112 - Monster im Prater
einfach versprochen.“
„Kapier ich
noch weniger ... Und daran haltet ihr euch?“
Wibbert
nickte und kramte in seiner Erinnerung. Es war merkwürdig. Er wusste genau,
dass er etwas Außergewöhnliches erlebt und gesehen hatte. Aber - er konnte
nicht darüber sprechen! Es fiel ihm nicht ein, was es gewesen war, das sie
gesehen hatten ...
Er öffnete
die Lippen und wollte es formulieren. Es war sein fester Wille. Aber - er
schaffte es nicht. Es war wie eine Blockade, ein unüberwindlicher Widerstand,
der ihn davon abhielt, die Dinge beim Namen zu nennen. Perkush war ein wahrer
Hexenmeister! Das Ganze konnte nur auf hypnotischer Basis funktionieren. Er
hatte ihnen das Bewusstsein eines einmaligen Erlebnisses gegeben, aber er hatte
es verstanden, die Auskunft darüber zu blockieren und es dabei noch so
hinzustellen, dass der Einzelne glaubte, die Verschwiegenheit darüber sei seine
eigene Willensentscheidung. Der in der Lederjacke und seine Angeturnte zogen
weiter. „Man kann machen, was man will, nicht wahr“, wandte sich Wibbert an
Marlene Kersten. „Aber man kriegt’s einfach nicht mehr zusammen.“
„Mir geht’s
genauso“, murmelte die junge Frau an seiner Seite. „Was haben wir gesehen,
Andreas?“
„Ich kann es
nur so formulieren: Ich weiß es nicht mehr, und ich weiß es doch noch ... Aber
ich kann es dir nicht sagen!“
Er blieb
stehen, weil zwei Schritte von ihm entfernt ein
unauffällig gekleideter Mann stand, der eine Kamera ans Gesicht presste und
eine Aufnahme von Istvan Perkushs Zeltbude machte. Damit aber auch von ihnen,
die direkt davor standen. Es entging Andreas Wibbert und seiner Begleiterin,
dass der Fremde ein zweites und drittes Mal einen Schnappschuss machte, der nur
ihnen galt. Im Sucher des hochwertigen Fotoapparates waren Andreas Wibbert und
Marlene Kersten groß und deutlich zu sehen. Der Kameraverschluss klickte.
●
Danach nahm
der Mann den Fotoapparat herunter. „Danke“, sagte der Fremde, „dass Sie so nett
waren und mir aus der Schusslinie gegangen sind... Ich glaube, Sie waren vorhin
auch in der Show, nicht wahr?“, sprach er das Paar unvermittelt an. Es wurde
ihm bestätigt. Der Fremde trug einen leichten Trenchcoat, darunter eine beige
Hose und einen dünnen, kamelhaarfarbenen Pullover. „Kennen Sie den Besitzer der
Schaubude?“ „Flüchtig“, sagte Wibbert und wusste selbst nicht, warum er
misstrauisch wurde. „Warum wollen Sie das wissen?“
„Reine
Neugierde, sonst nichts. Ich habe gesehen, dass Sie zum Schluss mit ihm
zusammenstanden. Hat er Ihnen was verraten?“
„Was sollte
er mir verraten?“
„Nun, zum
Beispiel sein Geheimnis. Es ist doch merkwürdig, dass wir offenbar alle das
Gleiche gesehen haben - und es doch nicht weitergeben können. Ich nehme
jedenfalls an, dass es so ist. Ich habe die Show auch gesehen und die Menschen
beobachtet, die herauskamen. Allen stand noch der
Schrecken im Gesicht. Jeder wollte mit dem anderen über seine Eindrücke
sprechen. Aber in keinem Fall scheint etwas Gescheites dabei zustande gekommen
zu sein. Ich möchte es Ihnen auch gern erklären, was ich erlebt habe. Aber ich
kann es nicht.“
„Wir haben
uns durch unser Versprechen gebunden.“ Andreas Wibbert war zufrieden mit dem,
was er von sich gab.
„Ja“, sagte
da der Fremde, „so wird es wohl sein.“
Das Paar ging
weiter und verschwand schließlich in Richtung Geisterbahn. Offenbar wollten die
beiden Menschen im Dunkeln allein sein.
Hans
Pechsteiner war Österreicher. Dies war aber nicht sein erster Besuch im Prater.
Früher hatte er ihn schon kennengelernt, zusammen mit seiner Familie. Doch der
heutige Aufenthalt hatte einen anderen Grund und diente nicht dem Vergnügen.
Seit zwei Tagen streifte er durch den Prater und interessierte sich dabei und
besonders für die Zeltbude und Istvan Perkushs Monster-Schau. Pechsteiner
handelte im Auftrag der PSA, der inzwischen legendär gewordenen
Psychoanalytischen Spezial- Abteilung mit Sitz in New York. Er war einer der
zahlreichen Nachrichtenagenten, die ständig unterwegs waren und sich dort
umsahen, wo merkwürdige Dinge passierten. Die auf diese Weise gewonnenen Daten
wurden der PSA geliefert, um dem geheimnisvollen X-RAY-1 und den
Super-Computern Big Wilma und The clever Sofie die Möglichkeit zu geben, so
rasch wie möglich einzugreifen. Je brauchbarere Informationen Vorlagen, desto
schneller und sicherer konnte eine Aufklärung erfolgen. David Gallun alias
X-RAY-1, dessen wahren Namen
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