1155 - Der Erwecker
Er meint es gut mit der Menschheit, davon bin ich überzeugt."
Ihre Worte machten Eindruck und verfehlten ihre Wirkung nicht. Deighton schwieg, und Waringer rechnete durch, ob es noch Möglichkeiten gegen den Grauen Korridor gab, die sie nicht erprobt hatten. Er blieb sich die Antwort schuldig.
„Die Zukunft", sinnierte der Sicherheitschef laut. „Er kann Tote erwecken und so Vishnas Plan vereiteln. Aus dem Gefängnis heraushelfen kann er uns aber nicht, und Vishna wird andere Möglichkeiten finden, die Menschheit verschwinden zu lassen. Wir kommen auch mit Le So Tes Hilfe nicht viel weiter!"
Dieser Gedanke machte ihm den Mönch direkt sympathisch. Ein allmächtiger Le So Te hätte sein Mißtrauen noch weitaus stärker geweckt als so.
Bully stand auf und ging zur Tür.
„Ich werde den Mönch holen", erklärte er. „Er soll an unserer Beratung teilnehmen."
Er warf einen faszinierten, begeisterten Blick auf Thora und dachte an alles Mögliche.
*
Nur nicht an eine Bedrohung.
Kourl Mattras wollten die Haare zu Berg stehen. Er warf sich zur Seite, und Mister Young schnellte sich zwischen seine Beine und suchte dort Schutz.
Der Korridor zwischen dem Hangar und dem Antigrav-Bahnhof verwandelte sich binnen Sekunden zu einer Rennbahn für wildgewordene Zwergpferde.
„NATHAN!" schrie der Exophysiker. „Wir werden angegriffen. Die dritte Plage Vishnas gilt dem Mond, nicht der Erde!"
Kourl war auf dem laufenden. Jeder Wissenschaftler und Mitarbeiter in den Mondstationen wußte, was sich auf der Erde tat.
Seltsamerweise meldete NATHAN sich nicht.
Die Pferdchen besaßen alle ein unterschiedliches Aussehen. Sie hatten mal vier, mal sechs oder acht Beine. Manchen wuchsen Tentakel oder klobige Buckel an allen möglichen Stellen des Körpers. Sie rannten kreuz und quer, aber sie kamen ohne Zweifel aus dem Hangar. Dabei unterhielten sie sich in einer zwitschernden Sprache, die Wimmern und Lachen gleichzeitig sein konnte. Kourl warf die Arme empor und fuchtelte wild. Er bildete sich ein, es sei die einzige Möglichkeit, wildgewordene Tiere zu verscheuchen oder wenigstens dazu zu bewegen, daß sie ihm auswichen und ihn nicht einfach über den Haufen rannten und zertrampelten. Sie quollen noch immer in nicht zu übersehender Zahl vom Ende des Korridors heran.
Die ersten erreichten den Exophysiker. Sie riefen ihm etwas zu, aber es kam aus den Stummelmündern zu undeutlich, als daß er es verstanden hätte. Sie wichen ihm aus und zogen an ihm vorbei. Hunderte wäre es, und der Strom hielt über eine Viertelstunde an. In dieser Zeit rannten Tausende von ihnen vorbei.
„NATHAN!" versuchte Kourl es nochmals. „Gib Alarm! Sonst ist es dein Untergang. Wir müssen uns bewaffnen!"
Tatsächlich schrillte jetzt der Alarm auf. Jemand mochte geistesgegenwärtig einen der Anschlüsse betätigt haben.
Es kann der Untergang Lunas sein, redete Kourl sich ein. Es schauderte ihn bei dem Gedanken.
Endlich war die wilde Horde vorbei, und Kourl wandte sich dem Hangar zu. Er wollte sich erst einmal in Sicherheit bringen und die Menschen im Labor warnen, daß sie sich und die Versuchsanlage schützten.
Das Getrampel verklang, nur ein einziger Doppelrhythmus blieb. Kourl sah zurück und gewahrte eines der Pferdchen. Es hatte angehalten und sich gedreht. Es eilte auf ihn zu.
„NATHAN, wo bleiben die Roboter!" schrillte Kourl in höchster Panik. Die Biopositronik reagierte noch immer nicht, und Kourl gab es auf. Er glaubte, daß es bereits zu spät war.
Vishna hatte den Mond und das Computergehirn erobert. Bestimmt waren auch in anderen Bereichen der Anlagen diese Wesen aufgetaucht.
„Ruhig, Kourl", sagte Mister Young in diesem Augenblick. „Es besteht kein Grund zur Aufregung!"
Der Katzencyborg tapste dem Pferdchen entgegen, dessen Gestalt sich zusehends veränderte. Sie zog sich zusammen und bildete die Formen eines Kindes nach, das bei Mister Young stehenblieb und sich über die Katze beugte, um ihr weiches Kunstfell zu streicheln. Daraufhin wandte es sich dem Exophysiker zu.
„Kann ich dir bei deiner Arbeit helfen?" erkundigte es sich. „Ich bin auf allen Gebieten irdischer Wissenschaften ausgebildet!"
Jetzt fiel es Kourl Mattras wie Schuppen von den Augen.
„Ein Matten-Willy!" stöhnte er. „Wo kommt ihr alle her?"
Ein Signalton wies auf eine Durchsage hin. Sie kam auch aus dem Mund Mister Youngs.
„NATHAN an Mondbesatzung. Es besteht kein Grund zur Panik. Die Matten-Willys haben sich aus bisher ungeklärten
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