1128 - Erbe des Fluchs
Richtungen hinweg zerplatzten.
Jacques Montfour hatte gewonnen.
Das wußte er jetzt.
Und er konnte sich Zeit lassen. Niemand würde ihn jetzt noch angreifen und durch harte Schläge vertreiben, die zwar keine Schmerzen bei ihm verursacht hatten, ihn jedoch aus dem Konzept gebracht hatten.
Der Vampir war zunächst zufrieden, aber das erste große Festmahl nach dem Erwachen stand ihm noch bevor.
Er beugte sich nieder. Es war ihm erst mal wieder neu, doch verlernt hatte er nichts. Der Griff seiner linken Hand und der dazu gehörige Druck hatten sein Opfer wehrlos gemacht. Er preßte es gegen den harten Boden und drehte den Kopf des Opfers zugleich so, daß die linke Halsseite freilag.
Es war die Position, die er sich gewünscht hatte, und so beugte er sich tiefer.
Jacques Montfour biß zu!
Es ging plötzlich sehr leicht. Sein Kopf ruckte nach unten. Das Opfer lag perfekt da. Es war auch nicht mehr fähig, sich zu wehren. Der Kampf und jetzt die Angst hatten es starr gemacht.
Albert spürte die Stiche genau. Sie kamen ihm intensiver vor als die Schmerzen. Diese waren zurückgedrängt worden, und seltsamerweise ließen sie auch nach. Etwas anderes war jetzt viel wichtiger geworden. Das harte Saugen, das Zucken der kalten Vampirlippen. Er hörte das Schmatzen, und er schielte dabei mit verdrehten Augen in die Höhe.
Das Fratzengesicht des Vampirs hatte seine Konturen verloren. Es war zu einem hellen, verschwindenden Fleck geworden. Noch einmal bäumte sich das Menschliche in Albert auf.
Irrsinnige Angst durchschoß ihn. Etwas pumpte noch einmal wie ein Hitzestoß in ihm hoch, dann veränderte sich die Welt für ihn.
Es gab keine Schmerzen mehr. Er lag da und floß weg. Das Wissen, hinein in eine andere Ebene zu gleiten, verstärkte sich. Albert wurde wie auf Wellen geschaukelt. Er lag auf der Oberfläche des Wassers, die ihn nicht zu lange wollte und ihn deshalb mit hineinzerrte in eine dunkle und feuchte Tiefe.
Sein Gehör hatte sich auf bestimmte Geräusche reduziert. Sie erreichten sein linkes Ohr, und so vernahm er das harte Saugen, das Schmatzen.
Jacques Montfour hatte sich festgebissen. Er genoß es, endlich ein Opfer in seine Gewalt bekommen zu haben. Nahrung, Blut, das er so lange nicht mehr bekommen hatte. Die wenigen Tropfen im Verlies konnte er vergessen. Hier war die Nahrung. Hier saugte er. Hier wurde er satt. Hier konnte er ungestört genießen. Er hatte wieder an seine alten Zeiten angeknüpft, und er dachte auch an seine Bräute, denen es ebenso ergangen war.
Albert Petit rührte sich nicht mehr. Er lag steif unter ihm. Kein Laut mehr drang über seine Lippen. Er war stumm, und er war auch stumm in das andere ›Leben‹ hineingerutscht.
Bis auf den letzten Tropfen saugte Montfour sein Opfer leer.
Nichts wollte er verschwenden. Zu lange schon hatte er darben müssen. Nun sah die Zukunft wieder anders aus.
Mit einer gemessenen Bewegung ließ er von seinem Opfer ab und richtete sich auf. Seine Lippen waren blutbefleckt, ebenso die Haut um die Lippen herum.
Er ließ seine Blicke schweifen. Da war die Stille wieder eingekehrt.
Kein Huhn war aufgeschreckt worden. Keines konnte sich mehr bewegen. Sie alle waren zu Opfern geworden. Er hatte sie sich geholt, und sie hatten nicht einmal Krach veranstaltet. Wahrscheinlich hatten sie das Böse gespürt und sich deshalb so verhalten. So hatte er sich ihrer annehmen können. Mit einem Handgriff waren sie von ihm getötet worden. Einfach nur die Köpfe abdrehen und das Blut fließen lassen. Aber was war das Blut der Tiere gegen das der Menschen?
Nichts, gar nichts!
Er blickte auf seine Hände. Sie hatten sich an den Innenseiten blutig gefärbt.
Einer war erledigt. Aber es gab noch eine zweite Person auf dem Bauernhof. In seinen Augen glitzerte es, als er daran dachte. Seine Gier war noch nicht gestillt.
Er nahm das Beil mit. Dem Mann auf dem Boden gönnte er keinen Blick mehr. Er war für ihn nur eine kurze Episode auf seinem weiteren Weg gewesen.
Die Frau war noch da.
Und sie wollte er haben.
Sie war eine Person, wie er sie mochte. Diese Frau erinnerte ihn an all seine Bräute, die er früher gehabt hatte. Ihr Blut zu trinken, war für ihn immer wie ein kleines Wunder gewesen, und damals hatte er sich nehmen können, was er wollte. Niemand hatte es geschafft, ihn zu stoppen, und niemand hatte sein Geheimnis gekannt. Selbst Hector de Valois war es nicht möglich gewesen, ihn zu stoppen. Sein Verschwinden oder Wegtauchen hatte er selbst
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