1134 - Im Innern einer Sonne
zu liebäugeln, daß er diesmal Erfolg haben könnte. Doch er hatte den Kontakt kaum gefunden und die Hand darauf gepreßt, da schob sich das Schott zur Seite und gab den Weg ins Innere des Sockels frei.
Nachdem sie sich zu den Gebäuden in Raumhafennähe nur mit Brachialgewalt hatten Zutritt verschaffen können, erlebten sie hier eine geradezu angenehme Überraschung. Es konnte Zufall sein, vielleicht hing es auch mit der Zweckbestimmung der Anlage zusammen, daß sie sich so problemlos betreten ließ. Immerhin hatten sie eine Sorge weniger. Lediglich Tanwalzen warnte.
„Seid vorsichtig, wenn ihr hineingeht", ermahnte er die Gruppe. „Wer weiß, welche Tricks die Fremden sich ausgedacht haben, um Unbefugten das Eindringen zu verleiden."
„Vermutlich gar keine", gab Gordana leichtfertig zurück. „Ich glaube nicht, daß sie jemals damit gerechnet haben, ihre Kunstwelt könnte im Innern der Sonne entdeckt und untersucht werden."
Sie traten durch den Eingang und gelangten in einen mäßig ausgedehnten Raum, der bis auf zwei in die Wände eingebaute Kontrollmonitoren völlig leer war. Unterdessen kam auch Ürkan wieder herangeschwebt und gesellte sich zu ihnen.
Das Schott schloß sich. Künstliches Licht flammte auf. Im Vergleich zu der grellen Sonnenstrahlung wirkte es im ersten Moment wie der klägliche Schein einer erlöschenden Kerze. Aber die Augen gewöhnten sich schnell daran, zusätzlich deaktivierte Gordana die im Helm integrierten Blendschutzvorrichtungen und schob die Schwarzmaske nach oben.
„Wir befinden uns in einer Luftschleuse", stellte sie nach einem prüfenden Blick auf die Anzeigen der Außensensoren fest. „Ein Gasgemisch wird eingepumpt..." Sie zögerte einen Moment, bis die chemische Analyse abgeschlossen war und auf der Anzeigenleiste des Raumhelms eingeblendet wurde - dann schrie sie ihre Überraschung hinaus: „Eine atembare Sauerstoffatmosphäre ...!"
Gleichzeitig öffnete sich selbsttätig das Innenschott, nachdem der Druckausgleich hergestellt war. Gordana überlegte nicht lange. Sie warf einen letzten prüfenden Blick auf die Analysewerte und klappte den Raumhelm nach hinten, der sich im Nacken automatisch zusammenfaltete. Tolot folgte ihrem Beispiel wortlos. Die Luft war kühl und roch angenehm würzig.
Der Schleuse schloß sich ein Ausrüstungsraum an, in dem verschiedene technische Gegenstände lagerten. Gordana schätzte, daß es sich hauptsächlich um fremdartige Funkgeräte und Waffensysteme handelte. An einer Wand hingen, in schmalen Regalen säuberlich aufgereiht, Körpermonturen aus silbrig schimmerndem Material - Raumanzüge, die für humanoide Wesen mit zwei Beinen und vier Armen vorgesehen waren. Die Wissenschaftlerin betastete einen der Anzüge, fühlte den weichen, elastischen Stoff und spürte, wie ihr Herz heftiger zu schlagen begann.
„Tolot, ich sag dir was!" platzte es schließlich aus ihr heraus. „Die Fremden, die das alles gebaut haben, leben noch - hier, im Innern dieser Anlage!"
Die ganze Zeit hatte sie schon mit dem Gedanken gespielt. Die griffbereiten Raumanzüge, die saubere Luft und die milde Beleuchtung gaben ihr Gewißheit.
„Könnte sein", meinte der Haluter wortkarg. Er stand bereits im Ausgang des Lagerraums. „Vielleicht finden wir sie."
Gordana trat zu ihm, und der Blick öffnete sich in eine weite Halle, die den gesamten Innenraum des Projektorensockels einnahm. Sie standen auf einer Art Vorsprung, der sich in einer Breite von vielleicht zehn Metern an der Wand entlangzog und am Rand durch ein umlaufendes, knapp hüfthohes Geländer begrenzt war. Dahinter reichte die Halle nochmals zwanzig bis dreißig Meter in die Tiefe, also bis weit unter das Niveau der Oberfläche des Kunstplaneten. Dort, vom Boden, erhoben sich wuchtige Maschinenklötze ebenso wie schlanke Aggregattürme und spiralförmige Energieleiter. Dazwischen schwebten orangefarbene, ellipsoide Gebilde, die ihre Position ständig veränderten und dabei jeweils abwechselnd durch leuchtende Kraftfelder miteinander verbunden waren.
Glitzernde Bahnen mit Durchmessern bis zu zwanzig Metern schossen an verschiedenen Stellen aus dem Maschinenpulk senkrecht nach oben bis unter die Deckel wo sie, von Formelfeldern in Zaum gehalten, in die Projektionsanlage geleitet wurden. Dort, nahm Gordana an, wurden sie nochmals modifiziert und verstärkt, bevor sie ihren Weg durch das Vakuum nahmen und sich schließlich mit den Kraftlinien anderer Stationen vereinigten, um als kugelförmiger
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