114 - Der Bucklige von Doolin Castle
es ruhig, daß du uns für entartet hältst! Dabei könnte ich dich mit einem einzigen Hieb auseinandernehmen. Willst du nicht, daß ich einen verschönernden Eingriff an dir vornehme?"
Die Kannibalin lachte, daß ihre Fleischmassen bebten. Ihrem schaurigen Gelächter folgte ein durchdringendes Magenknurren, das einem Donnern gleichkam.
„Ich habe Hunger", stellte sie fest.
„Warum gibst du keine Antwort, buckliger Bastard?" fragte Jorgen gereizt.
„Ich will keinen Streit mit dir", erwiderte Dorian.
„Dann sage mir, daß ich mehr wert bin als du!"
„Du bist mehr wert als ich", sagte Dorian ruhig.
Der Gnom nickte zufrieden. Doch im nächsten Augenblick fragte er: „Was hast du auf dem Kerbholz, Jonathan?"
„Willst du, daß ich dir alle meine Verbrechen gestehe?"
„Pah!" machte Jorgen abfällig. „Wie ich dich einschätze, hast du dich bloß an alten hilflosen Weibern vergriffen."
Hyazinth lachte hysterisch.
Der Gnom fuhr fort: „Nein, ich meine, welches Vergehen du dir gegen den Meister zuschulden hast kommen lassen."
„Ich bin mir keiner Schuld bewußt", sagte Dorian. „Wie kommst du überhaupt darauf?"
„Nun - der Meister traut dir nicht mehr."
Dorian spannte sich an. „Was weißt du schon davon?"
Jorgen wirbelte herum und zeigte ihm die Krallen.
„Ich weiß alles", kreischte er. „Ich weiß, daß du einen Auftrag nicht zur Zufriedenheit des Meisters erledigt hast. Deshalb hält er dich hier fest und läßt den Auftrag von anderen ausführen."
Dorian erschrak. Wußte der Gnom tatsächlich mehr, als von einem Psycho seiner Art erwartet werden konnte? Wollte er andeuten, daß Goro seine Schreckensgestalten ausgeschickt hatte, um Coco und Olivaro auf die Burg zu holen? Wenn das stimmte, dann mußte er schnell handeln. Aber zuvor wollte er sich Gewißheit verschaffen.
„Goro vertraut mir nach wie vor", behauptete Dorian.
Die Kannibalin lachte wieder schaurig.
„Ach, du bucklige Unschuld!" rief sie. „Der Meister hat dich längst durchschaut. Er weiß, daß du dich in dieses Frauenzimmer vergafft hast. Du häßliche Mißgeburt hast dich tatsächlich verknallt! Deshalb hast du die Frau nicht auf die Burg gebracht. Der Meister weiß es und hat die Konsequenzen daraus gezogen."
Jetzt stimmte der Gnom in ihr Gelächter mit ein.
Für Dorian gab es keinen Zweifel mehr, daß die beiden die Wahrheit sprachen. Goro hielt ihn tatsächlich hier fest, um Olivaro und Coco inzwischen in seine Gewalt bringen zu können.
„Ich wüßte einen Ersatz für dich, Jonathan", sagte Jorgen. „Es gibt auf Doolin Castle ein Mädchen, wie ich ein schöneres noch nicht gesehen habe. Willst du es haben?"
„Warum nicht?" sagte Dorian krächzend.
Er mußte Zeit gewinnen.
„Nur leider wird das Mädchen von einem Ghoul bewacht", fuhr Jorgen fort. „Wir müßten ihn fortlocken, dann gehört das Mädchen uns. Einverstanden, Buckliger?"
„Wie sollen wir den Ghoul fortlocken?" fragte Dorian.
Er war mit den Gedanken ganz woanders. Sollte er es riskieren und es gleichzeitig gegen den Gnom mit den Mörderklauen und die Kannibalin aufnehmen?
„Wir brauchen einen Köder - eine Leiche. Dem Geruch einer frischen Leiche kann kein Ghoul widerstehen. "
„Hör auf damit, Jorgen!" sagte Hyazinth streng. „Du weißt, der Meister will es nicht, daß es unter uns zu Rivalitäten kommt."
„Du bist doch nur eifersüchtig", erwiderte Jorgen. An Dorian gewandt, fuhr er vertraulich fort: „Was meinst du dazu, Jonathan? So ein knuspriges blondes Ding wäre doch nicht zu verachten, oder?"
„Ja. Aber woher die Leiche nehmen?"
„Das ist kein Problem."
Ohne jegliche Vorwarnung schnellte sich der Gnom plötzlich in die Höhe. Die Kannibalin wußte überhaupt nicht, wie ihr geschah, als seine wie Dreschflegel wirbelnden Arme aus der Luft nach ihr schlugen und ihr eine klaffende Wunde vom Hals bis zum Bauch zufügten. Ohne einen Laut von sich zu geben, brach sie zusammen.
„Los, Jonathan! Du bist stärker als ich", befahl Jorgen daraufhin ungerührt. „Trage du den Kadaver! Ich zeige dir den Weg."
Obwohl es sich bei der Leiche nur um die Überreste eines Psychos handelte, wurde Dorian fast übel, als er den Körper hinter sich nachschleifte. Jorgens Schnelligkeit hatte ihn erneut beeindruckt. Aber wenigstens war er jetzt gewarnt.
„Wir sind gleich da", raunte der Gnom nach einer Weile. Er hielt an und deutete auf eine Mauernische am Ende des Ganges. „Dort hält sich der Ghoul mit seinem Schützling versteckt.
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