114 - Sylphidas Rachegeister
des Mannes stand, der in einer bescheidenen Wohnung
in der Lexington- Ave lebte.
Niemand vermutete in dem weißhaarigen
Blinden, der aussah wie ein gütiger Vater, zu dem man sofort Zutrauen gewann,
den geheimnisvollen Chef der legendären PSA.
David Gallun, ein nach einem schweren, auf
verbrecherische Weise herbeigeführten Unfall Erblindeter, war der Kopf der PSA.
X-RAY-1 nahm die Nachricht noch im Bett
entgegen.
Ihn erreichte auch eine andere Meldung, die
im Zusammenhang mit den rätselhaften und ungewöhnlichen Ereignissen in und um
Drogheda stehen konnte.
Mit dem gewöhnlichen Polizeibericht, der
routinemäßig von den beiden großen Hauptcomputern archiviert und ausgewertet
wurde, war eine Nachricht eingetroffen, die sich durch Morna Ulbrandsons
Anwesenheit in Drogheda umgehend überprüfen ließ.
»Es geht um einen Mann namens Henry
Flannagan. Er war kerngesund und starb dennoch unter bisher ungeklärten
Umständen plötzlich in der vergangenen Nacht. Herztod und Vergiftung sind ausgeschlossen.
Sehen Sie sich den Toten mal an, X-GIRL-C ... Er liegt im Leichenschauhaus von
Navan .«
●
Navan war der direkt an Drogheda anschließende
Ort.
Morna benötigte nur wenige Minuten, um
dorthin zu gelangen.
Sie ersparte sich sogar den Weg zum Polizeirevier,
das für den Fall zuständig war.
Ein kurzer Anruf von X-RAY-1 mit einer
übergeordneten Dienststelle, die wiederum das Revier in Kenntnis setzte,
beseitigte alle Barrieren.
Bei ihrer Ankunft hielt sich im Büro des
Leichenschauhauses bereits ein Inspektor auf. Fast gleichzeitig mit Morna traf
der Gerichtsmediziner ein, der die Obduktion durchführen sollte. Die Papiere,
aus denen der bisherige Kenntnisstand hervorging, wie ihn der in der Nacht
alarmierte Hausarzt der Flannagans sah, wurden Morna zur Einsichtnahme
überreicht.
Zu viert - der Verwalter des Hauses ging
ihnen voraus - betraten sie die Kühlkammer, in der Henry Flannagan aufgebart
lag.
Morna hatte schon mehr als einmal die Routine
einer solchen »Besichtigung« erlebt.
Und doch sollte heute alles ganz anders sein.
Die Leiche, erst am Morgen hierhergeschafft,
lag noch im Zinnsarg.
Inspektor und Verwalter klappten die Deckel
in die Höhe - und fuhren mit einem Aufschrei zurück!
Morna starrte - wie die anderen - in einen
leeren Sarg, in dem nur noch eine
große Wasserlache stand ...
●
Der Verwalter schnappte nach Luft. Er wollte
nicht glauben, was er sah.
Er hatte keine Erklärung dafür, daß die
Leiche verschwunden war.
Leichenraub - war auf Anhieb auszuschließen.
Die Tür war mit einem Sicherheitsschloß
versperrt gewesen, und es hatte in den vergangenen zwei Stunden keine
Gelegenheit gegeben, die Leiche verschwinden zu lassen.
Morna Ulbrandson mußte sofort an das
Interview denken, das Fred Lansing auf Tonband aufgenommen hatte.
Gold und Juwelen konnten zu Wasser werden -
und die Schönen, Betörenden aus dem Reich der Sylphiden... Aber in dem Sarg
hatten weder Gold noch Juwelen gelegen, noch war ein Wasserwesen damit
transportiert worden.
Eine Leiche, die von mehreren Menschen
gesehen worden war, hatte sich in eine Wasserlache verwandelt!
Morna wurde sofort aktiv.
Sie erbat eine sofortige Untersuchung der im
Zinnsarg stehenden Flüssigkeit und wollte das Ergebnis darüber so schnell wie
möglich mitgeteilt bekommen.
Der Gerichtsmediziner, Dr. Sheldon, gab ihr
seine Telefonnummer.
Die Zeit bis zum Vorliegen des Ergebnisses
ließ die schwedische PSA-Agentin nicht ungenutzt verstreichen.
Sie holte Informationen ein, fuhr ins Haus
der Familie Flannagan und sprach mit der weinenden Witwe, die immer noch nicht
fassen konnte, daß ihr Mann in der Nacht nach dem Auftreten eines seltsamen,
bisher ungeklärten Fiebers verstorben war.
»Ging dem Fieberanfall etwas voraus ?« wollte Morna wissen. »War an diesem Abend etwas
Ungewöhnliches geschehen ?«
»Was sollte ... Ungewöhnliches gewesen sein ?«
»Daß er zum Beispiel später nach Hause kam,
als es sonst seine Art war ... Vielleicht war ein Besucher da, oder er selbst
hat irgendwo Besuch gemacht ... Vielleicht hat er jemand getroffen«, half Morna
der Erinnerung nach.
Die blasse Frau, deren Gesichtsfarbe durch
die schwarze Trauerkleidung noch verstärkt wurde, schüttelte verwundert den
Kopf. »Nein, nichts von Allem ... Wir haben den Abend gemeinsam vor dem
Fernsehschirm verbracht. Gegen zweiundzwanzig Uhr dreißig gingen wir ins Bett.
Henry hatte einen anstrengenden Tag vor sich, er Wollte schon um
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