110 - Herrin der Seelen
Don Chapman wußten das.
Don Chapman tastete nach den Dämonenbannern und der Weihwasserphiole, die sich im vorderen abgeteilten Fach der Reisetasche befanden. Ein paar gnostische Gemmen und bunte Kreidestücke, mit denen man magische Kreise aufzeichnen konnte, waren auch noch dort untergebracht, ferner zwei Holzpflöcke zum Pfählen von Vampiren, ein mit silbernen Kugeln geladener Revolver und eine Leuchtpistole, die Pyrophorkugeln verschoß und Signale, die in Form von Dämonenbannern aufflammten. Es war die Kampfausrüstung von Coco Zamis, Unga, Burian Wagner und von Don Chapman. Auf dem Pariser Flughafen Orly und auch in München-Riem hatte Coco Zollbeamte hypnotisieren müssen, die allzu neugierig gewesen waren und unbedingt einen Blick in die Tasche hatten werfen wollen. Seinen Kommandostab trug Unga in einer Schlaufe unter der Jacke. Bei seiner Größe und Breite konnte der Cro Magnon schon etwas an seinem Körper verstecken.
Toni Ebner ging über die Straße und in den Wald hinein. In der Nähe der Straße befand sich eine Lichtung. Auf dieser stand der große schwarze Stein, den Coco, Unga und Burian Wagner schon vom Lastwagen aus gesehen hatten.
Ein exotischer und fremdartiger Duft schlug ihnen entgegen. Ein Mann und eine Frau standen bei dem Monolithen, aus dessen unteren Teil eine Statue herausgearbeitet war.
Rechts und links von diesem Monolithen wuchsen herrliche Blumen, wie Coco noch nie welche gesehen hatte. Auf dornigen Stöcken blühten berauschend duftende Blumen in allen Farben des Regenbogens. Manche Blüten zeigten mehrere Spektralfarben. Obwohl die frühe Morgenstunde schon vorbei war, hingen Tautropfen an den Blütenkelchen. Einige Blüten hatten die Größe von Rosen, andere die einer geballten Faust; ein paar waren noch größer und wieder andere nur so klein wie ein Fingerhut. Es wuchsen Dutzende von Blüten an den beiden Dornenbüschen.
Coco betrachtete die geheimnisvollen und fremdartigen Blumen bewundernd und war von ihrer Schönheit hingerissen. Auch Unga und Burian Wagner schauten die Blumen an; nur Don Chapman zog es vor, in der Versenkung zu bleiben.
Aus dem unteren Teil des Monolithen, dessen Spitze bis in die Baumwipfel hinaufragte, war der Erzdämon Luguri herausgehauen. Keinen anderen konnte diese lange, hagere Gestalt mit den Glotzaugen und den langen, dürren Krallenfingern darstellen.
Unga und auch Coco hatten einige Male mit dem Erzdämon der nach jahrtausendelangem Schlaf wiederbelebt worden war und die Führung der Schwarzen Familie an sich gerissen hatte, zu tun gehabt.
Die Gruppe trat nun auf die Lichtung. Coco betrachtete sich die Luguristatue genau. Sie hielt eine Blutschale in den Klauenhänden und reckte sie vor. Das Luguristandbild war zwei Meter hoch. Die Blutschale befand sich in Augenhöhe. Der Monolith zeigte über der Statue sieben Vertiefungen, Blutnäpfchen, deren Zweck Coco nur allzugut kannte. Dem Erzdämonen Luguri wurde Blut geopfert; er ergötzte sich daran; und nur allzuoft überlebten die Opfer die Blutspende nicht.
Die drei Männer, die Coco und ihre Begleiter hergebracht hatten, und auch der Mann und die Frau auf der Lichtung reckten jetzt die Hände empor. Sie grüßten die Luguristatue. Coco sah, daß ihre Handflächen blutige Wunden aufwiesen, frische und alte.
Unga spähte mißtrauisch umher. Er gab Burian Wagner die Tasche mit Don Chapman und den Dämonenbannern und -waffen, um die Hände freizuhaben, wenn es hart auf hart kam.
Ein dumpfes Grollen erklang. Es kam von der Statue, die gewiß aus einem Steinbruch stammte. Statue und Monolith bestanden aus grauem Basalt, und man sah, daß sie noch nicht lange aus dem Fels gehauen waren.
Die Glotzaugen der Statue begannen zu glühen.
„Der finstere Herr sieht uns!" riefen die fünf Dämonendiener ekstatisch.
Coco erschrak. Ein Gedanke keimte in ihr auf. Es war gut möglich, daß Luguri oder Dämonen aus seinem engsten Kreis durch die Dämonenstatuen schauen konnten. Es geschah oft, daß Darstellungen von Dämonen wenigstens einen Abglanz von deren Macht besaßen. Die Dämonendiener zumindest schienen überzeugt, daß Luguri, von ihnen der finstere Herr genannt, sie betrachtete, in ihrer Mitte weilte. Aber mehr als Zuschauer - wenn überhaupt - konnte er nicht sein. Sonst hätte er etwas gegen Coco, Unga und Burian Wagner unternommen.
Der Mann und die Frau, die auf der Lichtung gewartet hatten, traten nun zu den Dornbüschen mit den farbenprächtigen Blüten. Mit verzücktem
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