1142 - Piraten-Terror
am Strand ein Feuer an und verbrannte etwas. Ob das ein völlig normaler Vorgang war?
Jedenfalls war meine Neugierde geweckt.
Deshalb entschloss ich mich, mir das Feuer und die Person aus der Nähe anzuschauen…
***
Eine Bö wirbelte Sand aus einer Mulde hoch und schleuderte ihn in das Gesicht der jungen Frau. Es war Laura Watson gleichgültig, sie sah nur ihr Ziel, und das würde sie mit allen Mitteln erreichen. Den ersten Schritt hatte sie getan und sogar ein Hindernis zur Seite geräumt.
Noch immer dachte sie über den Mann nach. Sie wusste nicht, woher er kam. Er musste in einem der nahen Orte leben. Okay, sie war fremd hier, aber sie hatte doch einige Zeit in der Nähe verbracht. Trotzdem war ihr der Mann wissentlich nicht über den Weg gelaufen.
Überhaupt war sie nicht recht ernst genommen worden, wenn sie zusammen mit den Einheimischen in den Pubs gehockt und mit ihnen über einen Piraten namens Colyn Dolphyn diskutiert hatte. Der Name konnte ruhig fallen. Fragte sie allerdings nach, so lagen die Dinge plötzlich anders. Da zeigten sich die Menschen sehr verschlossen und wollten ihr keine Antworten mehr geben.
Die Antwort hatte sich Laura selbst geholt. Das Bild hatte beschützt werden sollen. Bestimmt nicht, weil es so wertvoll war, nein, das hatte ganz andere Gründe, die noch im Verborgenen lagen. Aber sie wollte sie ans Tageslicht zerren. Es ging hier nicht einfach nur um eine Piratengeschichte, wie sie an vielen Orten erzählt wurde. Hier stimmte alles. Hier kamen von verschiedenen Seiten Dinge zusammen, die auf einen einzigen Zeitpunkt hinausliefen.
Auf eine Nacht. Auf diese Nacht, und wahrscheinlich auf Mitternacht.
Noch hatte Laura genügend Zeit, um alles in die Wege zu leiten. Wenn sie sich genau an die Regeln hielt, dann konnte einfach nichts schief gehen.
So optimistisch wie vor der Begegnung mit dem Mann war sie nicht.
Es stand nicht fest, ob er aus eigenem Antrieb gehandelt hatte oder noch mehr Personen im Hintergrund lauerten. Die alte Legende musste Laura als Basis nehmen. Und darin war auch von einer gewissen Matilda die Rede gewesen, die in einer Nacht des Jahres unterwegs war, um nach der armen Seele des Piraten zu suchen.
Auch die Menschen an der Küste kannten die Geschichte. Hin und wieder erschreckten sie damit Touristen. Aber wer sie jetzt hörte - in der Zeit zwischen den Jahren -, der begriff, dass es den Leuten aus den Orten ernster war. Ein Jahrhundert ging. Damit näherte sich auch der Tag der Rückkehr dieses Piraten. Jetzt erzählte niemand gern die Geschichte. Auch als Laura danach gefragt hatte, war ihr ein mehr oder weniger eisiges Schweigen begegnet.
Aber sie hatte das Bild. Sie hatte es gefunden. Nach diesen verdammten Mühen und Plagen. Damit konnte sie etwas anfangen und das Grauen endgültig von der Küste fernhalten.
Es war ein schwerer Weg gewesen, der hinter ihr lag. Von der Hütte hinein in die Dünenlandschaft. Bergauf und bergab, um dann den Ort zu erreichen, an dem sie bereits alles vorbereitet hatte.
Immer wenn die Dämmerung den Tag gefressen hatte, war sie unterwegs gewesen, um Holz zu sammeln. Nicht zu feuchtes Holz, sondern einigermaßen trockenes und gut brennendes. Die entsprechende Mulde hatte sie gefunden und auf ihrem Boden einen kleinen Scheiterhaufen errichtet. Dort sollte das verdammte Bild dann in Feuer und Rauch aufgehen, damit nichts mehr von Colyn Dolphyn zurückblieb.
Aber war es wirklich so einfach? Konnte das Feuer den Fluch bannen?
Oder war es so, wie manche behaupteten, dass die Macht des höllischen Piraten viel stärker war?
Laura wusste es nicht. Jedenfalls war sie froh, die kleine Mulde erreicht zu haben, und sie fand auch das von ihr gesammelte Holz noch so vor, wie sie es abgelegt hatte.
Sie hatte es in einem Kreis zusammengelegt, der sich zu seinem Mittelpunkt erhöhte. Es waren keine langen, starken Äste, sondern mehr kleine Zweige mit trockenen Fingern und einigen verkrustet aussehenden Laubblättern.
Sie stellte das Bild ab und lehnte es mit der Rückseite gegen das Holz.
In der zwar recht flachen Mulde war sie relativ windgeschützt, doch das Feuer würde weithin zu sehen sein. Das wusste sie aus eigener Erfahrung. Selbst in Kenn würde man es sehen können, und sie hoffte nicht, dass Neugierige kamen, um nachzuschauen.
Es war dunkel in der Mulde, und auch das Motiv war nicht eben in hellen Farben gezeichnet. Trotzdem hatte die einsame Frau das Gefühl, von dem Einäugigen angestarrt zu werden. Sie sah sein
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