1114 - Der Pestmönch
reinen Logik zu begegnen, das brachte ihm höchstens schlimmen Frust ein, sonst nichts.
»Es ist also zu spät - oder?«
Der Mönch nickte. »Die Vorbereitungen sind abgeschlossen. Nichts kann den Plan des Höllenherrschers jetzt noch stoppen. Er wird sich freuen, wenn die Pest wieder ausbricht und wenn sie von denen gebracht wird, die niemand in Verdacht hat. Von alten Menschen, die zurück zu ihren Familien kehren werden. Zu ihren Kindern und auch Enkelkindern, wobei diese Personen nicht wissen, mit wem sie es da zu tun haben. Sie sind ahnungslos, aber sie werden es nicht lange bleiben. Spätestens wenn die ersten Toten in London gefunden werden, muß die Welt aufhorchen. Dann wird es zu spät sein…«
»Neinnn!« Britta hatte geschrien. Ihr Schrei verhallte nicht. Wie von einer weichen Wand wurde er geschluckt. »Das kann ich nicht glauben! Das darf alles nicht wahr sein. Ich will nicht infiziert werden. Ich will es nicht!«
»Auch du«, sagte der Mönch nur.
Suko dachte über dieses Problem gar nicht erst nach. Ihm war klar, daß er sich am falschen Ort aufhielt, um etwas unternehmen zu können. Aber im Zentrum hielten sich John und Glenda auf. Sie waren dort, wo sich auch dieser Lorenzo befand. Und der Geisterjäger war ein Mensch, dem man so leicht nichts vormachen konnte. Der sich auch zu wehren verstand. Er sprach den Mönch an, der geduckt neben ihm stand. »Sie werden auffallen, wenn sie zurück zu ihren Kindern und Enkeln kehren. Was glaubst du, was die Menschen sagen werden, wenn plötzlich ihre Verwandten mit zwei Köpfen erscheinen?«
»Sie werden es nicht merken.«
»Wieso nicht?«
»Weil die Köpfe wieder verschwinden werden. Sie sehen dann völlig normal aus. Doch wenn es soweit ist, dann erscheinen sie aus den Schultern. Es sind diejenigen, die vor langer Zeit starben. Die Macht des Teufels hat ihnen erlaubt, wieder zurückzukehren. Man sieht sie so, wie sie waren, und es war Lorenzo, der alles in die Wege geleitet hat. Seine Getränke haben die alten Menschen infiziert. Die Gene der Pest waren nicht zu vernichten.«
Suko konnte die Worte nachvollziehen, obwohl ihm beinahe schwindelte. Britta nicht. Sie wollte es nicht wahrhaben. Sie schüttelte den Kopf. Sie trat zurück, und sie begann zu jammern. Sie flüsterte.
Sie wollte, daß dies alles nicht stimmte und sie nur einen Alptraum erlebte, aber diese Welt gab es.
Die Zeitreise hatte sie sich nicht eingebildet, und so mußte sie sich auch weiterhin den schrecklichen Tatsachen stellen. In dieser Welt kam sie sich vor wie ein Mensch, dessen Seele man ermordet hatte.
Für Suko stand fest, daß er hier nichts ausrichten konnte. Er war einfach zu weit weg vom Geschehen. Die Gebeine würden ihm nichts tun. Sie blieben liegen. Er wollte weg aus der Vergangenheit und wieder zurück in seine Zeit kehren.
Aber davor stand der Mönch.
Er schaute ihn an. In seinem Gesicht bewegte sich nichts. Suko suchte vergeblich nach einem Hinweis darauf, was er mit ihnen vorhatte. Tatsache war, daß er sich auf die Seite des Teufels gestellt hatte, wie es so viele Menschen taten oder noch tun würden.
Andererseits wußte er nicht, ob der untote Mönch damit auch glücklich war.
Suko glaubte nicht daran. Es war kein Vergnügen, ewig zu leben und von der Gnade eines anderen abhängig zu sein. Deshalb wollte er diese Schiene benutzen.
»Du könntest einiges wieder gutmachen«, sprach er den Mönch an.
»Was sollte ich tun?«
»Uns zurückführen?«
»Und dann?«
»Du könntest mit in unsere Welt gehen.«
»Ich kenne sie.«
»Das ist gut. Fühlst du dich wohl?«
»Nein!« lautete die Antwort. »Ich kann mich dort einfach nicht wohl fühlen. Ich fühle mich auch hier nicht wohl. Ich weiß, daß ich weder in die eine noch in die andere Zeit gehöre. Ich habe einen Fehler begangen. Ich mußte dafür büßen. Es ist nicht schön, wenn man nicht sterben kann oder soll…«
»Deshalb hilf uns!«
»Wie?«
»Laß uns zurückkehren.«
Der Mönch bewegte sich nicht. Erst nach einer Weile schüttelte der den Kopf. »Es ist mein Schicksal. Ich habe dir darüber berichtet. Was soll ich in deine Zeit gehen und dort bleiben? Es wird sich für mich nichts verändern. Meine Aufgabe habe ich erledigt. Ich bin mit Lorenzo zusammengetroffen und habe damit die Bedingungen der Hölle erfüllt. Alles andere hat seinen Sinn verloren.«
»Ebensowenig wie du einen Sinn in deiner Existenz siehst. Ist es nicht so?«
»Ja.«
»Dann raff dich auf. Kehre mit uns zurück in
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