115 - Die Herrin des Sumpfes
ab und zu ein bißchen mehr Goldstaub gefunden hatte.
An diesen Tagen hatte er immer besonders laut gejammert. »Nichts zu finden. Da rackert man sich den ganzen Tag ab, steht wie ein Flußpferd zwölf Stunden im Schlamm und findet gerade so viel, daß man nicht völlig verzweifelt und aufgibt.«
Nach diesem Gejammer bekam Joao seinen Anteil, und den Überschuß säckelte Nico Vega heimlich ein. Joao hätte nie gedacht, daß Nico so etwas wagen würde. Das Versteck hatten sie nie entdeckt. Es befand sich unter dem Flüssiggasherd.
Einmal hätte ihn Joao beinahe erwischt. Nico hatte den Herd gerade zur Seite geschoben, als Joao unverhofft die Hütte betrat. Nico war vor Schreck beinahe das Herz stehengeblieben. Es war nicht auszudenken, was Joao mit ihm angestellt hätte, wenn er ihm auf das falsche Spiel draufgekommen wäre.
»Was tust du da?« hatte ihn Joao scharf gefragt. »Wieso bist du nicht in der Grube bei den anderen?«
»Saboa hat sich beklagt, weil der Herd wackelt. Ich wollte das in Ordnung bringen.«
»Aber mach schnell, und dann geh wieder an deine Arbeit.«
Nico hatte damals das Gefühl gehabt, sich in Schweiß aufzulösen. Jetzt kroch er zum Gasherd und schob ihn wieder beiseite. Seine Hand tastete in das Loch, das sich darunter befand, und ein zufriedenes Grinsen erschien auf Nicos Gesicht, als er die Finger um den weichen Lederbeutel schloß.
»Ich war nicht ganz so blöd, wie du angenommen hast«, sagte er und wog den Beutel in seiner Hand.
Das war zwar nicht der erträumte Reichtum, aber wenigstens etwas.
Besser als nichts, dachte er. Das Gold und mein Leben… Ich bin genau genommen reicher als die Garimpeiros, die hierbleiben.
***
Wir fuhren durch das morgendliche Manâus, in dem bereits hektische Betriebsamkeit herrschte. Es war noch nicht so schwül, und das ganze Leben hatte sich auf die Straße verlagert. An diesem Morgen schien die Stadt doppelt so viele Einwohner zu haben, und alle schienen sich auf der Straße zu befinden.
Der Taxifahrer fühlte sich bemüßigt, uns ein wenig über seine Heimatstadt zu erzählen. Wahrscheinlich rechnete er damit, daß ihm das ein fetteres Trinkgeld einbringen würde. Wir erfuhren, daß Manáus noch 1870 nicht mehr als 4000 Einwohner hatte. Wenige Jahre später setzte jedoch im Amazonasgebiet, der Gummiboom ein, und die Einwohnerzahl stieg in kurzer Zeit auf über 50 000 an. Jetzt waren es 120 000.
Der Mann bekam das erhoffte Trinkgeld.
Als wir um die Hangarecke bogen, arbeitete unser Pilot noch an seiner Maschine.
»Was habe ich gesagt«, bemerkte Mr. Silver. »Er wird die Reparaturarbeiten noch nicht einmal abgeschlossen haben, wenn wir uns bereits in der Luft befinden.«
Jamanez’ Gesicht war ölverschmiert.. Er sagte, so früh hätte er mit uns nicht gerechnet.
»Wann sind Sie startklar?« wollte ich wissen.
»In ein paar Minuten. Ich drehe nur noch eine Proberunde.«
»Ohne Propeller?« fragte Mr. Silver.
»Der ist gleich aufgesetzt. Es dauert wirklich nur noch ein paar Minuten. Gehen Sie inzwischen in die Kantine. Dort bekommen Sie den besten Kaffee von Brasilien.«
»Ich wette, der Kaffee schmeckt scheußlich«, sagte Mr. Silver auf dem Weg zur Kantine.
Er hatte recht.
Und Jamanez war nicht in ein paar Minuten fertig, sondern er brauchte eine volle Stunde.
Dann aber saßen wir in der Robin Kavalier Regent, und Pablo Jamanez bat um Starterlaubnis.
Ich gebe zu, ich hatte nicht allzuviel Vertrauen - weder zu Jamanez noch zu seinem Flugzeug. Vielleicht hätten wir uns weiter umsehen sollen, dachte ich, aber dafür war’s ja nun zu spät. Wir saßen in dieser klapperigen Kiste, die innen noch weniger vertrauenerweckend aussah als außen. Jamanez hatte seine Starterlaubnis bekommen, und er gab Gas.
Sehr viel tut sich da aber nicht, dachte ich, während wir die Piste entlangrollten. Ich fragte mich, wie Jamanez den Vogel bei diesem lahmen Tempo hochbringen wollte.
Und das war nicht einmal sein Problem allein, denn wir saßen ja auch in der Maschine. Vielleicht kam sie deshalb nicht in Schwung - weil sie überladen war. Normalerweise kann die Robin Kavalier Regent außer dem Piloten drei Passagiere transportieren.
Normalerweise!
Aber an diesem Flugzeug war ja nichts mehr normal.
Das Ende der Piste kam immer näher -zwar nicht sehr schnell, aber doch zu schnell, wenn wir nicht bald aufstiegen.
Ich warf dem Piloten einen beunruhigenden Blick zu.
»Mein Baby ist zur Zeit ein bißchen schwach auf der Brust«, gestand er
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