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1124 - Aus dem Reich der Toten

1124 - Aus dem Reich der Toten

Titel: 1124 - Aus dem Reich der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Täuschung, ein Schauspiel, aber ich mußte erst den eigenen Schatten überspringen.
    Die Säge summte. Sie war ein monströses Insekt, absolut tödlich, wenn man sie richtig einsetzte.
    Hinter mir hörte ich Noras Stimme. Sie drängte mich. »Tu es, John! Du mußt es tun. Nur so kannst du gewinnen. Er wird keine Rücksicht auf dich nehmen. Er wird dich brutal töten, wenn er dich in die Klauen bekommt. Deshalb mußt du schneller sein als er. Und befrei dich von dem Gedanken, daß du deinen verstorbenen Vater als einen Zombie vor dir hast. Das ist er nicht, hörst du? Er ist nicht dein Vater. Er ist auch kein richtiger Mensch!«
    Jedes Wort hatte ich genau verstanden. Und ich war auch in der Lage, darüber nachzudenken. Seltsamerweise schockte mich nicht der Inhalt der Erklärung, sondern mehr die Person, die mich darüber aufgeklärt hatte. Es war schon außergewöhnlich, daß Nora Thorn alles wußte. Daß mein Vater kein Zombie war, aber zugleich kein richtiger Mensch. Dann mußte sein Körper nur aus einer Hülle bestehen, die künstlich hergestellt worden war, obwohl er existierte.
    Ich erinnerte mich an einen bösen Fall, der noch nicht lange zurücklag. Es war in New York gewesen. Da war ich auf genmanipulierte Wesen gestoßen. Auf gefährliche Affen, die eigentlich beides waren, Mensch und Tier. Sah es hier ähnlich aus? Hatte ich es mit einem genmanipulierten Wesen zu tun?
    Nein, diesmal nicht. Diesmal gab es keinen Geheimdienst, der etwas vertuschen wollten. Hier hatte sich einiges entwickeln können, das einem dämonischen Keim entsprang. Da standen andere Mächte im Hintergrund, die dirigierten.
    Es war nicht viel Zeit vergangen, seit ich die Kettensäge an mich genommen hatte. Doch die Zeit kam mir lang vor, sehr lang sogar. Ich fühlte mich irgendwo weggetreten und hatte das Gefühl, nicht mehr durch die Realität zu wandern.
    Nora Thorn griff nicht ein.
    Sie wußte, daß ich es war, der jetzt handeln mußte. Um mich drehte sich alles. Ich dachte an meine Alpträume, ich dachte an das Blut, das ich gesehen hatte. Ich dachte an die Schreie der Opfer und auch an die Angriffe meines »Vaters« auf mich.
    Er stand auf.
    Ich rechnete mit einem Angriff, doch er wich zurück. Mit einer scharfen Handbewegung versuchte er, mich von einem nächsten Schritt zurückzuhalten, was ihm nicht gelang. Ich näherte mich ihm, ich spürte die Säge in den Händen, ich wußte, was auf mich zukam, und wieder überfiel mich der Gedanke, daß es Wahnsinn war, wozu man mich zwingen wollte. Letztendlich aber blieb keine andere Möglichkeit, um diesen Unhold zu stoppen. Auf den Lippen zeichnete sich ein scharfes Grinsen ab. Die Gestalt nahm mich nicht ernst. Sie setzte auf meine menschlichen Eigenschaften und somit darauf, daß ich es nicht fertigbrachte, ihn vom Leben in den Tod zu befördern.
    »John, warte nicht zu lange…«
    »Schon gut, Nora.«
    Ich kam ihm nach. Die Kettensäge in meiner Hand summte ihre tödliche Melodie, und der Mann vor mir riß seinen Mund weit auf und begann zu lachen.
    Er wich nicht mehr zurück. Er lachte mich aus. Er blieb stehen. Er wartete auf mich.
    Ich hob die Säge an.
    Es war der Moment, in dem ich mich entschlossen hatte, es zu tun. Das mußte sein. Ich wollte von dieser Gestalt nicht verhöhnt werden und auch vor Nora keine Schwäche zeigen. Sie war es gewesen, die es durch ihre tollkühne Aktion geschafft hatte, den Killer in eine derartige Lage zu bringen.
    Plötzlich war er bei mir. Er nahm mir die Arbeit praktisch ab. Er riß die Arme in die Höhe und breitete sie zugleich aus. Auf mich machte er den Eindruck, als wollte er mich mit seinem Körper zu Boden drücken. Soweit ließ ich es nicht kommen. Ich sah die hochgerissenen Arme und auch die Lücke dazwischen.
    Da setzte ich die Säge an.
    Ich betete innerlich, ich zitterte, ich wollte mich weit weg wünschen, nur um dieses Schreckliche nicht durchziehen zu müssen, aber ich blieb standhaft und reagierte so, wie es Nora Thorn von mir verlangt hatte. Ich kam mit der verdammten Kettensäge durch. Sie erwischte den Kopf der Gestalt, und ich hatte plötzlich das Gefühl, meinen Vater auf fürchterliche Art und Weise zu töten…
    ***
    Die Zeit fror zwar ein, aber sie lief für mich langsamer ab. Ich erlebte alles überdeutlich mit. Ich sah das Gesicht vor mir und auch, wie es von der Kettensäge schräg eingeschnitten wurde. Das Blatt zerteilte es diagonal in zwei Hälften, und die Säge ging durch diese Masse hindurch wie durch weiches

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