Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
welcher geradezu unbeschreiblich ist, und selbst der an dieses Schauspiel gewöhnte Westmann kann seine Seele, sein Gemüt dem Eindruck desselben nicht entziehen. Er, der gewöhnt ist, sich nur auf sich selbst zu verlassen, fühlt sich klein und ohnmächtig solchen geheimnisvollen Kräften gegenüber. Er denkt an Gott, dessen er vielleicht seit langer Zeit vergessen, und als fromme Jugenderinnerung steigen in seinem Gedächtnis die in der Schule so oft gehörten Worte des Psalmisten auf: „Wo soll ich hingehen vor deinem Geist, und wo soll ich hinfliehen vor deinem Angesicht! Führe ich gen Himmel, siehe, so bist du da; bettete ich mich in die Hölle, siehe, so bist du auch da; nähme ich Flügel der Morgenröte, so würde doch deine Hand daselbst mich führen und deine Rechte mich halten!“ Ganz dasselbe denkt und fühlt auch der Indianer. „Weh-ku-on-peh-ta-wakon-schetscha“, das ‚Wigwamfeuer des großen Geistes‘ nennt der Sioux dieses Wetterleuchten. ‚Manitou ahnima ahwarren-ton‘, zu deutsch: „Ich habe Manitou im Blitz gesehen“, sagte der Yutah-Schlangenflußindianer, wenn er den Seinen berichtet, daß er seinen Weg bei dieser ‚elektrischen Beleuchtung‘ zurückgelegt habe.
    Diese elektrischen Entladungen können im Kriegsfall sehr gefährlich werden. Der Indianer glaubt nämlich, daß derjenige Krieger, welcher des Nachts getötet wird, in den ewigen Jagdgründen in immerwährender Finsternis leben müsse. Darum sucht er jeden nächtlichen Kampf möglichst zu vermeiden, und darum führt er den Angriff am liebsten im ersten Morgenlicht aus. Wer aber im ‚Feuer des großen Geistes‘, im Wetterleuchten stirbt, der ist nicht auf dunklem Pfad in das Jenseits gegangen und wird auch dort die Jagd- und Kriegspfade erleuchtet finden. Aus diesem Grund scheut der Indsman sich nicht, beim Schein zuckender Wetter anzugreifen, und gar mancher, der das nicht wußte oder nicht beachtete, hat seine Unwissenheit oder Unvorsichtigkeit mit Skalp und Leben büßen müssen. –
    Der kleine Hobble-Frank hatte dieses bei heiterem Himmel ihm unerklärliche Wetterleuchten noch nie beobachtet. Darum sagte er zu dem dicken Jemmy, hinter welchem er ritt:
    „Herr Pfefferkorn, Sie sind drüben in Deutschland 'mal Gymnasiast gewesen und werden sich wohl noch een bißchen off Ihren psychikalischen Unterricht besinnen können. Warum blitzt und leuchtet es denn eegentlich hier so sehre?“
    „Es heißt physikalisch und nicht psychikalisch“, verbesserte der Dicke.
    „Dadervon werden Sie wohl gar nich viel mehr verschtehen als ich. Wissen Sie, ich hab' ooch meine Meriten; das können Sie mir offs Wort drauf glooben, besonders in der Orthographie und Konterpunktion. Ich weeß ganz genau, wie so een Fremdwort geschrieben wird, und da werd' ich's wohl ooch richtig ausschprechen können. Verschtanden? Ob ich sag' psychikalisch oder physikalisch, das is dem deutschen Kaiser ganz egal. Die Hauptsache is, daß man das Yxilump richtig ausspricht.“
    „Ypsilon heißt es.“
    „Was? Wie? Ich soll nich mal wissen, wie der vorletzte Buchstabe meines vaterländischen Alphabetes ausgeschprochen wird? Wenn Sie mir das nochmal sagen, da kann was drauf erfolgen, was Sie sehre leicht in eene Gemütskrankheit versetzen kann. So was läßt sich een Verehrer der Wissenschaft nich so leicht gefallen. Sie wissen mir off meine Frage keene akademische Antwort zu versetzen, und darum versuchen Sie es nun, sich off Schleichwegen heemlich aus der Falle raus zu beißen. Aber wenn Sie denken, daß Ihnen das gelingt, da irren Sie sich mehrschtenteels in mir. Ich bin ganz der Mann, Ihnen zu beweisen, daß der Müllerbursche keen Essenkehrer is. Ich hab' Sie nach dem Wetterleuchten gefragt, aber nich nach dem Yxilump und nach der psychikalischen Geometrie. Können Sie mir Antwort erteelen oder nich?“
    „Allemal!“ lachte der Dicke.
    „Nun, dann los damit! Also warum wetterleuchtet es hier gar so sehre?“
    „Weil viel Elektrizität vorhanden ist.“
    „So? Ach? Das nennen Sie eene Antwort? Nun, dazu braucht man wohl ooch keen Gymnasiast gewest zu sein! Ich hab' zwar keene Alma Vater besucht, ich bin keen Schtudent gewest und hab' ooch niemals kommerschiert und den Alexander gerieben, aber ich weeß doch ganz genau, daß Elektrizität vorhanden sein muß, wenn es leuchtet. Jede Wirkung hat ihre Ursache. Wenn eener eene Ohrfeige gekriegt hat, da muß een anderer vorhanden sein, der ihm die Maulschelle gegeben hat. Und wenn es wetterleuchtet,

Weitere Kostenlose Bücher