1094 - Der Mann aus Haiti
Nein, ich habe schon mehrmals Oxtorner gesehen, aber bisher hatte ich nie den Mut, einen anzusprechen. Ist es wahr, daß die Sonne eurer Welt ein pulsierender roter Riesenstern ist?"
„Das läßt sich nicht bestreiten, Eric. Beim Vater der Okrills! Ihr Terraner seid aber zart gebaut. Ich traue mir nicht mal, in deine Richtung auszuatmen."
„Die meisten Jungen in meinem Alter sind stärker. Ich bin ein Schwächling, weil ich dauernd krank bin. Sag mal, Hiaq: Lebt Omar Hawk eigentlich noch?"
„Omar Hawk!" erwiderte der Oxtorner respektvoll. „Tja, ich weiß auch nicht, ob er noch lebt. Es ist schon fast zweihundertfünfzig Jahre her, daß Omar Hawk seinen Fuß auf den Planeten seiner Ahnen setzte. Damals war ich noch nicht geboren. Es heißt, daß er wie ein Vierzigjähriger ausgesehen hätte, obwohl er doch damals schon über tausend Jahre alt gewesen sein muß. Sein Gefährte war ein Modul, wie hieß es doch gleich? Ja, Baar Lun hieß er. Nicht für unsere Welt gebaut, dieser Baar Lun. Na, sie blieben ja nicht lange.
Das ist eigentlich alles, was ich über Omar Hawk weiß. Zufrieden?"
Er griff nach seinem Handgepäck.
„Sagte Omar Hawk etwas über Tengri Lethos? Bitte!"
Der Oxtorner kratzte sich hinter dem linken Ohr.
„Tengri Lethos? Der Hüter des Lichts? Du bringst wohl lauter große Namen zur Sprache.
Nein, ich weiß nicht, ob Omar Hawk etwas über Tengri Lethos sagte. Aber es ist allgemein bekannt, daß Lethos unser Universum verließ, um auf eine höhere Stufe der Evolution zu gelangen. Ich kann mir darunter allerdings nichts vorstellen, mein Junge.
Mein Leben hat sich mit genetischen Kodes und mit der Züchtung oxtorneangepaßter Nutzpflanzen aus terranischen Nutzpflanzen abgespielt, aber eine höhere Daseinsform ist dabei nie herausgekommen. Und jetzt entschuldige mich, bitte."
Er ging auf eines der Abfertigungsgebäude zu - und Eric blickte ihm sinnend nach...
*
„He, was suchst du hier?"
Der riesige Ertruser hielt Eric am Kragen gepackt, hob ihn hoch und drehte ihn so, daß er ihm ins Gesicht sehen konnte. Sein rostroter Sichelkamm ragte mindestens zwanzig Zentimeter hoch. Offenbar sorgte er in dem mit Rauch und Alkoholdunst geschwängerten Lokal für Ordnung.
Eric schnappte nach Luft, da ihm der durch den Griff zusammengedrehte Hemdkragen die Kehle zuschnürte.
Grinsend setzte der Ertruser ihn ab.
„Hab' ich dir weh getan, Kleiner? Einer der Stärksten bist du nicht gerade. Beim Großen Melbar! Die Bordkombi schlottert ja um deine Glieder, als wärst du halbverhungert. Du mußt mehr essen. Bist du mit deinem Vater hier? Ist er Raumfahrer?"
Eric nickte. Da es die Antwort auf die letzte Frage war, log er nicht einmal, denn von seiner Mutter hatte er nie etwas anderes gehört.
„Dann geh an seinen Tisch! Laß dich nicht mit Fremden ein! Hier gibt es einige zwielichtige Gestalten, die nicht davor zurückschrecken würden, Kinder zu entführen und auf Lepso zu verkaufen."
Eric nickte und schlängelte sich zu einem Tisch durch, um den sechs Terraner saßen, deren Bordkombinationen die Embleme einer privaten terranischen Raumfahrtgesellschaft zierten. Die Männer waren ganz auf ihr Pokerspiel konzentriert und bemerkten ihn nicht.
Er stellte sich hinter einen von ihnen. Aus dieser Deckung heraus beobachtete er das Leben und Treiben in dem Lokal, das im Vergnügungsviertel Little Soho der „Raumhafenstadt" Terrania Freeport lag.
Am Nebentisch saßen acht Unither bei einem Brettspiel. Sie tranken Bier und verhielten sich ruhig. Die Gruppe von fünf Springern, die weiter hinten an der Bar stand und scharfe Sachen kippte, lärmte dagegen am lautesten von allen Gästen.
Als Eric sah, daß der Ertruser in einem Hinterzimmer verschwand, ging er leise zu der Gruppe von sieben Antis, die an einem spärlich beleuchteten Ecktisch saßen und geheimnisvoll miteinander tuschelten.
„Und ich sage dir, mit Baálol-Statuen ist heute kein Geschäft mehr zu machen", verstand er, als er näher kam. „Ich würde ins Termingeschäft mit exotischen Kosmetika einsteigen, wenn ich Mittel übrig hätte."
„Da kannst du aber ganz schön hereinfallen", erwiderte ein anderer Anti. „Der Markt wird zur Zeit von Fälschungen überschwemmt."
„Wie wäre es mit Neo-Liquitiv?" flüsterte ein Dritter.
„Bist du wahnsinnig?" fuhr ein anderer Anti dazwischen. „Liquitiv ist ein Gift, das erst süchtig macht und dann zum schnellen Verfall führt!"
„Ich spreche doch nicht davon. Ich meine
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