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1095 - Der Hexentrank

1095 - Der Hexentrank

Titel: 1095 - Der Hexentrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ihn blind geschossen und beide Augen getroffen.
    Hier starrte mich ein Auge an.
    Trotzdem zielte ich auf das zweite und hatte dabei das Glück, daß sich Edina nicht bewegte.
    Wieder peitschte der Schuß auf.
    Treffer!
    Die Kugel jagte in das zugewachsene Auge hinein. Sie durchtrennte die Haut und riß das, was dahinter verborgen gelegen hatte, auseinander.
    Eine grüngelbe Masse spritzte mir entgegen. Ich wich zurück und schützte mit dem hochgehobenen Arm mein Gesicht. Die Hexe war schwer angeschlagen, das stand für mich fest, obwohl sie sich noch immer auf den Beinen hielt.
    Sie schrie. Sie riß die linke Hand hoch und preßte sie dorthin, wo sich einmal ein Auge unter der Haut befunden hatte. Als die Hand wieder nach unten sank, sah ich nur noch ein Loch. Es hatte sich tief in ihren Schädel hineingefräst.
    Noch immer rann Flüssigkeit daraus hervor, und das andere Auge zuckte, wobei ständig ein anderes Farbenspiel entstand. Mal grün, mal gelb, mal dunkel. Die Hexe fuchtelte mit den Armen in der Luft herum, während ihre Nichte im Bottich stand und immer wieder den Namen ihrer Tante flüsterte.
    »Laß sie, Chris!«
    Aber Chris hörte nicht. Sie stand zu stark unter dem Einfluß ihrer Tante. Wahrscheinlich fühlte sie sich als Erbin und war auch verpflichtet, ihr zu helfen.
    Es gelang ihr, die langen Haare zu packen, als Edina dicht an den Bottich herangetaumelt war und mit der Schulter daran entlangschrammte. In einem regelrechten Klammergriff hielt Chris das alte Hexenweib fest, dann schrie sie auf, um sich selbst die nötige Stärke zu verleihen und zerrte ihre Verwandte in die Höhe.
    Mit dem Rücken glitt die nackte Hexe an der Außenseite des Bottichshoch. Mir gelang es, einen Blick in ihr Gesicht zu werfen. Es war durch die Wunde noch deformierter geworden. Da paßte einiges nicht mehr zusammen. Sie keuchte und jammerte. Der Mund öffnete sich, klappte wieder zu, dann kreischte sie und wurde über den Rand des Bottichs gezogen.
    Der Trank warf Wellen. Er schwappte über, und Chris Talbot stopfte die Hexe förmlich in den Schleim hinein. Sie tauchte sie unter, sie hielt sie fest und stierte mich dabei an. Wahrscheinlich wollte sie sehen, was ich unternahm.
    »Du kriegst sie nicht!« brüllte sie mir entgegen. »Weder sie noch mich, Sinclair!«
    Himmel, was war in die Frau gefahren! So kannte ich Chris nicht.
    Mir wurde in diesem Augenblick klar, daß ich sie als Mensch verloren hatte.
    Trotzdem wollte ich sie retten. Rausziehen aus diesem verdammten Teufelszeug.
    Ich hatte sie kaum erreicht, als sie nach mir schlug. Dann wich sie zurück auf die Mitte des Bottichs zu, und bei dieser Bewegung veränderte sich der Gesichtsausdruck.
    Sie riß ihren Mund weit auf. Panik schoß in ihr hoch. Eine irre Angst hatte sie überfallen. Ich konnte nach ihr greifen, aber meine Hand rutschte an dem glatten Zeug ab.
    Da tauchte Edina wieder auf.
    Zugleich mit der Flüssigkeit, die zu brodeln begann. Etwas war damit passiert. Sie kochte, sie warf Dämpfe, und der Kopf der Hexe neigte sich zur Seite, so daß er aussah, wie auf der Oberfläche schwimmend.
    Ich starrte in das Gesicht.
    Es hatte sich verändert. Die Haut hing lappig herab. Die Wellen klatschten immer wieder dagegen und begannen die Lappen wegzuspülen.
    Edina löste sich auf.
    Die Kugel mußte dafür gesorgt haben. Sie war möglicherweise der indirekte Auslöser gewesen, denn hinter der Augenhaut mußte ich ein Zentrum erwischt haben.
    Ich stieß hart den Atem aus. Was ich da sah, war einfach schlimm.
    Edina hatte keine Chance. Der Hexentrank, auf den sie sich immer verlassen hatte, wirkte jetzt wie eine scharfe Säure. Er zischte auf, es hatte sich Schaum auf der Oberfläche gebildet, Blasen entstanden, zerplatzten wieder und innerhalb des Schaums schwammen die Hautfetzen, als wären sie von den Knochen gezerrt worden.
    Der Inhalt des Bottichs war zu einer kochenden Masse geworden, in der sich auch Chris befand. Sie hatte sich an den Rand gedrückt, und sie wollte auch nicht von mir herausgezerrt werden. Ich konnte nicht verantworten, daß sie das gleiche Schicksal erlebte wie ihre Tante. Deshalb hetzte ich um den Bottich herum auf die andere Seite und gelangte hinter Chris’ Rücken.
    Sie ahnte schon etwas, drehte sich und bekam den Hieb mit der Beretta voll mit.
    Die Haut an der Stirn platzte auf. Die Augen verloren den normalen Ausdruck, und sie wäre in der verfluchten Brühe verschwunden, wenn ich die Waffe nicht blitzschnell weggesteckt und sofort

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