1155 - Der Erwecker
gewarnt.
Auf dem Mond gab es ein Mausoleum. Es lag an der Stelle, an der Thora von Zoltral als Kommandantin des arkonidischen Forschungsschiffes hatte notlanden müssen. Im Mausoleum befand sich ein Sarkophag mit der einbalsamierten Leiche der Arkonidin und um sie herum der in Stein, Stahl und Kunststoff geformte Ausdruck ihres Wesens.
Sie hätten nur nachzusehen brauchen, ob Thoras Körper noch in seinem Mausoleum lag.
Galbraith Deighton war sich sicher, daß es der Fall war. Le So Te hatte seine Aktivitäten ausschließlich auf die Erde beschränkt. Der Mond war nicht betroffen.
Vielleicht wollte Vishna ihn sich getrennt vornehmen.
Der Sicherheitschef der Kosmischen Hanse hetzte weiter. In der Ferne hörte er das Klirren und Stampfen von Robotern. Ein leises Kichern kam aus seinem Armband, er hörte die Stimme Bullys. Sie hatte jede Wärme verloren und war nicht mehr als eine kalte, maschinenhafte Artikulation.
„Gib es auf, Idiot", sagte sie. „Wir haben dich auf dem Bildschirm. Wir wissen, daß du teilweise immun bist. Du kannst nicht entkommen!"
Deighton blieb stehen. Sollten sie ihn zum Mönch bringen. Er würde tun, was nötig war.
Le So Te war mit Sicherheit kein Mensch. Die Angaben der Computer stimmten nicht.
Vielleicht hatte es einmal einen Mönch gleichen Namens gegeben, aber der war nicht identisch mit diesem Ungeheuer.
„Keine Tricks!" warnte Bullys Stimme. „Es ist sinnlos. Le So Te hat HQH längst verlassen!"
Galbraith Deighton setzte sich wieder in Bewegung. Er mußte heraus aus dem Hauptquartier, egal wie. Wenn der Mönch abwesend war, durfte er sich auf keinen Fall gefangen nehmen lassen.
Voraus öffnete sich eine Tür. Eine Gestalt verstellte ihm den Weg.
„Schnell!" dröhnte Chthon mit Grabesstimme. „Es ist der einzige Transmitter in diesem Gebäudeteil, der nicht deaktiviert ist. Wir müssen fliehen!"
Auch Chthon, der Schatten, schien gegen die geballte Kraft der Psychoquanten wehrlos.
„Wohin?" stieß Deighton hervor.
Chthon ersparte sich die Antwort. Es gab nur einen Weg.
Zum Mond. Zu NATHAN.
Hinter sich ließen sie eine Menschheit im Chaos zurück.
7.
Gruderkon atmete heftig. Seine Augenlider flatterten, und die Augen tränten in dem Rauch und Ruß, den der Wind durch die unterirdischen Schächte der alten Arena trieb.
Auf dem Boden zogen sich rote Spuren dahin, die Zeichen von Verwundeten, die von den Unverletzten in die Quartiere zurückgebracht worden waren. Sie wurden dort versorgt und durften später wieder hinaus, wenn sie zu Kräften gekommen waren.
So wollten es die Spielregeln, deren er sich bewußt war.
Sie waren nicht festgeschrieben oder in den Computern fixiert. Sie existierten in den Gedanken eines jeden einzelnen, und sie waren überall gleich. Jeder der Kämpfer hielt sich an sie.
Gruderkon warf einen Blick auf sein Armband. Die Uhr zeigte kurz nach Mittag, aber es war ein unzeitgemäßer Begriff, den er da benutzte.
Hoch droben leuchtete der Graue Korridor, und er bewirkte, daß es auf der Nachtseite der Erde nie richtig Nacht wurde. Eine laue Dämmerung war es, die sich über die Oberfläche legte, und sie war hell genug, um die Spiele nicht unterbrechen zu müssen.
Tag und Nacht wurde gekämpft.
Noch nie hatte es für die Menschheit etwas anderes gegeben als diesen tödlichen Kampf. Irgendwann unterlag jeder einmal, und dann war es zu Ende.
„Natürlich", rief Gruderkon aus. „Jedes Glück muß einmal ein Ende haben. „Es hält nicht ewig an!"
Der Gedanke an die Ewigkeit beflügelte ihn. Irgendwo hatte er einmal gehört, daß die Ewigkeit allein für die Menschen bestimmt war. Nicht für andere Wesen.
Obwohl, gewundert hätte es ihn nicht, wenn er in der Ewigkeit auch Fremdwesen angetroffen hätte.
In der Ewigkeit dort oben hinter dem Grauen Korridor.
Gruderkon wußte, daß die Fangblase des Korridors durchlässig war. Man konnte sie durchdringen, aber niemand besaß die Zeit dazu.
Wichtige Dinge standen an.
Der Meister ruft dich, sagte er sich, und sein Gewissen schlug heftig.
Hatte er sich verspätet? Das wäre unverzeihlich.
Der Meister rief. Le So Te befahl ihnen, sich zum nächsten Kampf einzufinden.
Eine Faust hieb gegen Gruderkons Schulter und ließ ihn herumwirbeln. Er bohrte seine Augen in die des anderen. Er erkannte das Gesicht nicht, denn ein eiserner Helm verdeckte es, der nur die Augen und den Mund freiließ.
„Komm!" grollte der Mann. „Du wirst deine Waffen inzwischen gewählt haben!"
Gruderkon
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