Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1148 - Der Butler

1148 - Der Butler

Titel: 1148 - Der Butler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
der wie eine bucklige Schattengestalt über den Friedhof torkelte.
    Der Butler blieb immer dicht hinter ihm. Er war der große Aufpasser. Nichts entging ihm. Der Friedhof schien für ihn zu einer Heimat geworden zu sein. Er bewegte sich so sicher wie ein Tänzer auf dem Parkett.
    Wieder wurde Chris gezwungen, vor dem Grabstein stehen zu bleiben. Diesmal brannte seine rechte Gesichtshälfte. Sie war auch angeschwollen. Das nahm Chris wie nebenbei war.
    Er strich durch sein Haar. Es war schmutzig. Es klebte fest am Kopf. Sein Gesicht sah eingefallen aus. Zu viel Alkohol, hin und wieder auch eine Droge. Das Leben war für ihn kein Zuckerschlecken gewesen, und er hatte fast alles mitgemacht. Als sein Großvater gestorben war, hatte er, Chris, noch anders ausgesehen, und er stellte sich die Frage, ob Harold Ogden ihn überhaupt erkennen würde.
    Aber dazu musste er da Grab verlassen!
    Chris wollte schreien, als ihm dieser Gedanke kam. Wie konnte jemand das Grab verlassen, der tot war? Man hatte es ihm erklärt und…
    Seine Gedanken wurden von der Flüsterstimme des Butlers unterbrochen. »Du stehst jetzt am Grab deines Großvaters. Benimm dich so, wie es sich gehört. Begrüße ihn!«
    Ich muss da durch!, hämmerte sich Chris ein. Ich muss da einfach durch. Es gibt keine andere Möglichkeit mehr für mich. Er wusste trotz allem, dass er nicht sprechen konnte. Er glaubte, einen Kloß in der Kehle zu haben. Er hustete und räusperte sich.
    »Er wartet, Chris.«
    »Ja, ja…«
    »Ich höre nichts.«
    Chris zog die Nase hoch. Ihm war plötzlich so kalt geworden. Als hätten ihn Totenhände umfasst.
    »Großvater…«
    Er hatte das Wort ausgesprochen und wunderte sich über sich selbst, weil es ihm gelungen war.
    Aber der Butler war damit nicht zufrieden. »Lauter!«, befahl er.
    »Großvater - ich bin da. Ja, ich bin endlich zu deinem Grab gekommen. Es tut mir leid. Ich hätte schon früher kommen sollen, aber es hat sich nicht ergeben. Ich bin nach deinem Tod von zu Hause weg. Ich musste es tun. Ich fühlte mich nicht mehr wohl. Alles ist dort so kalt geworden. Du kennst ja selbst deinen Sohn und seine Frau. Du weißt, wie wenig Zeit sie immer gehabt haben. Das hat sich auch später nicht geändert. Nicht nach deinem Tod. Deshalb musste ich einfach weg, um meinen eigenen Weg zu gehen. Ich hoffe, dass du es verstehst…«
    Mehr schaffte er nicht. Chris' Mund war trocken geworden; er hätte viel um ein Glas Wasser gegeben. Er schrak zusammen, als ihn der Butler wieder berührte. Chris verkrampfte sich. Er rechnete damit, dass ihn der Diener wieder schlagen würde, doch Edward war mit seinen ersten Worten sehr zufrieden gewesen.
    »Das hast du gut gemacht, Chris, sehr gut sogar. Ich gratuliere dir. Es war einmalig. Du kannst es doch, und ich bin sicher, dass dein Großvater es nicht anders sieht. Bravo, großes Lob. So kann es weitergehen.«
    Chris glaubte, sich verhört zu haben. »Wieso kann es weitergehen?«, flüsterte er. »Ich habe doch alles getan, was du dir gewünscht hast. Ich habe mich entschuldigt und…«
    »Es war erst der Beginn, Chris. Es geht weiter. Dein Großvater weiß jetzt, dass du hier bist.«
    »Ja und…«
    »Er wird dich begrüßen wollen.«
    Chris sagte lieber nichts. Er malte sich diese Begrüßung auch nicht aus. Er blickte nur starr über das Grab hinweg auf den Stein, der dieses Dach trug.
    Dafür sprach Edward. Er senkte dabei den Kopf, um auf das Grab zu schauen. »Sir, ich hoffe, dass Sie mit mir zufrieden sind. Ich habe getan, was Sie von mir verlangt haben. Ich habe Ihnen Ihren Lieblingsenkel an das Grab gebracht, und nun wünsche ich, dass es fast wieder so wird wie früher…«
    Edward hatte gegen die Grabfläche gesprochen und keine Antwort erhalten. Zumindest war nichts zu hören gewesen. Trotzdem hatte sich sein Mund zu einem Lächeln verzogen. Er wirkte sehr zufrieden, und er nickte dem Grab sogar zu.
    Chris hatte ihn beobachtet. Er sagte zunächst nichts. Er schüttelte auch nicht den Kopf und staunte.
    Dann schaute ihn der Butler direkt an.
    »Du kannst dich freuen«, meldete er. »Dein Großvater ist mit dir und mit mir zufrieden.«
    »Woher… woher… wissen Sie das?«
    »Ich habe ihn gehört.«
    »Einen Toten?«
    »Ja, warum nicht? Weißt du nicht, dass es Brücken zwischen den Lebenden und den Toten gibt?«
    »Nein, das ist mir nicht bekannt. Das kann ich auch nicht nachvollziehen, wenn ich ehrlich bin.«
    »Es gibt sie aber!«, erklärte Edward, »und ich spüre, dass die

Weitere Kostenlose Bücher