1096 - Baphomets Henker
welche Sorgen sich ihre Eltern machten. Sicherlich stand Ma auch in der Nähe.
»Ich bin hier, Pa.« Noch nie hatte sie sich so anstrengen müssen, um einige Worte zu sagen, und sie hatte die Antwort auch nur stockend vorbringen können.
»Es kommt alles in Ordnung, Amy, mein Liebling, das verspreche ich dir. Verlaß dich auf mich, ja?«
»Pa, ich…«
»Genug«, sagte Kurak und preßte das Handy wieder gegen sein Ohr. »Du hast es gehört, Basil. Deine Tochter lebt noch. Jetzt solltest du alles tun, damit es auch so bleibt. Komm her, dann werden wir die Dinge richten. Oder willst du schuld am Tod deiner Tochter sein?«
»Du Schwein, wenn du ihr etwas antust, sie nur anfaßt, dann… dann werde ich…«
»Was wirst du denn?«
»Ich komme!«
»Das habe ich hören wollen!« erwiderte Kurak gelassen und schaltete das Telefon aus. Er steckte es wieder weg und beugte sich zu Amy hinab. »Zufrieden?«
Das Mädchen gab keine Antwort.
»Er wird kommen.«
Amy schaute auf ihre Hände, die zitterten - und schrak zusammen, als die Fingerkuppen des Mannes über ihre linke Wange strichen. Für sie waren es hölzerne Eisfinger, in denen kein Funken Gefühl mehr steckte.
Sie schloß die Augen.
Kurak richtete sich wieder auf. Er schaute auf Amy nieder. Der Ausdruck seiner dunklen Augen war kalt und gnadenlos. Er war es gewohnt, keine Zeugen zu hinterlassen. Das hatte er noch nie getan, und so würde er es auch hier halten…
***
Ich war noch vor Sukos Eintreffen losgefahren. In Erinnerung geblieben waren mir die Gesichter der besorgten Eltern, deren Angst ich sehr gut verstand.
Es war ein riskantes Spiel, auf das ich mich eingelassen hatte. Es ging um das Leben eines Kindes.
Auch wenn Basil Bassett selbst gefahren wäre, es wäre keine Garantie dafür gewesen, daß seine Tochter überlebt hätte. Nicht bei den Baphomet-Templern, die weder auf Frauen, Männer oder Kinder Rücksicht nahmen. Für sie gab es nur ein Ziel. Die Unterdrückung der Menschen. Sie gefügig zu machen, damit sie dem Dämon mit den Karfunkelaugen dienten.
Ich haßte ihn.
Ich haßte alles, was mit ihm zusammenhing. Im Laufe der Jahre hatte ich meine bösen Erfahrungen mit ihm gemacht. Ich hatte ihm und seinen Dienern Niederlagen beigebracht, doch auch meine Freunde und ich hatten Federn lassen müssen.
Die Templer um Abbé Bloch herum jagten ihn und seine Getreuen ebenfalls, doch es war auch ihnen noch nicht gelungen, einen Sieg zu erringen.
Ich nahm die A 3 in südlicher Richtung, um später auf die A 24 zu fahren. Die Autobahn verließ ich in Höhe von Merton, um über Land zu fahren.
Basil Bassett hatte mir eine gute Beschreibung mit auf den Weg gegeben und sogar aufgeschrieben, wie ich das Ziel am schnellsten erreichen konnte.
Die Umständen standen diesmal auf meiner Seite, denn der Verkehr hielt sich in Grenzen. Es gab keine Ausflügler, die bei diesem Wetter durch die Gegend gondelten, und der Berufsverkehr lief auch nur spärlich. Das Wetter hatte sich nicht geändert. Mal prasselten Hagelkörner auf den Rover nieder, mal wurde er von den wirbelnden Flocken eines Schneeschauers umtanzt.
Dann sah ich wieder blauen Himmel in den breiten Wolkenlücken und konnte die Scheibenwischer abschalten.
Zwischendurch telefonierte ich mit den Bassetts. Der Kidnapper hatte noch nicht angerufen, aber Suko war inzwischen eingetroffen. Er meldete mir, daß bei der Familie alles okay war.
»Ruf mich zurück, wenn der Henker etwas von sich hören gelassen hat.«
»Verlaß dich darauf.«
Ich mußte mich auf die Wegbeschreibung konzentrieren. Mein Weg führte durch kleine Orte, in denen schmucke Häuser standen. Ich rollte über Brücken, durch Waldstücke, sah Felder und schaute über die Kuppen weicher Hügel hinweg.
Die ehemalige Kirche oder was immer es auch gewesen sein sollte, stand nicht direkt in einem Ort, sondern praktisch zwischen zwei Dörfern. Zu ihr sollte ein schmaler Weg führen, der nicht asphaltiert war. Die Einmündung hatte Mr. Bassett mit einem roten Kreuz auf der Zeichnung markiert.
Ich fuhr, schaute wieder, fuhr weiter und warf dann und wann einen besorgten Blick zum Himmel, denn allmählich begann sich der Tag zu verabschieden. Ich hatte mir vorgenommen, das Haus im Hellen zu erreichen.
Mein Handy tönte.
Obwohl wenig Verkehr herrschte, stoppte ich am Rand der Straße und sprach als Parkender. Ich haßte es, wenn Leute während der Fahrt telefonierten.
Es war Suko, der etwas von mir wollte. »Der Entführer hat sich
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