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1136 - Das Blut der Bernadette

1136 - Das Blut der Bernadette

Titel: 1136 - Das Blut der Bernadette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wissen, wer Sie wirklich sind.«
    »Das habe ich Ihnen gesagt!«
    Ein scharfes Lachen schallte den beiden Frauen entgegen. »Wollen Sie mich für dumm verkaufen? So wie Sie aufgetreten sind, glaubt Ihnen das kein Mensch.«
    »Beweisen Sie das Gegenteil.«
    Die Oberin war einverstanden. »Sehr gern. Es war gar nicht möglich, daß Polly mit Ihnen Kontakt aufnahm. Hier nicht. Hier wird alles kontrolliert. Jeder Brief, jede Bewegung, und es war nicht möglich, ein Telefongespräch zu führen. Das hier ist das einzige Telefon. Handys gibt es nicht. Wenn jemand telefonieren will, muß er sich von mir die Erlaubnis holen. Nichts davon ist geschehen. Ich habe herausgefunden, daß Polly fliehen wollte. Ebenso wie eine Freundin von ihr, die Rita. Wir hätten Polly schon zurückgeholt, keine Sorge. Aber Sie waren ja so freundlich, sie uns zu bringen. Dafür möchte ich mich noch bedanken, Miß Collins.« Sie hob die Arme an und verschränkte die Hände hinter dem Nacken. »Es ist wirklich alles wunderbar gelaufen. Besser hätte es nicht kommen können. Das Schicksal stand auf meiner Seite, und es wird mich auch weiterhin behüten, das kann ich Ihnen versprechen.«
    Jane dachte nicht daran, ihre wahre Identität preiszugeben, aber sie fragte: »Führen Sie hier ein Gefängnis? Ist das ein Rückschritt ins Mittelalter?«
    »Nein, auf keinen Fall. Was sein muß, das muß eben sein. Es geht nicht anders.«
    »Wozu wollen Sie die Mädchen erziehen? Bestimmt nicht zu aufrechten Menschen, die sich im normalen Leben zurechtfinden. Das glaube ich Ihnen nicht. Was verbirgt sich wirklich hinter Ihrer verdammten Schule oder dem verdammten Kloster?«
    »Sie sollen Dienerinnen sein.«
    »Aha. Für wen? Wem sollen sie dienen? Bestimmt nicht demjenigen, dem es sich lohnt zu dienen.«
    »Da haben Sie recht«, flüsterte die Oberin. »Es gibt noch immer etwas dazwischen. Das Leben ist nicht nur glatt. Das hat sich hier auch nicht verändert.«
    »Wer ist dieses Glied in der Kette?«
    »Bernadette«, antwortete die Oberin, wobei sie jeden Buchstaben überbetonte.
    »Ach?« Jane unterdrückte ihren Spott nicht. »Meinen Sie sich selbst damit?«
    »Bin ich so vermessen?«
    »Weiß man's?«
    »Hören Sie auf, das würde ich nie tun. Nein, ich bin nicht so vermessen. Ich bin auch nicht einmalig. Es gibt noch andere Bernadettes, und eine ist besonders wichtig. Die Bernadette, die dieses Kloster hier gegründet hat. Sie wollte etwas Gutes tun. Sie war die Basis und der Grundstock. Sie gab den Mädchen eine Heimat. Sie holte die Armen von der Straße weg. Begreifen Sie nun, was ich gemeint habe?«
    »Sicher. Ich begreife alles. Oder fast alles. Allerdings weiß ich auch, daß die Bernadette, von der Sie gesprochen haben, nicht mehr am Leben ist. Sie hat den Weg alles Irdischen gehen müssen und ist gestorben…«
    »Nur ihr Körper«, unterbrach die Oberin Jane. »Nur ihr Körper. Wenn ein Mensch stirbt, geht er. Doch er geht nicht für ganz. Etwas bleibt von ihm immer zurück, verstehen Sie?«
    »Klar. Die Erinnerung. Die Fotos, auf denen der Verstorbene zu sehen ist. Manchmal auch Briefe, Filme oder Bücher. Da brauchen Sie mir nichts zu sagen.«
    »Das ist nicht alles, Miß Collins. Längst nicht alles. Besonders dann nicht, wenn es sich dabei um einen besonderen Menschen handelt. Das ist unsere Gründerin gewesen. Deshalb ist sie auch bei uns geblieben. Trotz ihres Todes…«
    Jane schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht«, gab sie zu. »Haben Sie die Tote einbalsamieren oder mumifizieren lassen, um einen Kult damit zu treiben?«
    »Nein, wofür halten Sie mich?«
    »Ich traue Ihnen alles zu, ehrlich gesagt.«
    Die Oberin beugte sich wieder vor. »Wir haben sie begraben. Wir haben keinen Totenkult mit Bernadette getrieben. Sie hat wie jeder andere Mensch auch ein Grab bekommen.«
    Polly meldete sich zu Wort. »Sie hat recht, Jane. Bernadette liegt in einem Grab. Nicht auf einem normalen Friedhof, sondern hier in der Nähe.«
    »Wo?«
    »Auf unserem Gelände«, sagte die Oberin. »Wir haben ihr eine Kultstätte geweiht. Sie ist immer bei uns, verstehen Sie. Als Geist sowieso, aber man kann sie auch anschauen, denn auf dem Grab steht eine Figur. Es ist sie. Es ist unsere Bernadette, die ein Künstler geschaffen hat. Aus Stein gehauen und zugleich ein wundersames Abbild dieser außergewöhnlichen Frau. So ist Bernadette im Tod noch zu einem einmaligen Kunstwerk geworden.« Die Stimme der Oberin hatte sich verändert. Sie war schwärmerisch

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