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1095 - Der Hexentrank

1095 - Der Hexentrank

Titel: 1095 - Der Hexentrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Gesicht saß und von hervorquellenden Hautlappen eingefaßt war.
    Er kannte Edina, doch er konnte sich kaum an ihren Anblick gewöhnen. Sie kam ihm immer wieder anders vor.
    Ähnelte somit einem menschlichen Chamäleon, und oft genug hatte er sich die Frage gestellt, wie mächtig sie wirklich war.
    Neben ihr stand der Bottich, der große Krug, der Topf, der Edina bis zur Brust reichte und eigentlich für eine recht kleine Person wie sie zu groß war. Aus der breiten Öffnung ragte das obere Drittel eines Holzstabs hervor, mit dem der Inhalt umgerührt werden konnte. Was Edina sicherlich auch getan hatte.
    Die Kerzen verteilten sich im Haus. Sie standen auch innen auf der schmalen Fensterbank. Doch sie gaben nicht die einzige Helligkeit ab. Dazu gehörte noch ein Feuer, das unter dem großen Topf gloste.
    Das Gefäß stand auf einem schmalen Gestell aus Eisen. Darunter war die Feuerstelle im Boden eingelassen. Das Material brannte nicht. Es glühte und gloste noch, aber es gab eine sehr große Wärme ab, die sich im Haus verteilt hatte.
    Mannix war so nahe an Edina herangetreten wie er es für richtig gehalten hatte. In dem einen Auge leuchtete die Gier, und Edina streckte ihm auch eine Hand entgegen. Sie bewegte ihre Finger heftig hin und her, ein Zeichen, daß sie das Buch haben wollte.
    »Gib es her, Söhnchen, gib es her!«
    »Bitte.«
    Die alte Hexe riß ihm das Buch aus der Hand. Dabei warf sie einen Blick auf den Einband, stöhnte plötzlich lustvoll auf und begann zu lachen. Es waren seltsame und hämisch klingende Laute, die aus dem Mund flossen. Sie konnte auch nicht ruhig bleiben und tanzte auf der Stelle hin und her. Das Lachen endete in heftigem Atmen, die Hände zitterten. Mit der Linken hielt sie das jetzt aufgeschlagene Buch fest und blätterte es heftig durch. Hin und wieder befeuchtete sie dabei den Zeigefinger mit ihrem Speichel, grunzte manchmal regelrecht auf und war mehr als zufrieden.
    »Zufrieden?« fragte Mannix, der sich wieder einigermaßen gefangen hatte.
    »Gut hast du das gemacht, sehr gut.«
    »Danke.«
    Sie klappte das Buch zu und legte es neben sich zu Boden. »Wie ist es denn gewesen? Hat sie Schwierigkeiten gemacht, meine kleine Nichte?«
    »Es ging nicht ganz glatt.«
    »Ah.«
    Mannix wußte, daß er die Wahrheit sagen mußte. Er durfte auf keinen Fall etwas verschweigen, und so berichtete er, welchen Ärger ihm die Frau bereitet hatte.
    Edina schaute ihn dabei an. Ihr Gesicht, so fürchterlich es auch aussah, wirkte trotzdem irgendwie alterslos. Es war schwer zu schätzen, wieviel Jahre sie auf dem Buckel hatte. Wer sie anschaute, konnte sich nicht vorstellen, daß sie normale Eltern gehabt hatte.
    Vielleicht war der Vater ein Liliputaner oder ein Zwerg gewesen, denn Mannix überragte sie um die Länge von zwei Köpfen. Er schaute auf sie herab, aber er sah dabei nicht aus wie ein Sieger, sondern eher wie jemand, der verdammten Respekt vor ihr hatte.
    »Du hast sie dann angespuckt, wie?«
    »Ich mußte es tun.«
    Die krumme Hand der Hexe fuhr hoch bis zum faltigen Hals. Sie knetete dort die dünne Haut und rieb sie wie Gewürz zwischen den Fingern. »Ist sie denn gezeichnet worden?«
    Er nickte.
    »Dann hat mein Trank etwas gebracht?«
    »Ja. Sie wird für alle Zeiten ein Andenken behalten.«
    Edina schüttelte den Kopf. »Schade eigentlich. Sie ist eine so hübsche junge Frau gewesen. Aber sie hätte sich an die Regeln halten sollen. Ich habe sie für schlauer gehalten. Sie hätte das Haus weihen lassen müssen, dann wäre alles gut gewesen. Warum hat sie das nur nicht getan? Warum ist sie nicht meinen Weg gegangen? Sie hätte so mächtig werden können mit mir an der Seite.«
    »Ich weiß es nicht, Edina. Ich habe nur deinen Auftrag erfüllt.«
    »Ja, Söhnchen, das hast du. Und das hast du gut gemacht. Ich bin sehr zufrieden.« Sie bückte sich und hob das Buch wieder auf. Mit den Knöcheln klopfte sie gegen den Einband. »Das hier ist genau das, was ich noch brauchte.«
    »Wann willst du beginnen?«
    »Jetzt. Noch heute. Noch in dieser Nacht.« Sie griff mit einer Hand nach dem Stab, bewegte ihn kreisförmig und rührte die Flüssigkeit im Kessel um. »Komm ruhig näher, Söhnchen, und schau es dir genau an. Dann siehst du es.«
    Er ging auf den Trog zu. Sein Inhalt war flüssig. Er dampfte leicht.
    Er war zudem schleimig. Eine braungrüne Masse, mit roten Schlieren darin. Sie war nicht zäh, aber sie roch ätzend, und sie klatschte schwer gegen die Innenwände des Trogs, als

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