1141 - Die Königin von Avalon
Trugbild. Dafür existierten die drei Verfolger, denen er entgegenschaute und die nicht weit vom Eingang des Tors entfernt waren.
Die Frau war noch da. Er spürte ihre Nähe - und er hörte plötzlich ihre Stimme.
»Du brauchst dich nicht zu fürchten. Avalon hat dich erwartet. Man wusste, dass du kommen würdest. Das Schicksal hat es vorgeschrieben, und deshalb bist du willkommen.«
Diesmal waren es nicht die vielen Stimmen, die auf ihn einredeten, sondern nur eine, und sie gehörte der schönen Unbekannten, die für Dean so etwas wie eine Hüterin des Tors war.
Er konnte es nicht glauben. Die drei Verfolger lenkten ihn ab. Trotz der Dunkelheit sah er ihre verbissenen Gesichter. Vielleicht sogar die Wut in ihren Augen. Ihre Münder standen offen. Die Gesichter zeigten nichts anderes als blanken Hass.
Auf der anderen Seite spürte er das gute Gefühl, das ihm die andere Seite vermittelte. Es war der warme Strom, der ihm den Eindruck übermittelte, in einer mit warmem Wasser gefüllten Wanne zu liegen.
Etwas drehte ihn herum. Eine nur leichte Berührung, die jedoch ausreichte. Noch in der Drehung erwischte ihn der Schwindel. Wie angeblasen hatte er ihn erfasst, und zu einer weiteren Drehung, die er bewusst erlebte, kam es nicht mehr.
Plötzlich war die Welt nicht mehr da. Sie wurde McMurdock entzogen. Vielleicht entzog sie sich auch ihm, er konnte es nicht sagen. Jedenfalls floh er weg.
Die Welt innerhalb des Tores verkleinerte sich. Sie zog sich sogar radikal zusammen, schrumpfte, explodierte, um einen Moment später ein anderes Tor aufzustoßen, das ihm die neue Welt eröffnete.
Es war die Insel der Äpfel - Avalon…
***
Irgendwann war ich zu müde gewesen, um weiter zu fahren. Deshalb hatte ich mich von Suko ablösen lassen, der geschlafen hatte, als ich am Steuer gesessen hatte. Es war ein tiefer, wunderbarer Schlaf, allerdings auch gefüllt mit Träumen oder Erinnerungen, denn die Bilder, die ich sah, standen in direktem Zusammenhang mit den Vorgängen der letzten Stunden, die uns einen rätselhaften Fall beschert hatten.
In meiner Wohnung war ein Mensch durch das offene Fenster im zehnten Stock gestiegen, der sich Dean McMurdock nannte und so gut wie unsterblich war, denn er lebte bereits mehrere Jahrhunderte.
Er stand unter dem Schutz des Erzengels Michael, und er war erschienen, um das Herz der Jungfrau von Orléans zu finden oder zu holen, das bei ihrer Verbrennung nicht zu Asche geworden war.
Viele hatten das Herz gesucht und es nicht gefunden. Schließlich war es bei einer Hexe gelandet, die es an den Schwarzen Tod hatte weitergeben wollen, aber das hatte Dean McMurdock verhindern können. Er hatte das Herz dann nach Avalon geschafft, wo es noch immer liegen sollte. Nun war es in Gefahr. Auch eine andere Gruppe suchte danach. Es waren die Agenten der Weißen Macht, dem Geheimdienst des Vatikans. Als angebliche Templer getarnt waren sie ausgeströmt. Einer von ihnen hatte sich mit mir treffen sollen, doch McMurdock hatte dies durch einen Mord verhindert. Es hatte lange gedauert, bis ich sein Motiv hatte akzeptieren können, und auch jetzt noch hatte ich damit meine Schwierigkeiten. [1]
Verräterische Templer hatte es immer gegeben. Dass sie jedoch die Weiße Macht unterwandert hatten, war für mich ein Schock gewesen, und so hatte ich mich auf die Seite des Dean McMurdock gestellt, des Menschen, der schon so lange lebte und von seinem Beschützer, der Erzengel Michael, so viel mitbekommen hatte. So war er in der Lage, sich vom Boden zu erheben und zu fliegen. Ohne Flügel, ohne Schwingen, einfach so. Das hatte mich aus den Schuhen gehauen.
Auch daran gewöhnt man sich. Und ebenfalls an die Tatsache, dass selbst ein Mensch wie McMurdock nicht unverletzbar war und mit seinen Ängsten leben musste.
Suko und ich hatten uns auf seine Seite geschlagen, weil wir nicht wollten, dass das Herz der Heiligen Johanna in fremde Hände geriet, und zwar in die der Verräter.
In Avalon lag es. Dort war es vor sehr langer Zeit hingeschafft worden. Die Insel der Äpfel lag in einer Parallelwelt, umhüllt von Nebel, wie manche Zeugen behaupteten, die sie schon gesehen hatten, denn es gab Tage, da tauchte sie aus ihrer verwunschenen Welt auf und war sichtbar. Ansonsten gab es sie so gut wie nicht, doch wir wussten schon, wie wir hingelangen konnten.
Zwei Wege kannten wir. Das war zum einen der Knochensessel, aus dem Skelett des letzten Templer-Führers geformt. Der aber stand in Südfrankreich. Eine Reise
Weitere Kostenlose Bücher