11 - Die Helden des Westens
und die Pfeife des Friedens mit euch zu rauchen. Er fragt nicht, weshalb deine Brüder in das ‚Singende Tal‘ gekommen sind. Sie wissen, daß jeder, welcher dasselbe betritt, hier an diesem Wasser lagert. Darum haben sie abwärts von hier haltgemacht und dich ausgesandt, um nachzuforschen, ob sich jemand hier befindet. Ist es so?“
„Ja“, bestätigte der Comanche.
„Wenn du wieder einmal unter den Büschen liegst, um fremde Krieger zu erkunden, so laß die Lider auf den Augen liegen, denn deine Augen waren es, welche dich mir verraten haben! Wie groß ist die Zahl deiner Brüder?“
„Zweimal zehn.“
„So gehe zu ihnen und sage ihnen, daß Winnetou und acht Bleichgesichter sie erwarten und als Freunde behandeln werden, auch ohne daß sie wissen, in welcher Absicht ihr gekommen seid. Daß ich dich ergriffen habe, kannst du ihnen verschweigen; ich werde es nicht erwähnen.“
„Die Güte des großen Häuptlings erfreut mein Herz. Ich werde nichts verschweigen, sondern die Wahrheit sagen, damit meine Brüder überzeugt seien, daß sie freundlich von euch empfangen werden. Von dem Auge Winnetous entdeckt zu werden, ist keine Schande, aber ich werde des Rates gedenken, den er mir gegeben hat.“
Der ihn umgebende Kreis öffnete sich, und er eilte davon.
Die Weißen, und zwar besonders die beiden Mexikaner, waren der Ansicht, daß es doch gewagt sei, einer Schar von zwanzig Comanchen so ohne weiteres die Annäherung zu gestatten. Der Apache aber erklärte in sehr entschiedenem Ton:
„Winnetou weiß stets, was er tut. Wenn die Krieger der Comanchen nach dem ‚Singenden Tal‘ reiten, so kann ihr Ritt nicht einem Kampf gegen die Apachen gelten. Jenseits dieses Tales liegt das hohe Grab eines ihrer größten Häuptlinge. Sie werden dasselbe besuchen wollen, um den jährlichen Totengesang dort anzustimmen. Wir aber werden ein Feuer anzünden, damit wir ihre Gesichter deutlich sehen. Um ganz sicher zu sein, empfangen wir sie nicht hier, sondern draußen vor dem Gebüsch.“
Das Feuer wurde von neuem angebrannt. Während dies geschah, zog Winnetou den Bärenjäger und dessen Sohn hinaus vor die Sträucher und sagte ihnen leise:
„Die beiden Bleichgesichter sind nicht das, für was sie sich ausgeben. Sie sprechen die Sprache der Yankees und wollen uns hier ermorden. Sie gehören zu den Geiern des Llano estacado. Winnetou vermutet, daß die Comanchen nach dem Llano wollen. Die beiden dürfen das nicht wissen. Darum hat er ihnen gesagt, daß jenseits dieses Tales ein Grab sei, was aber nicht wahr ist.“
Er konnte nicht weitersprechen, weil jetzt auch die anderen kamen, welche ein so großes Feuer angefacht hatten, daß der Schein desselben selbst durch und über die Büsche drang und das vor demselben liegende Terrain zur Genüge erleuchtete. Natürlich hatten sie ihre Waffen bei sich, um sich ihrer zu bedienen, wenn die Comanchen, den Erwartungen Winnetous entgegen, sich nicht friedlich verhalten sollten:
Bald vernahmen sie Hufschlag von Pferden. Die Erwarteten nahten sich. Sie blieben in kurzer Entfernung stehen. Ihr Anführer stieg vom Pferd und kam langsam herbeigeschritten. Winnetou ging ihm entgegen und bot ihm die Hand.
„Die Krieger der Comanchen sind uns willkommen“, sagte er. „Winnetou fragt nicht, was sie hier wollen; er weiß, daß sie das Grab ihres Häuptlings besuchen werden, um dann friedlich nach ihren Wigwams zurückzukehren.“
Das hatte er laut gesagt, leise aber fügte er schnell hinzu:
„Mein Bruder mag das bestätigen. Ich spreche dann mit ihm heimlich!“
Infolgedessen antwortete der Comanche laut:
„Meine Hand drückt mit Freuden diejenige Winnetous, welcher der größte Krieger der Apachen und doch stets ein Häuptling des Friedens ist. Wir sind bereit, das Kalumet mit ihm zu rauchen, denn wir befinden uns nicht auf dem Pfad des Krieges und wollen nur die Medizin des toten Häuptlings verehren.“
„Winnetou glaubt dieser Versicherung seines Bruders und ladet ihn und seine Krieger ein, mit zum Feuer der Friedenspfeife zu kommen.“
Die beiden Häuptlinge hatten sich die Hände gedrückt. Das genügte einstweilen als Beweis, daß die Comanchen nichts Böses beabsichtigten. Ihr Anführer ließ sich von Winnetou zum Feuer führen, und seine Leute folgten nach.
Sie verteilten sich zunächst rings auf dem Grasrand des kleinen Weihers, um ihre Pferde da anzupflocken, daß sie weiden und trinken konnten; dann traten auch sie einzeln zum Feuer.
An demselben ging es nun
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