1127 - Der Gothic-Vampir
nutzte den Schwung aus, um in die Höhe zu schnellen. Er lag in der Luft, als er auf den Straßenrand zuhechtete. Sein Körper hatte sich noch gekrümmt, als wollte er sich erneut Kraft geben. Vielleicht wurde er noch von einem Rad gestreift, aber da waren sich beide nicht sicher.
Jedenfalls erwischten sie ihn nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatten. Er konnte ihnen entkommen, und nur der Luftzug wehte ihm noch die Haare in die Höhe. Im nächsten Augenblick war er aus ihrem Sichtbereich verschwunden. Auch Albert Petit sah ihn nicht mehr, obwohl er angespannt nach rechts spähte. Die Straße lag ohne Hindernisse wieder vor ihnen, und sie brauchten nur noch wenige Kurven zu fahren, um die Einmündung zu erreichen.
Suzanne lenkte wie in Trance. Sie sagte auch nichts mehr. Ihr Gesicht wirkte wie eine Maske.
»Wir… wir … haben es geschafft, Suzanne! Wir haben es geschafft, verdammt!«
»Ja«, flüsterte sie nur, »ja…«
»Er kommt auch nicht zurück. Er ist ein verdammter Alptraum gewesen. Doch der ist jetzt vorbei. Hörst du?«
»Bitte sag jetzt nichts mehr!«
Das wollte Albert nicht. Er sah schon, daß seine Frau Schwierigkeiten hatte, den Transporter zu fahren. Für beide war die letzte halbe Stunde entsetzlich gewesen. Einen derartigen Horror hatten sie noch nie in ihrem Leben erlebt.
»Fahr rechts ran, Su!«
Sie widersprach nicht. Im letzten Augenblick schaffte sie es noch, dann überkam sie ein Weinkrampf, und sie brach über dem Lenkrad zusammen.
Albert stieg aus. Er fror. Er zog die Schultern hoch und schaute die Straße zurück.
Nein, da bewegte sich nichts mehr. Der Vampir schien aufgegeben zu haben, aber Albert stellte sich noch immer die Frage, wie er sich auf dem Dach des Transporters so lange hatte halten können. Mit normalen Kräften war das nicht möglich.
Daß sich ein Vampir auch in eine Fledermaus verwandeln konnte, kam ihm nicht in den Sinn.
Albert öffnete die Fahrertür. Seine Frau hatte sich wieder normal hingesetzt, und sie wußte auch, was sie zu tun hatte. Sie rutschte auf den Nebensitz, während Albert den Platz hinter dem Lenkrad einnahm.
»Wohin?« fragte er.
»Zu den Mönchen – bitte. Und jetzt erst recht.«
»Das meine ich auch, Su!«
Diesmal sprang der Motor ohne Schwierigkeiten an…
***
Paris-Toulouse – dann der Leihwagen. Es hatte alles so geklappt, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich hatte mir einen Renault Clio geholt, der recht schnell und wendig war. Das Ziel und damit die Strecke kannte ich gut. Alles war beinahe schon für mich zu einer zweiten Heimat geworden, und so konnte ich auf der Fahrt meinen Gedanken freien Lauf lassen.
Von Sir James hatte ich das Okay für die Reise bekommen. Suko allerdings war in London geblieben, ebenso Bill Conolly. Obwohl er ziemlich sauer gewesen war. Wie ich ihn kannte, war es auch möglich, daß er seinen Vorsatz änderte und plötzlich auch in Alet-les-Bains auftauchte. Bei ihm war man vor Überraschungen nie sicher.
Noch stand nichts Genaues fest. Ich hatte weder einen Vampir gesehen noch war ich persönlich angegriffen worden. Aber Johnny Conolly war kein Spinner, und wenn alles stimmte, was die Chroniken über diesen Jacques Montfour schrieben, dann war er genau das blutgierige und gefährliche Monstrum, mit dem ich rechnete.
Wichtig für mich war auch der Kontakt zu meinen Templer-Freunden gewesen. Daß dieser Montfour ein Verwandter des Hector der Valois sein sollte, daran hatte ich auch jetzt noch zu knacken. Wenn es tatsächlich stimmte, dann mußten sie sich gehaßt haben wie Feuer und Wasser, aber es war Hector leider nicht gelungen, ihn restlos zu vernichten. Wenn man es ganz brutal sah, hatte Montfour sogar letztendlich gewonnen, denn er existierte noch, im Gegensatz zu de Valois, der in der Gestalt des silbernen Skeletts an der Bundeslade zerschmolzen war.
Möglicherweise konnte ich jetzt, über zweihundert Jahre später, Montfour endgültig vernichten, denn jetzt besaß ich das Kreuz, auf das auch schon Hector der Valois gesetzt hatte.
Da die Flugverbindungen gut geklappt hatten, würde ich auch pünktlich in Alet-les-Bains sein, eine der historischen Templerstätten im Süden Frankreichs. Auch ich besaß eine Verbindung zu diesem Gebiet, denn mein Name stammte ursprünglich aus Frankreich.
Da hatte er noch St. Clair geheißen. Später waren dann die St. Clairs nach Schottland ausgewandert, aber auch über den großen Teich in die Vereinigten Staaten.
Das Wetter hier im Süden war besser
Weitere Kostenlose Bücher