1137 - Madame Tarock
die Warnung und ließ es lieber bleiben. Sie war stärker als er, das lag auf der Hand. Wer den Tod überstand, was normalerweise kein Mensch schaffte, der stand weit darüber.
Welches Geheimnis umgab diese Person?
Die Neugierde breitete sich schon jetzt bei ihm aus. Okay, sie hatte ihn gewarnt, aber sie hatte ihm auch ihren Namen genannt. »Wollte sie möglicherweise mit ihm in Kontakt bleiben?«
Das konnte durchaus sein, sonst hätte sie ihm nicht ihr Geheimnis verraten. Oder sie verließ sich einfach darauf, dass seine Furcht zu groß geworden war.
Er schüttelte den Kopf, öffnete die Wagentür und setzte sich in das Auto des Killers. Sein Job war es gewesen, Ralf Rosner zu stellen. Er lag ein paar Schritte entfernt. Tot und von zwei Kugeln getroffen. Nicht durch Harrys Waffe, sondern durch das Gewehr des Killers.
Er würde es seinen Vorgesetzten erklären müssen. Sie würden die erste Hälfte akzeptieren, aber nicht die zweite, obgleich er dafür bezahlt wurde, sich auch um übersinnliche Fälle zu kümmern.
Ebenso wie sein Freund John Sinclair in London.
Das war natürlich die Idee.
Zingara oder Madame Tarock war nicht allein ein Fall für ihn. Der hatte Dimensionen angenommen, die vor allen Dingen einen Mann wie den Geisterjäger angingen.
Harry Stahl nahm sich vor, ihn noch an diesem Tag anzurufen. Zunächst aber wollte er sich mit seiner Zentrale in Verbindung setzen und auch Dagmar Hansen, seiner Partnerin, Bescheid geben, was ihm hier vor dem Friedhof widerfahren war.
Als er das Handy hervorgeholt hatte und es auf dem Handteller lag, merkte er, wie sehr er zitterte.
»Eine Frau, die ihren Kopf auf den Rücken drehen kann«, flüsterte er, »Wahnsinn…«
***
Ich hatte meine Pizza bekommen, aber es war nicht die richtige. Vom Belag her schon, sehr scharf, aber nicht von der Größe her. Ich hatte mir eine mittlere bestellt. Statt dessen wurde mir ein Wagenrad geliefert, das ich allein nicht schaffte.
Der Bote hob nur die Schultern und grinste dabei von Ohr zu Ohr. Ich zahlte ihm die Summe, gab auch noch ein Trinkgeld und klopfte nebenan bei Shao und Suko an.
Shao öffnete. »Pizza, Pizza!« rief ich. »Man hat mir eine zu große geliefert. Wer hat Hunger?«
»Ich nicht«, sagte Shao sofort.
»Und was ist mit dir, Suko?« Ich war schon in die Wohnung hineingegangen.
Suko war soeben aus der Dusche gekommen. Er trug einen Bademantel und rieb sein Haar trocken.
»Viel Hunger habe ich auch nicht, aber ich werde dich nicht im Stich lassen.«
»Super. Was ist mit dir, Shao?«
»Nichts. Esst die allein und lasst mich surfen.«
»Tu das.«
»Ich ziehe mir nur eben was an«, sagte Suko und verschwand.
Shao lehnte an der Wand, die Arme hatte sie vor der Brust verschränkt. »Ich weiß nicht, warum du dieses ungesunde Zeug so gern isst.«
»Mir schmeckt es.«
»Aber das ist alles verkocht und vermatscht. Wenn ich dir eine Mahlzeit bereite…«
»Ist das natürlich kein Vergleich mit meiner Pizza«, sagte ich, »aber nicht jeder hat es so gut wie Suko. Ich bin ein alter Junggeselle und muß zusehen, wie ich zu meinem Essen komme.«
»Stimmt, John, alles richtig.« Sie sah plötzlich richtig wütend aus. »Dabei hat Suko schon gegessen. Zwei frische Frühlingsrollen und einen Salat aus Bambussprossen. Daß er dir jetzt noch mithilft, die Pizza zu essen, wundert mich schon.«
Ich grinste. »Vielleicht hättest du die Anzahl der Frühlingsrollen verdoppeln sollen.«
»Ach ja, das mußte kommen. Klar…«
Suko erschien im lockeren Bier-Anzug. Jogginghose und schwarzes Sweatshirt.
»Können wir?«
»Du scheinst ja richtig Appetit zu haben«, beschwerte sich Shao.
Er küsste sie auf die Wange. »Habe ich auch. Nur hat das nichts mit deiner Küche zu tun.«
»Ach ja. Womit denn?«
»Muss wohl am Wetter liegen. Du weißt doch, Shao, manchmal hat man Hunger, manchmal nicht.«
»Dann wünsche ich euch was.«
»Du kannst ja auch zu mir kommen«, schlug ich vor.
»Nein, nein, lass mal. Ich werde ein bisschen durch die Welt surfen. Suko hat ja eigentlich lesen wollen, aber eine Pizza lockt ihn mehr. Viel Vergnügen.«
»Ist sie sauer?« fragte ich, als Shao die Tür geschlossen hatte.
»So halb«, gab Suko zu. »Es geht wohl um ihre Frühlingsrollen. Sie hatte gedacht, noch mehr Zutaten zu haben, das war wohl nichts. So sind wir beide nicht richtig satt geworden. Shao würde das niemals zugeben, aber sie kriegt sich auch wieder ein.«
Ich lachte und ließ Suko vorgehen. Als er am Tisch saß
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