11 - Geheimagent Lennet auf der Insel des Schweigens
Meeresforscher, und er fügte heuchlerisch hinzu: »Das ist schade!«
»Wir kommen extra zurück, um es nachzuholen«, versprach Liane.
Vergnügt über den Schreck, den sie dem alten Herrn eingejagt hatte, kroch sie in ihr Zelt. Lennet verabschiedete sich und ging ebenfalls ins Zelt. Er war müde und hatte den Wunsch, auf der Stelle einzuschlafen.
Dennoch fragte er sich, ob er nicht noch einen Ausflug zu dem Haus unternehmen sollte, in dem die Forscher ihre Wohnräume, ihre Büros und ihre Laboratorien hatten.
Er überlegte noch, während er gleichzeitig gegen den Schlaf kämpfte, als er plötzlich an der Zeltwand ein Kratzen hörte und gleich darauf eine Stimme, die flüsterte:
»Schläfst du schon?«
Der gefiederte Pfeil
Es war Liane. Lennet war mit einem Schlag hellwach.
»Noch nicht«, sagte er und streckte den Kopf aus dem Zelt. Nacht lag über der Insel. Auf der einen Seite hörte man die Brandung, auf der anderen Seite, wo der Dschungel lag, das Summen und Zirpen von Millionen Insekten. Der Mond war noch nicht aufgegangen.
»Und dabei bin ich so müde«, fügte Lennet hinzu.
»Ich auch«, meinte Liane. »Ich glaube, ich könnte sechsunddreißig Stunden schlafen. Aber ich dachte…«
Jäh legte Lennet ihr die Hand auf den Mund. Sie fuhr zurück: »Bist du verrückt, oder was ist los?«
»Habe ich dir auf den Fuß getreten? Ich bitte um Verzeihung«, sagte er sehr deutlich und laut. »Ich verstehe: du findest es nötig, daß einer von uns Wache hält. Aber ich meine, wenn es hier eine Gefahr gibt, hätten die wackeren Leute uns bestimmt gewarnt!«
Als Liane antworten wollte, legte er ihr sanft den Finger auf die Lippen.
»Schlaf gut. Das ist das beste, was wir tun können.«
Und während er sprach, gab er dem Mädchen ein Zeichen, ihm zu folgen. Kriechend verließ er das Zelt.
»Gute Nacht!« sagte er laut und flüsterte der erstaunten Liane ins Ohr: »Wünsch’ mir so natürlich wie möglich ebenfalls eine gute Nacht.«
»Nun, ich sehe, du bist nicht sehr unterhaltend heute abend. Unsere kleine Fahrt hat wohl auch so einen Elefanten wie dich umgeworfen. Schlaf gut, aber schnarche nicht, sonst kitzle ich dich am Fuß!«
Lennet kroch zu den Büschen am Rand der Lichtung.
Liane wollte aufrecht gehen, aber ein zorniger leiser Pfiff Lennets veranlaßte sie, sich ebenfalls auf den Bauch zu legen. Bei den Büschen setzte Lennet sich hin, und Liane folgte seinem Beispiel.
»Was soll die Komödie?« fragte sie. »Der Herr Geheimagent wollen mir wohl imponieren?«
»Nicht im geringsten. Aber du bist doch schläfrig, oder nicht?«
»Todmüde!«
»Ich auch! Und zwar mehr als sonst. Selbst nach unserer Fahrt!«
»Was willst du damit sagen?«
»Daß uns dieser Plana ein Schlafmittel ins Essen getan hat.«
»Und wozu?«
»Um uns zu hindern, uns auf der Insel umzusehen.«
Liane gähnte höflich.
»Das ist möglich. Aber warum konntest du mir das nicht im Zelt sagen?«
Lennet gähnte ebenfalls.
»Wenn Plana uns Schlafmittel ins Essen getan hat, dann ist er auch fähig, uns kleine Wanzen ins Zelt zu schmuggeln.«
»Aber du könntest sie doch suchen und zerstören.«
»Und wie würde das zu Jerome Blanchet passen?«
»Zugegeben. Und warum mußte ich kriechen?« Liane gähnte etwas weniger höflich als zuvor.
»Die Zelte werden vermutlich beobachtet«, entgegnete Lennet und gähnte.
»Beobachtet?« fragte das Mädchen. »Aber es ist doch stockfinster.«
»Schon! Aber die Ferngläser mit Infrarot hat man nicht gerade für die Karnickeljagd erfunden. Wenn diesem Leutnant Plana danach zumute ist, kann er uns beobachten wie am helllichten Tag.«
»Infrarot, Robinson?« machte Liane und gähnte jetzt völlig unverhohlen.
»Infrarot! Freitag!« bekräftigte Lennet und renkte sich fast den Kiefer aus.
»Und wer ist der Verräter?«
Lennet musterte sie schweigend. Von den fünf Leuten auf der Insel wußte er, daß sie überprüft waren und daß sie nach menschlichem Ermessen keine Verräter sein konnten. Dagegen wußte er, daß Liane ihm den Streich mit dem abgelenkten Kompaß gespielt und es bisher weder zugestanden noch bedauert hatte. Wie aber sollte Liane an die Geheimnisse der Atropisten herankommen?
Lennet war zu müde, um weiter in diesem Rätsel herumzustochern.
»Ich tippe auf Baret«, sagte er.
»Der alte Herr, der so charmant ist? Nein, auf keinen Fall!«
»Also kann er nicht der Verräter sein. Auf wen tippst du?«
»Porticci!« erwiderte sie entschlossen.
»Wieso das?«
»Er
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