1141 - Die Königin von Avalon
stolz in den Vorgärten der Bewohner abzeichneten und im Lichterschmuck schimmerten.
Glastonbury war eine besondere Stadt. Die Zeugen der Vergangenheit waren überall zusehen. Die Kirchen, die alten Gemäuer, die Häuser, die oft schmalen Gassen, die so gar nicht zu den neu gebauten Straßen passen wollten.
Der Ort hatte zwei Seiten. Doch die alte wurde immer mehr in den Hintergrund gedrängt, was allein an der Gier der Menschen lag, denn Souvenirbuden und Imbissstände hatten die Vorherrschaft übernommen und viel von dem alten Flair verdrängt.
Suko hatte den Wagen neben einem unbebauten Grundstück angehalten. Ich stand auf dem schmalen Gehweg und schaute in die Stadt hinein, die erst allmählich aus dem nächtlichen Schlaf erwachte, als wäre jemand dabei, langsam eine Decke abzuziehen.
Das typische Flair, das mir noch aus früheren Besuchen bekannt war, hatte sie noch behalten. In dieser Gegend war immer Torf gestochen und auch gebrannt worden. Dieser Geruch, vermischt mit einem leichten Dunst, schwebte auch jetzt über Glastonbury. Manchen Leuten war er zuwider. Nicht mir, denn er brachte mir immer die Erinnerung zurück.
Und auch der Nebel war vorhanden. Das heißt, ein besonders dicker Nebel war es nicht, mehr der übliche schwache Dunst, der fast bewegungslos über den Dächern lag und wie in die Luft hineingepinselt wirkte.
Auch Suko stieg aus. Über den Wagen hinweg fragte er mich: »Was suchst du?«
»Das weiß ich selbst nicht. Vielleicht die Spuren der Vergangenheit. Erinnerungen an Vorkommnisse, die mich schon geprägt haben.«
»Und? Hast du sie gefunden?«
»Ich weiß es nicht«, gab ich ehrlich zu. »Ja, ich bin mir nicht sicher. Es ist etwas da, aber es ist nicht mehr so wie damals. Es hat sich schon einiges verändert. Glastonbury ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht, und ich kann nicht behaupten, dass ich es unbedingt gut finde. Wie bei allen Dingen, wenn sie zu bekannt werden.«
»Das ist der Lauf der Dinge. Du kannst sie nicht aufhalten. Aber noch ist es ruhig. Denk nur daran, dass wir an diesem Campingplatz vorbeigefahren sind. Die abgestellten Wagen konntest du an einer Hand abzählen.«
»Warte mal bis nach Weihnachten.«
»Aber dann werden wir nicht mehr hier sein.«
Er lachte. »Du kannst sagen, was du willst, John, doch selbst dieses Flair und auch die alten Erinnerungen schaffen es nicht, meinen Hunger zu überdecken. Oder möchtest du direkt zum Tor?«
»Nein, das hat Zeit. Wir schauen uns erst hier um.«
»Dann steig wieder ein.«
Das tat ich. Suko setzte sich wieder hinter das Lenkrad, aber wir fuhren einen kleinen Umweg, denn beide wollten wir einen Blick auf den alten Glockenturm der St.-Patrick-Kapelle werfen, ein Überbleibsel aus alter Zeit.
Wir hielten an, als wir den Ort erreichten. Hier hatte sich der weiche Nebel bis auf den Boden gesenkt und dort eine graue Schicht gebildet. Im Hintergrund sahen wir die Mauern der mächtigen Kathedrale mit ihren vier spitzen Haupttürmen, die sich in den Himmel reckten. Wir hätten auch noch an der alten Abtei vorbeifahren können, um die sich auch viele Legenden rankten, doch das ließen wir bleiben, denn wir wollten die Zeit nicht vertrödeln. Trotzdem genossen wir noch die Stille, und ich stieg wieder aus.
Ich betrachtete die alte Glocke, die im offenen Turmfenster hing. Sie kam mir vor, als hätte sie aufgehört zu schlagen, obwohl die Zeit noch nicht abgelaufen war. Einfach mittendrin, gestoppt von geheimnisvollen Geisterhänden.
Der Stein war verwittert und an einigen Stellen von einer grünen Moosschicht bedeckt. Der Nebel trieb vorbei, geführt von einem kühlen Wind, und ich war sicher, dass sich der Dunst bald auflöste.
Suko sprach mich durch das offene Autofenster an. »Suchst du was, John?«
»Nein, nur die Erinnerung.«
»Keinen Kontakt?«
»Wäre schön.«
»Ich denke mir, dass McMurdock sich bereits auf die andere Torseite abgesetzt hat. Er wird dort sein, wo wir zunächst noch hinkommen müssen.«
»Kann sein.« Ich blieb ein paar Minuten stehen und drehte mich dann weg. Mit gesenktem Kopf ging ich die wenigen Schritte zurück zum Rover, stieg ein, und erst als ich die Tür geschlossen hatte, fiel mir Sukos steife Haltung auf. Dazu passte auch sein lauernder Blick, mit dem er durch die Frontscheibe schaute.
»Hast du irgendwelche Probleme?«
»Nein, im Prinzip nicht. Aber ich denke, dass man uns schon beobachtet.«
»Bitte?«
»Ja, ich habe ein Gestalt gesehen. Sie schaute kurz und huschte
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