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112 - Der tägliche Wahnsinn

112 - Der tägliche Wahnsinn

Titel: 112 - Der tägliche Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingo Behring
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durch diese «provisorische Tür» erkannte man Umzugskartons.
    Im Bad sah es allerdings aus, als wäre der Einzug etwas länger her. Schmutzwäsche, ein beschmierter Badezimmerspiegel und eine halb abgerissene Gardine deuteten darauf hin, dass hier schon etwas länger gewohnt wurde. Vagabundierendes Wasser war aber nicht zu finden. Auch der Wannenabfluss war fest.
    «Tja. Tut uns leid, dass wir Sie stören mussten. Zumindest kommt das Wasser wohl tatsächlich nicht aus Ihrer Wohnung», entschuldigte ich mich brav, woraufhin der Bewohner im kompakten Schrankformat irgendetwas in seine Zahnbürste nuschelte.
    Bei einer erneuten Unterredung mit dem Geschädigten aus der zweiten Etage stellte sich heraus, dass er in der letzten Woche eine neue Deckenlampe im Bad aufgehängt hatte. Wozu natürlich ein paar Schrauben in die Decke mussten, für die der Mann Löcher bohrte. Jetzt schimmerte uns, was den «Puff» verursacht haben konnte: Die Lampe hing etwa dort, wo das Abwasserrohr des Waschbeckens aus der dritten Etage durch den Boden geführt wurde. Das hatte er vermutlich getroffen, und dieser Umstand erklärte auch, warum das Wasser nur sporadisch aus der Decke tropfte. Etwa dann, wenn sich der Mieter im dritten Stock bei laufendem Wasser die Zähne putzte.
    Da nicht besonders viel Wasser austrat, gaben wir dem Mieter aus dem zweiten Stock den Tipp, den Schalter in seiner Zwangsarbeitslosigkeit zu belassen.
    «Ich würde Ihnen empfehlen, die Sicherung für das Bad auszuschalten, da das Wasser sich auch in andere Bereiche ausgedehnt haben könnte», schlug ich vor. «Wenn der Installateur, der unten bei Ihrer Nachbarin tätig werden muss, noch Zeit hat, können Sie vielleicht einen Paketpreis aushandeln, damit er das defekte Abwasserrohr repariert.» Ob der missgelaunte Bär aus dem dritten Stock davon begeistert sein würde, sollte sein Badezimmerboden aufgerissen werden, war nicht mehr unser Problem. Wir verabschiedeten uns, rissen unseren Wachführer aus den Klauen der schimpfenden Kittelfrau und stiegen wieder ins Löschfahrzeug.
    «Was war denn da los? Deine Rückmeldungen waren ja etwas seltsam», fragte Kevin neugierig den Chef. «Woher kam denn jetzt das Wasser, aus dem ersten oder dem dritten Stock?»
    «Ach, wenn alles so einfach zu beantworten wäre», seufzte unser Anstaltsleiter.
    Auf der Rückfahrt erzählten wir Kevin, was in dem Haus so los war.
    «Das geht da wie im Kino zu. Nur Bambule in der Hütte, und der eine kann den anderen nicht leiden», meinte Steffen. «Und gleich zwei verschiedene Wasserschäden im Abflusssystem. So etwas habe ich noch nicht erlebt.»
    «Und während die Frau aus dem ersten Stock sich völlig ignorant verhielt, hatte der Typ darüber eine ziemlich kreative Idee gehabt, was den Lichtschalter anging.»
    «Apropos kreative Idee», fiel Steffen ein. «Was machen wir jetzt mit den Nudeln? Die sind doch inzwischen bestimmt hart wie Fensterkitt.»
    «Der Pizza-Onkel wird sich freuen», sagte ich und ging gedanklich schon mal die Speisekarte durch.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 10 Heinz hat Herz
    Ein sonniger Tag ging zu Ende, es war aber immer noch drückend warm. Zusammen mit Manfred putzte ich bei gefühlten vierzig Grad die Rettungswagenunterkunft. Wie bei so einem heißen Sommertag zu erwarten, hatten wir am Nachmittag bereits einige Patienten mit Atemnot verarzten müssen, als der Melder lospiepste und damit unsere ungeliebte Arbeit unterbrach: «Notarzteinsatz. Kopernikusstraße 15 . Herz bei Deckstein.» Manfred legte den Lappen weg und sagte: «Hoffentlich wohnt der im Erdgeschoss. Ich breche zusammen, wenn wir bei dem Wetter den Patienten womöglich durch ein enges Treppenhaus runterschleppen müssen.»
    Wir besetzten unseren Rettungswagen und schlängelten uns mit Alarm durch den Berufsverkehr. Vor Ort trafen wir mit dem Notarzt-Einsatzwagen fast zeitgleich ein. Von Frau Deckstein, die uns die Tür geöffnet hatte, wurden die Ärztin, Manni und ich in den Wintergarten eines schmucken Bungalows geführt, in dem die Abendsonne trotz geöffneter Terrassentür ganze Arbeit leistete, um die Luft aufzuheizen. Auf einer Gartenliege befand sich unser Patient: Er schwitzte stark, atmete sehr tief und reagierte kaum, als die Notärztin ihn ansprach. Dafür ratterte die Ehefrau gleich los: «Mein Heinz hat Herz! Bestimmt! Hatte der bereits vor zwei Monaten! Da hat er einen Bypass bekommen. Und die im Krankenhaus haben gesagt, wenn etwas ist, soll er auf jeden Fall sofort

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