1096 - Baphomets Henker
und Schlamm gefüllt.
Ein Vorteil lag auf meiner Seite. Um diese Zeit rechnete der Entführer noch nicht mit einem Besuch, und so konnte ich es auch langsam angehen lassen.
Ich schlich auf die Hauswand zu und atmete zunächst einmal auf, als ich sie ungesehen erreicht hatte.
Zwischen zwei Fenstern blieb ich stehen. Hinter beiden tanzten das Licht.
Es tat sich nichts.
Keine Stimmen. Kein Weinen. Das alte Haus war verlassen. Rissiges Mauerwerk sah ich dicht vor mir. Pflanzen hatten es geschafft, sich daran hochzuranken. Sie klammerten sich in den Rissen fest.
Auch das leicht vorstehende Dach bot an seinem Rand keinen Schutz mehr. Rinne und Pfannen waren eingerissen.
Ich mußte sehr vorsichtig sein, wenn ich durch eines der Fenster schaute. Es war vor allen Dingen wichtig, daß ich nichts riskierte, was das Leben der Amy Bassett hätte gefährden können.
Das hatte ich auch dem Vater versprochen.
Mein Handy war ausgeschaltet. Wenn sich so ein Ding zur unrechten Zeit meldete, konnte das in einer Katastrophe enden, und das wollte ich nicht riskieren.
Es blieb still in meiner Umgebung. Auch aus dem Haus war nichts zu hören. Dies wiederum war eine Ruhe, die mir auf keinen Fall gefallen konnte.
Ich wartete nicht mehr länger und hatte mich für das Fenster rechts von mir entschieden.
Der erste Blick von der Seite.
Er brachte nichts.
Der Winkel war zu schlecht und die verdammte Scheibe war zu schmutzig und zu klein. Ein Teil des Kerzenlichts schien regelrecht von ihr aufgesaugt zu werden.
Ich schob meinen Kopf weiter vor und ermöglichte mir eine bessere Sicht. Es gab einige Stellen auf diesem Fenster, die nicht so verdreckt waren, und so gelang mir tatsächlich ein erster besserer Blick in das Innere des Tempels.
Ich sah die Kerzen.
Sie standen auf dem Boden. Drei Lichtquellen zählte ich, aber das Kind war nicht zu sehen. Wenn es sich nahe der Flammen aufhielt, dann mußte es in einem toten Winkel sitzen, den ich nicht einsehen konnte.
Ich suchte den Henker!
Kurak war nicht zu sehen. Die Dunkelheit im vorderen Teil des Hauses deckte ihn. Ich sah auch nicht, ob das Haus mit Möbeln eingerichtet worden war, alles verschwamm in dieser lichtlosen Welt, auch der Eingang. Für mich gab es keine andere Möglichkeit, als an der Seite des Hauses vorbeizuschleichen und den Eingang vorn zu suchen.
Es war natürlich riskanter, das Haus auf dieser Seite zu betreten. Das konnte Gefahr für Amy bringen. Wiederum bewegte ich mich so leise wie möglich auf das neue Ziel zu. Der Himmel über mir hatte sich noch stärker verdunkelt, was nicht nur an der Wolkenwand lag, sondern auch an der hereinbrechenden Dämmerung.
Der Wind hatte aufgefrischt. Die Böen erwischten mich von der linken Seite wie Ohrfeigen.
Neben mir stieg das Dach an. Auch die Fenster lagen jetzt nicht mehr so niedrig. Ich konnte nicht einmal hineinschauen. Ich bewegte mich schneller. Das Gras wuchs hier ebenfalls recht hoch, und ich schleifte mit den Füßen hindurch.
Vor der Hausecke wurde ich langsamer. Ich spähte auch nach links, ob sich dort etwas tat. Es konnte sein, daß sich der Kidnapper draußen aufhielt und das Mädchen gefesselt zurückgelassen hatte, aber das war nicht der Fall. Von der Straße her hörte ich keine Geräusche. Die Menschen blieben lieber in ihren Häusern. Bei diesem Wetter kein Wunder.
Der Eingang befand sich zwar an der hohen Seite des Hauses, aber er lag trotzdem recht versteckt, weil ich mächtige Bäume schützten. Die Platanen standen da wie knorrige Wächter, und durch die Lücken zwischen ihren Zweigen sah ich einen Teil des Himmels, über den der Wind die Wolken jagte.
Die Tür war geschlossen.
Damit hatte ich gerechnet. Sie bestand aus Holz. Es gab kein Fenster, es gab kein Guckloch, dafür sah ich eine breite Klinke aus Metall.
Sie sah abgegriffen aus und schimmerte blank. Für mich ein Zeichen, daß sie in der letzten Zeit oft angefaßt worden war. Das mußte auch ich tun.
Es gab leider keinen anderen Weg, um das Ziel zu erreichen. Ich hatte mich auch innerlich darauf eingestellt, was ich tun würde, wenn man mich entdeckte. Auf keinen Fall wollte ich meine Identität preisgeben. Ich wollte versuchen, den Harmlosen zu spielen. Einen Fremden, der sich verlaufen hatte.
Der plötzliche Graupelschauer kam aus dem Nichts. Er erwischte mich noch vor der Tür stehend.
Das Zeug prasselte auf mich nieder, so daß ich unwillkürlich den Kopf einzog und den Kragen der Jacke hochstellte. Einen besseren Grund,
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