1093 - Blutkult um Angela
mehr gestört.
Alle hatten nur ein Ziel. Sie wollten zu Angela. Sie wollten endlich die Person sehen, die für sie zu einem weiblichen Blade geworden war. Die Kultfigur übertragen auf die Wirklichkeit, nur danach trachteten sie.
Bei normalen Verhältnissen hätte ich freie Sicht gehabt. Hier aber behinderte mich der künstliche Dunst. Trotzdem sah ich, daß sich am Eingang etwas bewegte.
Noch schwebte der Dunst fahnengleich vorbei. Ich hatte Mühe, die Ankömmlinge zu erkennen, aber ich konnte sie bereits zählen. Es waren vier Personen.
Wieso das?
Sekundenlang war ich durcheinander, da ich mit Angela und vielleicht auch Suko gerechnet hatte.
Ihn sah ich, ihn kannte ich am besten. Ich sah auch die Frau neben ihm. Wenn mich nicht alles täuschte, hatte sie blonde Haare.
Aber wer waren die anderen beiden, die dicht hinter den zweien hergingen?
Jedenfalls ein Mann und eine Frau, aber Shao gehörte nicht dazu. Sie hätte ich erkannt.
Dann wurde mir die Sicht auch von den normalen Gästen genommen. Sie konnten nicht mehr an sich halten. Immer wieder wurde der Name Angela gerufen.
Mal lauter, mal leiser, mal freudig, mal sehnsuchtsvoll, aber nie abwehrend oder haßerfüllt. Für die Leute hier mußte das Ereignis wie Weihnachten sein.
Angela war der Star und keine anderen. Die Gäste hatten sich bewegt wie abgesprochen. Von der Tür bis tief hinein in die Halle standen sie Spalier.
Suko war etwas zurückgeblieben. Angela ging jetzt allein an der Spitze. Ich hatte meinen Platz am hinteren Rand der Reihe gefunden und stand neben einem Typ, der heftig atmete und sogar zitterte, so gespannt war er auf Angela.
Nein, sie sah nicht so aus, wie sie sich die Leute hier vielleicht vorgestellt hatten. Völlig normal gekleidet ging sie durch die Nebelschwaden. Sie ließ sich berühren, streicheln, anfassen, denn jeder wollte diesen lebenden Kultgegenstand einmal liebkost haben.
Und sie lächelte.
Je näher sie kam, um so mehr fiel es mir auf, und auch um so deutlicher sah ich das Gesicht, in dem die Lippen so verzogen waren, daß die Zähne freilagen.
Auch die beiden Vampirbeißer!
Ja, sie war eine Blutsaugerin. Das überraschte mich nicht. Ich wunderte mich nur, daß Suko nichts unternommen hatte. Er ging einen halben Schritt hinter ihr her wie ein Leibwächter.
Ich ließ sie näherkommen. Mir war längst klargeworden, daß die alten Rollen nicht mehr stimmten.
Hier schien eine Vampirgeschichte umgeschrieben worden zu sein, denn eigentlich hätte schon längst kurzer Prozeß mit ihr gemacht werden müssen.
Noch immer wurde sie angefaßt, berührt, gestreichelt. Und wer es geschafft hatte, der konnte seine Freudenschreie oft genug nicht unterdrücken. Ich kümmerte mich darum nicht und wartete nur darauf, daß sie mich erreichte.
Der Nebel störte nicht mehr. Ich winkte Suko zu, der mich auch gesehen hatte und mein Winken mit einem Kopfnicken quittierte. Es sollte mich auch beruhigen und darauf hinweisen, die Waffen stecken zu lassen.
Ich wollte mich daran halten, denn Suko wußte bestimmt mehr als ich. Angela sah mich. Sie blieb für einen Moment stehen. Ich erwiderte ihren starren Blick, und Angela öffnete den Mund noch etwas weiter, als wollte sie mich ansprechen.
Ich war versucht, mein Kreuz aus der Tasche zu ziehen und dem Spuk ein Ende zu machen, aber Sukos Zeichen hinderte mich daran, und so verwandelte sich mein Gesicht zu einem Lächeln.
Mit den nächsten drei Schritten hatte mich Angela passiert. Ich wäre ihr gern gefolgt, doch da gab es etwas, das mich strikt davon abhielt.
Erst jetzt war ich richtig auf die Frau und den Mann hinter Suko aufmerksam geworden. Was ich sah, war unmöglich. Das bildete ich mir nur ein. Da waren zwei mir bekannte Menschen als Geistwesen aus dem Nebel entstiegen.
Das stimmte nicht.
Sie bestanden nicht aus Halluzinationen meinerseits, sondern waren Menschen aus Fleisch und Blut.
Dagmar Hansen und Harry Stahl!
Was sie hierher getrieben hatte, war mir ein Rätsel. Harry mußte wohl mein erstaunter Gesichtsausdruck aufgefallen sein, sonst hätte er nicht so gegrinst.
Wenig später befand er sich auf meiner Höhe, und ich hörte ihn flüstern. »Keine Sorge, John, es hat schon alles seine Richtigkeit, glaub' mir.«
»Das kann ich nur hoffen.«
Dagmars Körper drückte gegen meine rechte Seite. »Hi, John, so sehen wir uns wieder.«
»Anders herum wäre es mir lieber gewesen.«
»Keine Sorge, das ist schon richtig.«
»Verdammt, was habt ihr mit dieser Angela zu
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