Ich habe nicht den Eindruck, daß es gut ausgehen wird.«
Dagmar drehte den Kopf. »Wir müssen Angela vertrauen, John, wirklich.«
»Dann sag mir den Grund!«
»Ich bin davon überzeugt, daß sie sich das Blut der jungen Frau nicht holen wird.«
»Ach ja? Warum nicht?«
»Weil sie es längst auch bei mir hätte tun können. Ich war mit ihr allein. Ich habe sogar mit ihr gekämpft. Einmal verlor ich, dann war sie an der Reihe. Einmal hätte sie die Chance gehabt, mein Blut zu saugen, aber sie hat es nicht getan.«
»Deshalb vertraust du ihr?«
»Ja.«
Jetzt mischte sich Harry ein, der zugehört hatte. »Selbst auf dem Weg nach England hat sie nichts getan.«
»Im Flugzeug ist dies auch riskant. Wenn es abstürzt, verbrennt auch ein Vampir.«
»Warum bist du denn so mißtrauisch?« zischte er.
»Das liegt an meinem Beruf, Harry. Ich vertraue keinem Vampir, auch keinem halben, wenn du verstehst. Sie hat den Keim. Sie war Opfer des Dracula II, das solltest du nicht vergessen. Wenn sie sich jetzt zurückhält, kann das durchaus ihrer Taktik entsprechen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß das Menschliche in einer derartigen Gestalt überwiegt.«
»Beides hält sich die Waage, John.«
»Ja, Harry. So lange, bis sie kippt.«
»Warte doch erst mal ab!«
»Das tue ich die ganze Zeit schon. Mir machen auch die verdammten People of Sin einige Sorgen. Ihr Anführer war ein Vampir. Ich habe ihn erlöst. Er liegt hinter der Theke. Wenn du mir nicht glaubst, dann geh hin und sieh nach.«
»Ja, ja, schon gut. Aber es ist im Moment noch ihr Spiel, und wir haben ihr versprochen, zunächst nichts zu tun.«
»Außerdem ist sie eine Psychonautin!« zischelte Dagmar.
»Schützt sie diese Tatsache vor der Verwandlung?«
»Bis jetzt schon. Sie gehört nicht zu Mallmanns Vasallinnen. Dann würde sie anders reagieren.«
»Okay, lassen wir uns überraschen.« Dieses kurze Gespräch mit den beiden hatte mich nicht eben fröhlicher werden lassen. Ich konnte mir sogar vorstellen, daß sich beide irrten und sich von der Psychonautin Angela hatten einlullen lassen.
Die Königin der Nacht stand noch immer wie eine Bittstellerin vor der Theke. Angela hatte bisher keine Anstalten getroffen, sie zu sich in den illustren Kreis zu holen.
Da traf eher das Gegenteil zu, denn jetzt kümmerte sich Angela um sich und um ihre Freunde.
Ich glaubte zu wissen, daß sie sich sehr wohl fühlte und ließ sie nicht mehr aus den Augen, auch wenn ich mich von den übrigen Gästen entfernt hatte und meinen eigenen Weg ging. Suko hatte von mir ein Zeichen bekommen. Er wußte ebenfalls, daß etwas nicht stimmte, und traute auch der Sache nicht. Er hatte seine Dämonenpeitsche gezogen, die Riemen ausfahren lassen und die Waffe wieder schlagbereit in den Gürtel gesteckt.
Ich schlug
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