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112 - Monster im Prater

112 - Monster im Prater

Titel: 112 - Monster im Prater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Gespür, das ihm in vielen Situationen schon
geholfen hatte.
    „Greifen Sie
zu, Andreas ... Solange ich hier bin, lebe ich nur von frischen Hörnchen und
Würstel aus dem Prater.“
    „Ist das
nicht eintönig?“.
    „Für eine
kurze Zeit kann ich das machen. Noch sieben Tage bin ich hier, dann geht’s
weiter.“
    „Wohin?“
    „Zunächst
nach Salzburg. Dann werde ich wohl das ganze Seengebiet abklappern. Attersee,
Mondsee, Wörthersee, Wolfgangsee ... Um diese Jahreszeit und bei dem noch
beständigen Wetter halten sich dort - wie hier in Wien - viele Touristen auf.
Und jedermann - ob Einheimischer oder Tourist lässt sich gern mal in ein Zelt
locken, um ein leibhaftiges Monster zu bewundern.“
    Wibbert, dem
die heiße Wurst schmeckte, blickte auf. Er grinste leicht. „Das gibt’s doch gar
nicht, Istvan, nicht wahr?“
    „Wie kommen
Sie darauf, Andreas?“
    „Denke ich
mir einfach.“
    „Sie denken
falsch. Glauben Sie wirklich, dass auch nur eine einzige Person in meine
Vorstellung käme, wenn sicher wäre, dass ich meine Kunden betrüge?“ Er hob die
schwarzen, buschigen Augenbrauen, dann lachte er los. „Ist natürlich Unsinn.
Werden Sie auch einsehen ...“ Er redete den harten Akzent, der typisch war für
die östlichen Völker, wenn sie sich einer anderen Sprache bedienten. „Jeder,
der das Monster sehen will, kann dies tun.“
    „Aber Sie
verbieten den Zuschauern, die Ihre Vorstellungen besucht haben, darüber zu
sprechen, habe ich gelesen.“
    „Richtig“,
Perkush grinste von einem Ohr zum anderen und zeigte lachend zwei Reihen
blendend weißer, gepflegter Zähne. „Ich kann doch mein eigenes Geschäft nicht
kaputtmachen. Wenn jeder weiter erzählt, was er gesehen hat, dann ist es
uninteressant für einen anderen, sich die Vorstellung auch noch anzusehen. Dem
muss ich natürlich Vorbeugen. Ich möchte nicht in wenigen Monaten pleite sein
... Sie haben meine Vorstellung noch nicht gesehen?“
    „Nein. Ich
bin erst seit drei Tagen in Wien und heute zum ersten Mal im Prater.“ Die Lüge
ging ihm glatt und überzeugend über die Lippen. „Ich habe vorhin erst Ihre
Plakate gelesen.“
    „Kommen Sie in
die nächste Vorstellung! Seien Sie mein Gast... und überlegen Sie sich’s gut,
ob Sie mitkommen wollen. Ich zahle gut. Ich kann aus dem einfachen Grund noch
gut zahlen, weil sensationelle Darbietungen immer ihr Publikum haben. Was ich
zu bieten habe, Andreas, ist wirklich einmalig ... Sie werden’s mit eigenen
Augen erleben.“
     
    ●
     
    Andreas Wibbert blieb zwanzig Minuten in Perkushs Wohnwagen. Danach
verabschiedete er sich und setzte seinen Weg durch den Prater fort. Er
spazierte die etwa fünf Kilometer lange Hauptallee entlang, die von alten,
mächtigen Kastanien gesäumt war. Am Ende dieser schattigen Promenade, in der
die nicht durch die Sonnenstrahlen erwärmte Luft schon recht kühl war, lag ein
gut besuchtes Café-Restaurant. Wibbert
drehte dort um. Auf halbem Weg zur Perkushs Schaubude zurück, stieß er auf ein
junges Mädchen. Es trug abgewetzte Bluejeans und einen selbstgestrickten
grobmaschigen Pullover, der ihr fast bis zu den Kniekehlen reichte. Die Fremde
versuchte, sich eine Zigarette anzuzünden, aber ihr Feuerzeug funktionierte
nicht. Da trat Wibbert hinzu und ließ das seine aufflammen. Die Schöne mit dem
langen, offenen Haar, das ihr ebenmäßiges, sommersprossiges Gesicht rahmte,
ließ sich gern bedienen und bedankte sich nickend. „Das ist nett von Ihnen“, lachte
sie ihn an. Sie gefiel ihm, und da sie allein war, kamen sie schnell
miteinander ins Gespräch. Sie hieß Marlene, kam aus Deutschland, war neunzehn
und trampte ziellos durch Europa. Zurzeit war sie in einer Wiener
Jugendherberge untergebracht. Sie redeten viel miteinander, und die Zeit bis
zur Rückkehr an Perkushs Schaubude verging wie im Flug. Vor den Stufen der
hölzernen Bühne hatten sich viele Menschen angesammelt. Istvan Perkush -
farbenprächtig gekleidet, wie ein echter Ungar aus dem Bilderbuch - hielt ein
Mikrofon in der Hand und animierte die Zuhörer, sich seine Show anzusehen. „Sie
ist sensationell und einmalig, Herrschaften“, dröhnte seine markige, dunkle
Stimme aus den beiden Lautsprechern links und rechts neben der Bühne. „Nutzen
Sie die einmalige Gelegenheit, das einzige, wirklich auf der Erde geborene
Monster kennenzulernen! Sie werden es nie vergessen, das garantiere ich Ihnen.
    „Wie sieht es
denn aus?“, wollte ein Zuschauer aus der Menge wissen.
    Perkush
lachte.

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