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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sein. Oder ist es wirklich der Geist der Savanne gewesen? Dann wollte ich, er käme auf den guten Gedanken, sich einmal sehen zu lassen. Ich möchte doch gar zu gern wissen, wie ein Geist aussieht!“
    „Der Wunsch kann erfüllt werden. Sehen Sie sich ihn gefälligst an, meine Herren!“
    Diese Worte erklangen in deutscher Sprache hinter dem Busch hervor, an welchem sie halten geblieben waren. Einen Ruf des Schreckens ausstoßend, fuhren die beiden herum. Der, welcher gesprochen hatte, verließ das Gesträuch, welches ihm als Deckung gedient hatte.
    Er war von nicht sehr hoher und nicht sehr breiter Gestalt. Ein dunkelblonder Vollbart umrahmte sein sonnenverbranntes Gesicht. Er trug ausgefranste Leggins und ein ebenso an den Nähten ausgefranstes Jagdhemd, lange Stiefel, welche er bis über die Knie emporgezogen hatte, und einen breitkrempigen Filzhut, in dessen Schnur rundum die Ohrenspitzen des grauen Bären steckten. In dem breiten, aus einzelnen Riemen geflochtenen Gürtel steckten zwei Revolver und ein Bowiemesser; er schien rundum mit Patronen gefüllt zu sein. An ihm hingen außer mehreren Lederbeuteln zwei Paar Schraubenhufeisen und vier fast kreisrunde, dicke Stroh- oder Schilfgeflechte, welche mit Riemen und Schnallen versehen waren. Von der linken Schulter nach der rechten Hüfte trug er einen aus mehrfachen Riemen geflochtenen Lasso und um den Hals an einer starken Seidenschnur eine mit Kolibribälgen verzierte Friedenspfeife, in deren Kopf indianische Charaktere eingegraben waren. In der Rechten hielt er ein kurzläufiges Gewehr, dessen Schloß von ganz eigenartiger Konstruktion zu sein schien, und in der Linken eine – – – brennende Zigarre, an welcher er soeben einen kräftigen Zug tat, um den Rauch mit sichtlichem Behagen von sich zu blasen.
    Der echte Präriejäger gibt nichts auf Glanz und Sauberkeit. Je mitgenommener er aussieht, desto mehr hat er mitgemacht. Er betrachtet einen jeden, der auf sein Äußeres etwas gibt, mit souveräner Geringschätzung. Der größte Greuel ist ihm ein blankgeputztes Gewehr. Nach seiner festen Überzeugung hat kein Westläufer Zeit, sich mit solchem Schnickschnack zu befassen.
    Nun sah an diesem jungen fremden Mann alles so sauber aus, als sei er erst gestern von St. Louis aus nach dem Westen aufgebrochen. Sein Gewehr schien vor einer Stunde aus der Hand des Büchsenmachers hervorgegangen zu sein. Seine Stiefel waren makellos eingefettet und die Sporen ohne eine Spur von Rost. Seinem Anzug war kaum eine Strapaze anzusehen, und wahrhaftig, er hatte sogar seine Hände rein gewaschen.
    Die beiden starrten ihn an und vergaßen vor Überraschung, ihm zu antworten.
    „Nun“, fuhr er lächelnd fort, „ich denke, Sie wünschen den Flats ghost zu sehen? Wenn Sie den meinen, dessen Spur Sie gefolgt sind, so steht er vor Ihnen.“
    „Alle Wetter! Da bleibt mir mehrschtenteels gleich sofort der Verschtand schtille schtehn!“ rief Frank aus.
    „Ah, ein Sachse! Nicht?“
    „Sogar een geborener! Und off alle Fälle sind Sie en reener, unvermischter Deutscher?“
    „Ja, ich habe die Ehre. Und der andere Herr?“
    „Ooch, aus derselbigen schönen Gegend. Der freudige Schreck is ihm off die Schprache gefallen. Lange dauern tut's aber bei ihm nich, so kann er wieder reden.“
    Er hatte recht, denn jetzt sprang Jemmy aus dem Sattel und streckte dem Fremden die Hand entgegen.
    „Ist's möglich!“ rief er aus. „Hier am Devils Head einen Deutschen zu treffen! Kaum sollte man es glauben!“
    „Meine Überraschung muß doppelt groß sein, denn ich treffe ihrer ja zwei. Und irre ich mich nicht, so ist Ihr Name Jakob Pfefferkorn?“
    „Was? Meinen Namen kennen Sie?“
    „Ihnen ist's ja leicht anzusehen, daß Sie der ‚Dicke Jemmy‘ sind. Und könnte ich es da nicht erraten, so brauchte ich nur Ihren Klepper anzusehen. Trifft man einen dicken Jäger auf einem solchen Kamelgaul, so ist's der Jemmy. Und zufälligerweise habe ich erfahren, daß dieser bekannte Westmann eigentlich Jakob Pfefferkorn heißt. Aber wo Sie sind, da kann der lange Davy mit seinem Maultier nicht fern sein. Oder irre ich mich da vielleicht?“
    „Nein; er ist wirklich in der Nähe, gar nicht weit von hier nach Süden, wo das Tal in die Berge geht.“
    „Ah! Lagern Sie heut da?“
    „Gewiß. Mein Gefährte hier heißt Frank.“
    Frank war auch abgestiegen. Er gab dem Fremden die Hand. Dieser betrachtete ihn scharf, nickte ihm dann zu und sagte:
    „Wohl gar der Hobble-Frank?“
    „Herrjemine!

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