11 - Nie sollst Du vergessen
Millimeter Glas wahrscheinlich jemand war, der sie beobachtete, sich in Wünschen und Fantasien verlor, in Erregung geriet ... Sie wusste es. O ja, sie wusste es genau.
Er blieb und beobachtete die Fremde in dem fremden Schlafzimmer ein zweites Mal. Er blieb diesmal länger, gebannt vom Zauber ihrer Bewegungen, als sie Hals und Arme mit Körpermilch einrieb. Er hörte sich stöhnen wie einen pubertären Jungen, der das erste Mal einen Blick in den Playboy wirft, als sie ihre vollen Brüste zu massieren begann.
Er stand auf dem dunklen Friedhof und masturbierte. Während es zu regnen begann, bearbeitete er unter seiner Jacke seinen Penis wie ein Mann, der Insektenvernichtungsmittel auf Blumen und Gräser pumpt. Die Befriedigung, als er zum Erguss kam, war schal, und er verspürte keinerlei Lust. Nur bittere Scham.
Die überflutete ihn auch jetzt wieder, hier, in seinem Wohnzimmer, schwarz und demütigend, während er an Connies Sekretär saß. Er betrachtete die Hochglanzfotografie des Opernhauses von Sydney, nahm eine Aufnahme des Freilichttheaters in Santa Fe zur Hand, wo unter einem Sternenhimmel Die Hochzeit des Figaro gesungen wurde, legte dieses zur Seite und griff zu dem Bild einer schmalen altmodischen Straße in Wien. Eine Finsternis des Gemüts umfing ihn, während er das Foto mit starrem Blick ansah, und er hörte eine Stimme, die er kannte, die Stimme seiner Mutter, die den jungen Ted viele Jahre lang beherrscht hatte, schnell fertig mit ihrem Urteil und noch schneller mit der Verurteilung.
»Lieber Gott, Teddy, das ist doch reine Zeitverschwendung. Wie kann man nur so dumm sein.«
Ja, er war dumm gewesen. Er hatte kostbare Stunden damit vergeudet, sich von Eugenie und sich selbst Bilder zu machen an diesem oder jenem Ort, unantastbar wie zwei Schauspieler auf einem Filmstreifen, der nichts duldete, was den Moment getrübt oder die Personen in ein schlechtes Licht gesetzt hätte. In seiner Fantasie gab es kein grelles Sonnenlicht auf alternder Haut, kein ungepflegtes Haar, keinen Atem, dem die Frische fehlte, keinen krampfhaft zusammengekniffenen Schließmuskel, um das peinliche Entweichen eines Darmwinds zu verhindern, keine dick gewordenen Zehennägel, kein schlaffes Fleisch und vor allem kein Versagen, wenn endlich der rechte Moment gekommen war. Er hatte sich eingebildet, in den Augen des anderen, wenn auch nicht der Welt, würden sie beide ewigjung sein. Und das hatte für ihn als Einziges gezählt: wie sie einander sahen.
Aber Eugenie hatte anders empfunden. Das begriff er jetzt. Weil es einfach nicht natürlich war, dass eine Frau einen Mann so viele Monate lang, die unausweichlich zu Jahren wurden, auf Abstand hielt. Es war nicht natürlich. Und es war nicht fair.
Sie hatte ihn als Strohmann benutzt. Es gab keine andere Erklärung für die Anrufe, die sie erhalten hatte, die nächtlichen Besuche in ihrem Haus, die unerklärliche Fahrt nach London. Sie hatte ihn als Strohmann benutzt, um ihre gemeinsamen Freunde und Bekannten in Henley - ganz zu schweigen vom Vorstand des Sixty Plus Club - zu täuschen. Wenn die glaubten, sie unterhielte eine züchtige Freundschaft mit Major Ted Wiley, würden sie nicht so leicht auf den Gedanken kommen, dass sie eine gar nicht züchtige Beziehung zu einem anderen unterhielt.
Dummkopf. Dummkopf. Wie kann man nur so dumm sein. Durch Schaden wird man klug. Ich hätte dich für klüger gehalten.
Aber wie sollte man denn klüger werden? Mit kluger Voraussicht handeln hieß doch, niemals Nähe zu einem anderen Menschen zu riskieren, aber von solcher Feigheit hielt Ted nichts. Seine Ehe mit Connie - so viele Jahre lang glücklich und befriedigend - hatte ihn übermäßig optimistisch gemacht. Sie hatte ihn glauben gelehrt, dass eine derartige Beziehung wieder möglich sei, durchaus keine Seltenheit, sondern etwas, auf das man hinarbeiten konnte, das, wenn auch nicht mit Leichtigkeit, so doch mit ernsthaftem Bemühen, das auf Liebe gründete, zu erreichen war.
Lügen, dachte er, alles Lügen. Lügen, die er sich selbst erzählt und bereitwillig geglaubt hatte, wenn Eugenie sie erzählte. Ich bin noch nicht bereit, Ted. In Wirklichkeit war sie für ihn nicht bereit gewesen.
Das Gefühl, verraten worden zu sein, war wie eine Krankheit, die langsam in ihm entstand. Es begann in seinem Kopf und breitete sich in seinem ganzen Körper aus. Ihm schien, er könnte es nur besiegen, wenn er es aus seinem Körper herauspeitschte, und hätte er eine Peitsche zur Hand
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