1101 - Die Rache des Griechen
betrat sie das Bad, machte Licht und schaute sich im Spiegel an.
Es war keine Fremde, deren Gesicht Sheila sah. Sie kam sich gezeichnet vor. Die verquollenen Augen, die Wangen ebenfalls. Der etwas verschmierte Lippenstift sowie das leicht ausgelaufene Augen-Make-up.
Sie ließ das Wasser laufen, nahm Seife, wusch ihr Gesicht, trocknete es ab, schaute danach wieder in den Spiegel und sah äußerlich besser aus.
Innerlich fühlte sich Sheila wie gerädert.
Sheila achtete auf jedes Geräusch. Sie zuckte immer dann zusammen, wenn sie einen fahrenden Wagen hörte. Es kam nicht so oft um diese Zeit vor, aber keiner bog in die Straße ein, in der Sheila wohnte.
Sie wußte, daß Jane sich beeilen würde. Und sie wußte auch, daß sie ihr Unrecht tat, wenn sie sie jetzt verdammte, weil sie so angespannt war.
Plötzlich war sie da. Sheila sah die beiden Scheinwerfer, die auf das offene Tor zuschwenkten und ihre langen Fahnen über den Weg warfen.
Sie kam - endlich. Sheila hörte, wie der Golf am Haus vorbeifuhr und vor den Garagen gestoppt wurde.
Sehr schnell stieg Jane Collins aus. Die Wagentür hämmerte sie zu.
Dann ließ sie Sheila entgegen. Sie trug ein braunes Kostüm und darunter einen hellen Pullover, als wollte sie ausgehen. Wahrscheinlich hatte sie in der Eile nach der ersten Kleidung geschnappt, die greifbar gewesen war.
»Sheila - mein Gott…« Die beiden Frauen umarmten sich, und Jane merkte, daß Sheila weinte.
»Ist es denn so schlimm?« Sie hätte noch mehr gefragt, aber sie traute es sich nicht.
»Laß uns reingehen, Jane.«
»Okay.«
Sheila brachte Jane in Bills Arbeitszimmer. Sie hatte nicht alle Lampen eingeschaltet, die Message auf dem Schirm sollte gut zu lesen sein, aber zuvor goß sie Cognac in die Schwenker. »Hier, du wirst auch einen brauchen können.«
»Ja, natürlich«, sagte Jane, wobei in ihrer Antwort die Unsicherheit durchklang.
»Lies erst mal.«
»Wo?«
»Auf dem Monitor.« Jane mußte einige kleine Schritte gehen, um einen Blick auf den Bildschirm werfen zu können. Lange brauchte sie nicht zu schauen. Plötzlich vereiste sie. Das Glas in ihrer Hand zitterte.
»Das… das … ist doch wohl ein Witz!«
»Nein!« schrie Sheila, weil sie sich nicht mehr beherrschen konnte. »Es ist kein Witz! Dieses Schwein will meinen Sohn nicht nur töten. Es will ihn auch zerstückeln…«
Jane Collins war totenbleich geworden und hatte eine Gänsehaut bekommen. Sie leerte das Glas beinahe mit einem Schluck und stellte es hart ab.
Sheila hatte sich in einen Sessel gesetzt und starrte ins Leere. »Es ist kein Witz. Es ist die Rache des verdammten Griechen. Eines Mannes, den wir schon längst vergessen hatten, der uns aber nicht vergaß und sich jahrelang mit seiner Rache hat beschäftigen können, um sie so perfekt wie möglich zu machen.«
»Wer ist es?« fragte Jane.
»Aristoteles Leonidas.«
Jane überlegte. »Ja, den Namen habe ich schon gehört, aber ich schaffe es nicht, ihn in einen Zusammenhang mit euch zu bringen. Das muß wirklich länger zurückliegen.«
»Liegt es auch. Der Mann gibt uns die Schuld am Tod seiner Tochter, und das hat er nicht vergessen. Früher einmal war er ein Psychonautenjäger. Er wollte so sein wie sie. Darüber hat er alles vergessen, auch seine Tochter und merkte nicht, daß sie in die Terroristenszene abrutschte. Jetzt weißt du es.«
»Ja, und ich erinnere mich auch. So schwach kommt es hervor. Nur weiß ich nicht, was jetzt passiert ist.«
»Er hat Johnny.«
»Auch Bill?«
Sheila schüttelte den Kopf. »Ja und nein, ich weiß es nicht so genau. Jedenfalls wollen Bill, John und auch Suko versuchen, Johnny aus den Händen des Griechen zu befreien. Er sitzt auf einer Insel, die er gekauft hat. Sie heißt jetzt Sodom, getreu nach der alten biblischen und sehr verdorbenen Stadt. Du kannst dir vorstellen, Jane, was das bedeutet.«
»Aber wenn sie dort sind, besteht doch Hoffnung.«
»Sie waren schon da, als mich die Nachricht erreichte. Würdest du das als Hoffnung bezeichnen?«
Jane war ehrlich und schüttelte den Kopf.
»Und ich sitze hier, drehe fast durch und weiß nicht, wie ich helfen kann, Jane.«
Die Detektivin näherte sich der Freundin. »Drücke ihnen die Daumen, bitte.«
»Sag nicht Daumen.«
»Entschuldige.«
»Verstehe doch. Ich habe Hoffnung gehabt. Ich dachte, wenn die drei Männer losfahren, dann wird es schon klappen, aber auch sie melden sich nicht. Ich habe versucht, sie telefonisch zu erreichen, aber…«
»Es können
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