1130 - Zombieville
sich hörte, entsprang einem natürlichen Grund und war nicht mit dieser riesigen Gestalt zu vergleichen, die so unerwartet aufgetaucht war.
Es gab sie.
Und es gab die Gestalten von den Fotos. Demnach war dieser Ort nicht normal tot.
Das alles ging ihr durch den Kopf, als sie sich auf den Rückweg machte. Sie ging schnell. Immer wieder blickte sie sich um. Sie schaute nach rechts und links, um etwaige parallel laufende Verfolger zu sehen, aber da hatte sie Glück. Man ließ sie in Ruhe.
Völlig außer Atem erreichte sie ihren Volvo und nahm sich trotzdem noch die Zeit, einen Blick auf die vier Reifen zu werfen. Sie waren in Ordnung, niemand hatte sie zerstochen.
Karina lehnte sich gegen die Karosserie, die einen feuchten Film erhalten hatte. Dabei schaute sie zurück und war wieder froh, keinen Verfolger zu sehen.
Allmählich beruhigte sich ihr Atem. Auch der Herzschlag normalisierte sich.
Sie stieg ein.
Schlug die Tür zu.
Lehnte sich nach vorn.
Jetzt erwischte sie der Schock. Karina merkte, daß sie ein Mensch und keine Maschine war, auch wenn sie damals in der Ausbildung ein anderes Gefühl gehabt hatte. Sie konnte nicht mehr und brauchte eine gewisse Ruhepause.
Daß ihr die Tränen über die Wangen liefen, merkte sie erst, als sie den Kopf wieder anhob. Die Frontscheibe kam ihr verwischt vor, und sie dachte daran, daß sie damals in London diese fürchterliche Begegnung mit den Vampiren gehabt hatte. Aber dies hier war noch schlimmer gewesen, und es mochte auch an der Umgebung gelegen haben und daran, daß sie völlig allein war.
Mit der linken Hand strich sie über ihr Gesicht. Es ging wieder besser. Auch der Blick hatte sich geklärt. Aus der Tasche klaubte sie den Zündschlüssel und steckte ihn ins Zündschloß. Der übliche Blick in den Spiegel. Er gehörte einfach dazu und war ihr in Fleisch und Blut übergegangen. Sie sah in den Innenspiegel und auch in die beiden Spiegel an den Außenseiten.
Da sah sie ihn.
Er war auf dem Weg. Er lief wie ein künstlicher Marathon-Mann. Er war kein Mensch, er war fast ein Riese, und diese Größe erkannte sie auch aus der Distanz.
Sie sah, wie schnell die Gestalt laufen konnte. Sie ging nicht glatt, sondern schwang ständig hin und her, wobei sie bei jedem Schritt nach vorn auch den Körper in diese Richtung warf.
Sie mußte weg. Es kam jetzt auf jede Sekunde an. Sie drehte den Zündschlüssel. Sprang der Motor sofort an?
Sie hörte das Orgeln, das leichte Klopfen, fluchte, trommelte gegen das Lenkrad, verdrehte die Augen, und dann endlich machte der Volvo einen Satz nach vorn. Sie hatte das Gefühl, in einem schwerfälligen Fahrzeug zu sitzen. Es rollte nur mühsam an, aber nach einigen Metern wurde er schneller. Sie schaltete auch sofort. Sie gab zuviel Gas. Der Wagen rutschte, und die mächtige Gestalt verkürzte die Distanz. Sie tanzte dabei in der Fläche des Rückspiegels von einer Seite zur anderen.
Es klappte.
Plötzlich hatten die Reifen auch wieder den richtigen Griff gefunden. Da gab es kein Rutschen mehr, sie drehten auch nicht durch, und das alte Blattwerk war verschwunden.
Er schaffte es nicht. Er versuchte es, aber er wurde kleiner, je größer die Entfernung zwischen ihnen wurde.
Karina konnte nicht mehr an sich halten. Sie mußte sich einfach Luft verschaffen. Und so gellte ihr Schrei durch den Wagen.
Geschafft! Sie war der Hölle entkommen! Dieser Riesen-Zombie hatte sie nicht in die Gewalt bekommen. Es war alles wieder normal. Endlich konnte sie weg.
Aber Karina Grischin wußte auch, daß dies erst der Anfang gewesen war. Keinesfalls konnte sie sich auf den Lorbeeren ausruhen. Es würde weitergehen. Sie hatte die Tür zu dieser mörderischen Welt erst einen Spalt breit geöffnet, ganz aufreißen würde sie den Eingang später. Und auch nicht mehr allein. Jetzt mußte Wladimir Golenkow eingreifen. Zusammen würden sie einen Plan erstellen.
Aber sie würden auch Türen einreißen müssen, die bisher fest verschlossen waren. Ob die sich öffnen ließen, war die große Frage, und genau daran krankte sie.
Es gab einfach zu viele Verstecke und Geheimnisse in diesem verdammten Land. Eine Hinterlassenschaft der alten Regenten. Verantwortungslos, wie eben Zauberlehrlinge, die sich auf die gleiche Stufe wie ihre Meister stellen wollten.
Ob das schon jemals geklappt hatte, wußte sie nicht. Sie wollte es auch nicht erfahren. Sie wollte nur so schnell wie möglich zurück, aber Karina wußte auch, daß dieser Besuch sicherlich nicht der
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