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1130 - Aufstand im Vier-Sonnen-Reich

Titel: 1130 - Aufstand im Vier-Sonnen-Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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blutige Scheibe am grauen, leicht bewölkten Firmament, und wie ein Geschwür klebte an ihrem rechten Rand ein münzgroßer weißer Fleck - Hgnun, die Zwergsonne, die mit Kurbosch um einen gemeinsamen Schwerpunkt kreiste.
    Für einen Umlauf um Kurbosch benötigte Hgnun 497 Tage, und so schien sie bewegungslos an einer Stelle zu verharren.
    Der Betreuer stöhnte.
    Er fragte sich, warum er an derart triviale Dinge dachte, während ihm seine Verfolger auf den Fersen waren und das Gift der Notzone bereits Eingang in seinen Körper gefunden hatte.
    Seine Gelenke schmerzten.
    Jeder Schritt wurde zur Qual.
    Eine Folge der harten Landung mit der Schleuderkanzel - oder ein Zeichen dafür, daß sich die Strahlenkrankheit mit wachsender Geschwindigkeit fortfraß?
    Vielleicht beides.
    Harbelon wußte es nicht.
    Es war auch nicht weiter wichtig. Wichtig war, daß er starb. Stück für Stück, langsam und erbarmungslos, schwand er aus dem Leben.
    Zuerst, dachte der Betreuer müde, ist meine Seele gestorben. Als Seth-Apophis ihre Botschaften einstellte und uns Sooldocks allein mit uns selbst ließ, da ist meine Seele zugrunde gegangen. Und nun liegt es an meinem Körper, den schrecklichen Prozeß des Sterbens zu Ende zu führen.
    Ich atme noch, ich bewege mich noch, höre und sehe und schmecke und rieche, aber ich bin schon so gut wie tot. So tot wie der Staub unter meinen Füßen. Staub...
    Schwarzer Puder, der ihn umschwebte, ihn wie ein amorpher Schatten begleitete und sich erst wieder legen würde, wenn auch Harbelons Leib reglos und erstarrt im strahlenden, bakterienverseuchten Schmutz der Notzone lag.
    Zorn flackerte in dem Betreuer auf, dämpfte vorübergehend die Schmerzen und schenkte ihm neue Kräfte.
    Noch ist es nicht soweit! sagte er sich.
    Und er schrie: „Noch lebe ich! Noch atme ich!"
    „Ohne dich entmutigen zu wollen", sagte Zwatlo, der ihm mit unermüdlichen Sprüngen folgte, „so muß ich dich daran erinnern, daß die Betonung auf dem Wort noch, liegt. Schau dir dein Federkleid an, Duurn Harbelon."
    Harbelon blieb taumelnd stehen. Er hob den linken Arm und hielt ihn vor sein Gallertorgan.
    Der Mannberater hatte recht. Das Gefieder seines Oberarms war matt, brüchig und stellenweise ausgefallen. Bleiche Haut schimmerte hervor. Blasses Gewebe, das an einigen Stellen bereits rote Schwielen aufwies.
    Die Strahlenkrankheit begann seine Zellen zu zersetzen. „Du siehst zerrupft aus, Duurn Harbelon", stellte der Mannberater ungerührt fest.
    Der Betreuer funkelte ihn an.
    Sein Zorn wuchs, und hätte er eine Waffe besessen, er hätte Zwatlo jetzt zerstrahlt.
    Dieser Bastard! dachte er erbittert. Dieser gefühllose Bastard! „Geh nach Marrschen!" fluchte er. „Verschwinde, du geistloses Monstrum! Verschwinde, ehe ich dir den Schädel einschlage!"
    Der Mannberater machte einen Satz. Aus sicherer Entfernung musterte er Harbelon mit seinen Sensorzapfen. „Stirbst du?" fragte er, und diesmal schien sogar etwas wie Bedauern in seiner zischelnden Stimme mitzuschwingen.
    Harbelon würgte. Übelkeit breitete sich in seinen Eingeweiden aus. Seine Faltmäuler zuckten krampfhaft, und er übergab sich.
    Ein Teil seines betäubten Bewußtseins registrierte kalt wie ein Computer die Phänomene.
    Gliederschmerzen, Ausfallen des Gefieders, schwellende Rötungen der Haut, Übelkeit... Die Symptome einer rapide fortschreitenden Strahlenkrankheit. „Ja", antwortete er matt und ließ sich kraftlos in den Staub sinken. „Ich sterbe, Zwatlo. Hier und jetzt, an dieser Stelle sterbe ich."
    Der Mannberater balancierte auf seinem staubgeschwärzten Sprungschwanz. Langsam senkte sich der aufgewirbelte, rußige Puder. Kein Wind blies. Bis auf Harbelons keuchende Atemzüge war es still. „Wie ist es, wenn man stirbt?" fragte der Mannberater zischelnd. „Ist es so, wie bei einem Berater, der abgeschaltet wird? Wie ist der Tod eines Sooldocks, Duurn Harbelon?"
    Harbelon war heiß.
    Die Hitze stammte nicht allein von der roten riesigen Sonne und dem weißen winzigen Zwergstern. Die Hitze drang aus seinem Innern, den zerfallenden Zellen seines Körpergewebes.
    Es tat gut, hier zu sitzen und sich auszuruhen. Die Schmerzen in seinen Gliedern und die Übelkeit waren gewichen. Nur eine bleierne Müdigkeit war zurückgeblieben. „Der Tod", sagte Duurn Harbelon leise, „hat nichts mit euch Beratern zu tun. Ihr lebt nicht und könnt deshalb auch nicht sterben. Ihr seid Maschinen, und Maschinen sind über den Tod erhaben.
    Der Tod eines Sooldocks

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