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1129 - Das Blutmesser

1129 - Das Blutmesser

Titel: 1129 - Das Blutmesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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er denn?«
    »Ich hielt es für Unsinn.« Sie räusperte sich. »Er sprach davon, daß er auch nach dem Sterben und bei seiner Reise in die andere Welt nicht allein sein würde.«
    Ich merkte, daß wir uns dem eigentlichen Fixpunkt näherten. »Hat er sich nicht konkreter ausdrücken können?«
    »Doch, das schon. Er sprach von seinen Begleitern, ohne näher darauf einzugehen.«
    »Hast du nicht danach gefragt?«
    »Ich habe es versucht. Er wollte mir nicht antworten. Er meinte nur, daß ich sie auch irgendwann einmal kennenlernen würde. Davon ließ er sich nicht abbringen.«
    »Kannst du dir jetzt vorstellen, Michelle, wer diese Begleiter sind?«
    Sie senkte den Kopf. Ich sah sie schlucken. Sie preßte auch die Lippen zusammen, und plötzlich stand wieder ein dünner Schweißfilm auf ihrer Stirn.
    »Es können die Gestalten in den roten Kutten und den spitzen Hüten sein. Diejenigen, die auch dich holen wollten, obwohl du noch nicht tot bist. Dein Bruder kann sie aus dem Jenseits zu dir geschickt haben. Du bist noch nicht sofort bereit gewesen, das stimmt schon, aber er und die anderen wollen nicht aufgeben. Sie kamen dir immer näher, und vor nicht einmal einer halben Stunde wäre es beinahe soweit gewesen. Da warst du bereit, aus dem Leben zu scheiden. Mit dem Messer deines Bruders, mit dem Blutmesser, das sich wieder aus dem Jenseits hervor materialisiert hat. So sieht meine Erklärung aus.«
    Michelle Maron schwieg. Sie mußte das Gesagte verkraften. Ich ließ sie auch in Ruhe und sah, daß sie mit ihrer Nervosität zu kämpfen hatte. Sie wußte nicht, wohin sie schauen wollte und entschloß sich, den Blick schließlich auf dem großen Dreieck der Atelier-Scheibe ruhen zu lassen.
    Auch der Sitzplatz gefiel ihr nicht mehr. Mit einer heftigen Bewegung stand Michelle auf und ging dann langsam auf das große Fenster zu, vor dem sie stehen blieb und nach draußen in die herbstliche Natur schaute.
    Ich wußte selbst, daß meine Erklärung verdammt hart gewesen sein mußte. Michelle würde Mühe haben, sie zu akzeptieren.
    Als sie nach einer Weile noch immer nichts gesagt hatte, aber durchaus litt, übernahm ich wieder das Wort. »Wir müssen uns etwas einfallen lassen, Michelle.«
    Sie schwieg.
    »Hast du mich gehört?«
    »Ja, aber was?«
    »Es würde keinen Sinn ergeben, wenn wir fliehen. Die Probleme müssen, wenn eben möglich, jetzt und hier aus der Welt geschaffen werden. Durch eine Flucht würdest du nichts erreichen. Dein Bruder und auch seine Helfer würden dich überall auf der Welt erreichen können. Für sie gibt es keine Grenzen mehr wie für uns.«
    »Ich möchte auch nicht weg, John«, erklärte sie mir. »Mein Platz ist hier. Ich liebe dieses Haus, verstehst du?«
    Ich nickte. »Aber du solltest auch daran denken, daß es noch eine zweite Seele besitzt. Dein Bruder ist tot, das stimmt, aber er ist auf eine fatale Art und Weise noch bei dir, daran solltest du immer denken. Du hast mir von eurem Verhältnis berichtet. Ich finde es toll, daß Geschwister zusammenhalten. Nur darf dies nicht bis über den Tod hinaus gehen. Vor allen Dingen dann nicht, wenn die Grüße aus dem Jenseits für dich ebenfalls tödlich enden sollen. Ich weiß, wie du deinen Bruder siehst, aber für mich ist er ein eiskalter Egoist. Er denkt nur an sich und will dich nicht in Ruhe lassen.«
    Sie gab mir keine Antwort. Ich hatte sie auch nicht erwartet und trank von meinem Kaffee, der mittlerweile kalt geworden war. Auch die Atmosphäre im Atelier hatte sich verändert. Der Raum war nicht mehr so hell.
    Es entstand so eine Stimmung zwischen Tag und Traum, wo man saß, etwas trank und in den Schein der Kerzen schaute, während sich draußen der Tag verabschiedete und der Nebel die Überhand gewann.
    »Ich kann gar nicht weg!« sagte Michelle plötzlich.
    »Warum nicht?«
    »Sie… sie sind schon da.«
    Mich hielt nichts mehr auf meinem Sitzplatz. Während ich aufstand, fragte ich: »Wo sind sie denn? Und von wem sprichst du?«
    »Die Gestalten, John…«
    Mit dem nächsten Schritt hatte ich das Fenster erreicht und blieb dicht neben Michelle stehen. Meine Augen weiteten sich, und ich spürte, wie Michelles kalte Hand nach meiner faßte und meine Finger leicht drückte.
    Leider hatte sie mit ihrer Beobachtung recht…
    ***
    Woher die Gestalten so plötzlich gekommen waren, wußte ich auch nicht. Es war ein Rätsel, das ich jetzt nicht lösen wollte. Ich nahm einfach die Tatsache hin, daß sie vorhanden waren und sich durch den Dunst

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